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Klimapaket der Europäischen Kommission Verkehr fit für Zukunft

Fotolia Foto: Thomas Kleber - Fotolia

Die EU-Kommission präsentiert mit "Fit for 55" ihr Klimapaket für den Verkehr - die Verbände und Organisationen reagieren sofort.

Wirtschaft und Gesellschaft in der EU sollen neu ausgerichtet werden, damit die Klimaziele erreicht werden. Im Rahmen ihres Programms „Fit for 55“ hat die Kommission in Brüssel jetzt vorgeschlagen, dass Lieferwagen und Pkw bis 2035 überhaupt keine CO2-Emissionen mehr ausstoßen dürfen, bis 2030 müssten sie danach pro Jahr durchschnittlich um 55 Prozent reduziert werden.

Ausbau der Tankinfrastruktur

Das Ziel einer emissionsfreien Mobilität geht einher mit dem Ausbau der Tankinfrastruktur. So sollten in den Mitgliedsstaaten bis 2030 entlang der großen Verkehrsachsen alle 60 Kilometer Ladestationen für E-Fahrzeuge installiert werden. Die Tankstellen für Wasserstoff, die alle 150 Kilometer entstehen sollen, müssten auch für Lkw geeignet sein, betont die Behörde.

Für schwere Elektro-Nutzfahrzeuge sollen auf dem TEN-T-Kernnetz bis 2025 alle 60 Kilometer Ladestationen mit mindestens 1.400 kW und bis 2030 mit mindestens 3.500 kW entstehen. Flächendeckend wird eine Station mit mindestens 1.400 kW alle 100 Kilometer bis 2030 angepeilt, bis 2035 sollten es 3.500 kW sein.

Der Verkehr verursacht rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in Europa. „Bis 2050 müssen wir das um 90 Prozent senken“, sagte Verkehrskommissarin Adina Valean. Derzeit dürfen Autos, die in der EU produziert wurden, 95 Gramm Kohlendioxid pro gefahrenem Kilometer ausstoßen, für Transporter liegt der Wert bei 147 g/km. Kaufanreize für Fahrzeuge ohne oder mit geringeren Emissionen sollen im Jahr 2030 auslaufen.

„Nullemissions-Logistik nicht zum Nulltarif“

„Nullemissions-Logistik gibt es nicht zum Nulltarif“, schreibt der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) zu Fit for 55. Durch steigende CO2- und Energiepreise werde der Kostendruck auf die Logistikbranche zwar konstant erhöht, allein dadurch gelingeder Umstieg auf emissionsfreie Antriebsarten nicht.

„Die Unternehmen der Logistikbranche drängen selbst auf rasche Lösungen, können aber nur aktiv zum Klimaschutz beitragen, wenn sie – auch im globalen Kontext – leistungs- und wettbewerbsfähig bleiben“, sagt dazu Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV. „Staatliche CO2-Einnahmen aus dem Güterverkehr müssen deshalb von der europäischen Staatengemeinschaft in Form von Förderprogrammen ohne Abstriche an den Verkehrssektor zur Investition in grüne Fahrzeug-, Technik- und Infrastruktur-Innovationen zurückfließen.“

DSLV fordert europaweit einheitliche CO2-Bepreisung

Daher fordert der Verband eine europaweite wettbewerbsneutrale CO2-Bepreisung, die Mehrfachbelastungen ausschließt. Die Einbeziehung des Verkehrssektors in ein Europäisches Emissionshandels-System (EU-ETS) sei hierfür die richtige Basis, auch um nationale Alleingänge wie das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), das heute vor allem deutsche Unternehmen einseitig belaste, zu beenden.

Laut dem DSLV wird auch die Revision der Energiesteuerrichtlinie (ETD) das Kostengefüge der Logistik deutlich anheben, bis fossile Brennstoffe wie Diesel und Kerosin von CO2-neutralen Energieträgern abgelöst werden können. Davon sei auch der See- und Luftverkehr betroffen – die EU müsse daher dafür sorgen, dass europäische Unternehmen im globalen Wettbewerb gegenüber Marktbegleitern aus Drittstaaten nicht zurückgeworfen werden.

Wichtige Impulse verspricht sich der Verband von der vorgesehenen Revision der EU-Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID) liefern. Wichtig sei, dass „die gesetzten AFID-Zielwerte in den Mitgliedstaaten vor allem entlang der TEN-T-Korridore konsequent umgesetzt, regelmäßig unter Einbeziehung der Nutzer evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden“.

„Faktisches Verbrennerverbot”

Der Verband der Automobilindustreie(VDA) kritisiert das Klimapaket als "faktisches Verbrennerverbot", das weder innovationsfreundlich noch technologieoffen sei. Die Automobilindustrie unterstütze das Ziel der EU-Kommission, Europa als ersten Kontinent der Welt bis spätestens 2050 klimaneutral zu machen. Das "Fit for 55"-Paket schlage aber an wichtigen Stellen den falschen Weg ein. Es belibe unberücksichtigt, dass wichtige Voraussetzungen für die erfolgreiche Transformation mit den vorgeschlagenen Instrumenten nicht geschaffen werden.

"Mit dem für 2035 vorgesehenen Flottengrenzwert von 0 Gramm schlägt die EU-Kommission faktisch ein Verbot von Verbrennungsmotoren vor – das gilt auch für Hybride und für leichte Nutzfahrzeuge. Die dadurch geforderte Beschleunigung der Transformation ist vor allem für viele Zulieferer kaum zu schaffen. Die Auswirkungen für die Arbeitsplätze in diesem Bereich werden erheblich sein. Es fehlt an einer Abwägung, die alle Aspekte der ökonomischen und sozialen Auswirkungen einbezieht", sagt sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Förderprogramme für Ladeinfrastruktur

Positiv ist für den VDA in dem Paket enthaltene verbindlichen Regulierung für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Neben Aufbauverpflichtungen seien aber auch europaweit Förderprogramme und die Beseitigung regulatorischer Hemmnisse in vielen Mitgliedstaaten gefragt. Notwendig sei zudem 100 Prozent Ökostrom für alle Elektrofahrzeuge - für das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher - sowie ein schnellerer Ausbau derTankinfrastruktur für Wasserstoff.

Deutsche Umwelthilfe fordert mehr Tempo

Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) meldet sich zu Wort und kritisiert, dass das „Fit for 55“-Paket nicht ausreiche, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten. Die Anpassung der EU-Ziele für Erneuerbare Energien, Energieeffizienz „und die Nachschärfung von Instrumenten wie dem Emissionshandel waren dringend nötig, greifen aber zu kurz.“

„Mit der Revision der CO2-Flottengrenzwerte gibt die EU die Marschrichtung im Verkehr vor. Das ist gut, passiert aber viel zu langsam. CO2-Grenzwerte für Autos sollen sich vor 2030 überhaupt nicht ändern, so dass die Autokonzerne eine weitere Generation Klimakiller und Stadtpanzer auf unsere Straßen spülen können. Auch das Aus für neue Verbrenner kommt mit 2035 zu spät“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Abschied vom Verbrennungsmotor bis spätestens 2030

Stattdessen fordert er ab sofort eine CO2-Obergrenze für alle neuen Autos von 120 g/km auf der Straße und einen EU-weiten Abschied vom Verbrennungsmotor bis spätestens 2030. „Eine Katastrophe wäre auch der Aufbau einer gigantischen Infrastruktur für Wasserstofftankstellen, wie sie auf Wunsch der Autoindustrie kommen soll. Wasserstoff in Fahrzeugen ist um ein Vielfaches ineffizienter als direkte Stromnutzung.“

Die DUH begrüßt, dass das Ziel für Ökosysteme angehoben werden soll. Allerdings müssen alle Sektoren – auch die Landwirtschaft – zum Klimaschutz beitragen. Ein Ziel für ökologischere Tierhaltung ist im Vorschlag der EU-Kommission jedoch nicht erkennbar. Auch Verbrennungsanlagen für haushaltsähnliche Abfälle weiterhin aus dem EU-Emissionshandel auszunehmen, bewertet die DUH als verpasste Chance für den Klimaschutz. Diese Anlagen verursachen jährlich 95 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.

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