Interview mit Goerdt Gatermann Zukunft der Omniplus Fahrtrainings für Busse

Foto: Thorsten Wagner

Goerdt Gatermann über die Highlights des OmniPlus BKrFQV-Angebotes, die neuen Herausforderungen der Technik und die digitalen Mehrwerte, die sein Bereich in Zukunft schaffen wird.

Was sind die Höhepunkte der letzten Jahre im Omniplus Fahrtraining, Herr Gatermann? 

Gatermann: Unser Highlight ist sicher immer wieder das Training auf dem Hockenheimring und in Leipheim, dort bieten wir Trainings mit unseren Bussen oder denen der Kunden in ganz spezieller Atmosphäre an. Wir fangen meistens mit den Handlingsübungen ganz locker an, weil diese sich ja mit kleinen Schäden beschäftigen, die dem Unternehmer die meisten Kopfschmerzen bereiten. Aber auch schnelle Spurwechsel bei Autobahngeschwindigkeit lassen sich gerade auf dem ehemaligen Flugplatz in Leipheim sehr gut abbilden. Das ist sowas wie unser Megaseller, der sehr beliebt ist mit über die Jahre gleichbleibenden oder sogar leicht steigenden Teilnehmerzahlen.

Wie sieht es denn beim Thema Ecotraining aus, dessen Bedeutung ja immer mehr steigt?

Gatermann: Auch das wird bei uns sehr gerne angefragt, weil wir dieses Training vor Ort beim Kunden mit seinen Fahrzeugen auf seinen Linien machen. Es macht keinen Sinn, mit fremden Fahrzeugen woanders Dinge zu praktizieren, die man dann zu Hause nicht so reproduzieren kann. Der Fahrer muss einfach realisieren, dass er auf seinen Linien und mit seinem Fahrzeug tatsächlich deutlich sparen kann. Denn wenn die Ampel in 100 Metern rot ist, dann ist sie das wenn ich mit Gas darauf zu steuere genauso wie wenn ich frühzeitig Gas wegnehme, denn gerade diese Rollphasen sind es ja, die enorm zum Sparen beitragen. Und vorausschauendes Fahren bringt oft zusätzlich zur Kraftstoffersparnis noch eine Zeitersparnis, auch das verdeutlichen wir ganz konkret in unseren Eco-Trainings. Am Vormittag gibt es die neutrale Messfahrt ohne Hinweise der Trainer, dann die Theorie und am Nachmittag dann die zweite Messfahrt mit dem neuen Wissen sowie mit Hinweisen der Trainer. Meistens erreichen wir rund fünf Prozent Ersparnis ohne signifikant langsamer zu werden, oft sind die Teilnehmer wie gesagt sogar noch schneller. 

Warum bieten Sie jetzt ein neues Modul an zum Umgang mit Mobilitätseingeschränkten Personen an?

Gatermann: Ja das bieten wir als gesetzlich geforderte Weiterbildung an, und zwar mit Stoff für einen halben Tag, die andere Hälfte nutzen wir für eine Auffrischung zum Thema Erste Hilfe – das passt sehr gut zusammen. Es gibt ja einige Fahrer, deren letzter Erste Hilfe-Kurs beim Führerscheinerwerb erfolgte. Andererseits haben die allermeisten erfahrenen Fahrer im Laufe ihres Berufslebens schon mal einen Notfall wie einen Herzinfarkt oder ähnlichen an Bord erlebt. Daher stößt das Angebot auf eine gute Resonanz, auch weil beide Themen immer zusammengedacht und unterrichtet werden. Sicher werden nicht alle Punkte wiederholt, aber die Knackpunkte, die sich ja auch im Laufe der Jahre durchaus ändern in der allgemeinen Lehrauffassung.

Welche Bedeutung hat das Deeskalationstraining in Zeiten sinkender mitmenschlicher Toleranz?

Gatermann: Das Thema wird in der Tat immer wichtiger, gerade haben wir ein Unternehmen mit über 100 Fahrern geschult. Dabei heißt Deeskalation ja dezidiert nicht, wie sich der Fahrer wehren kann, sondern um die Entschärfung von kritischen Situationen von Anfang an. Es geht vor allem um besonnenes Handeln und das Bewusstmachen der eigenen Reaktionen und deren direkte Folgen bei aggressiven Fahrgästen. Dazu gehören auch konkrete Rollenspiele, die sich wirklich positiv auswirken. Wir bekommen durchaus Feedback, dass die Fahrer mit dem Erlernten heikle Situationen in den Griff bekommen können. 

Neu wird ja auch das Expert Handling Training für den Elektrobus sein. Wie gehen Sie mit dieser doch sehr neuen Herausforderung um?

Gatermann: Dieses fahrzeugbezogene Training sehen wir als sehr wichtig an, gerade weil es bei einer neuen Technologie doch noch große Berührungsängste gibt bei vielen Fahrern. Auch dieses Training erfolgt beim Kunden an seinem eigenen Fahrzeug, und nicht nur an dem gleichen Typ. Ein wenig Theorie ist auch dabei, aber wir gehen dann schnell ans Fahrzeug ran und lernen es detailliert kennen und dann auch auf die Straße in den echten Verkehr. Denn gerade der Elektrobus funktioniert ja nur eingebunden in ein System mit Ladeinfrastruktur etc., das ist ja anders als beim guten alten Diesel. Es gibt auch gewisse Synergien mit unserem Mobility Solutions-Team, mit denen zusammen gerade eine "Driver App" für den Fahrer entwickelt wird, die im Rahmen von Omniplus On zeitnah zu haben sein wird. Ein Elektrobus ist ja kein Wunderwerk, trotzdem brauchen viele Fahrer einfach eine gewisse Heranführung, um völlig die Hemmschwelle zu senken, sich auf das Neue einzustellen.

Neue Technik spielt ja auch bei den Sicherheitssystemen eine immer größere Rolle. Auch bei den Trainings?

Gatermann: Diese Systeme sind natürlich massiv in den Vordergrund gerückt, gerade weil sie sehr oft auch mit dem Fahrer kommunizieren. Der Fahrer, der mit diesen Meldungen nichts anzufangen weiß, der wird die vielen, hilfreichen Assistenten schnell abschalten. Wenn er sie aber kennt, dann entspannt er sich, und lässt sich gerne bei der Arbeit von der Technik unterstützen. Das ist ja gerade der Sinn der Berufskraftfahrerqualifikation, das eigene Fahrzeug besser kennenzulernen und optimal damit umgehen zu können. Es war gesetzlich vorgegeben, dass die Systeme abschaltbar sein müssen – eigentlich eine Forderung aus der Steinzeit. Wir werden aber bald dahin gehen, dass wir nach dem bewussten Abschalten nach einer gewissen Zeit das System wieder automatisch reaktivieren. Wir haben hier auch einen sehr engen Draht zu den Entwicklern und geben unser Feedback zu diesem Thema aus Sicht der Fahrsicherheit. So wie fast jeder wie selbstverständlich ein Smartphone besitzt, aber bei weitem nicht alle Funktionen kennt, so kennen auch viele Fahrer nicht das Potenzial seines Fahrzeugs. Und das wollen wir einfach ändern, mit dem Ziel des sicheren, entspannten und sparsamen Fahrens.

Busfahren ist ja schon heute eine der sichersten Fortbewegungsarten. Wie kann man aus Ihrer Sicht noch mehr tun, um das letzte bisschen Sicherheit herauszuholen?

Gatermann: Da geht es für mich um zwei Stellgrößen. Zum ersten um das Fahrzeug und seine Technik, die ja immer besser wird und auch deutlich in Richtung autonomes Fahren geht. Auch wenn noch einige Zeit ins Land gehen wird, bis der Fahrer das Lenkrad für längere Zeitperioden komplett aus der Hand geben wird. Das zweite Stellglied ist aber dann der Fahrer. Mit der Einführung der Berufskraftfahrerqualifikation 2006 haben wir ja das massive Problem, dass die Ausbildung sehr teuer geworden ist, und sich wenige Fahrer dies noch leisten wollen oder können. Andererseits hat der Gesetzgeber aus unserer Sicht den Fokus genau  richtig gelegt, denn die Weiterbildung spielt gerade für einen Beruf, den man womöglich ein Leben lang ausführt, eine enorm große Rolle. 

Wird der Fahrer nicht zunehmend entmündigt? Wie vermitteln Sie, dass er trotz aller Technik noch der wichtigste Mensch an Bord ist für die Sicherheit?

Gatermann: Ich glaube nicht, dass es zu einer solchen Entmündigung des Fahrers kommt. Auch aus Studien aus der Daimler Forschung geht hervor, dass vielmehr die Ressourcen des Fahrers geschont werden, und der auch nach ein paar Stunden Fahrt immer noch topfit ist. Er kann also immer noch besser reagieren, als wenn er schon stundenlang auf die Straße fixiert wäre. Das Fahrzeug nimmt dem Fahrer doch schon sehr viel Arbeit ab. Der Fokus des Fahrers auf die Fahrgäste ist doch durchaus gewünscht, und der lässt sich so doch verstärken. Wir wollen doch alle einen ständig besseren, individuellen Service. Spätestens beim autonomen Fahren mit Level 5, dürfte sich dieser Fokus dann massiv verschieben.

Wo geht es denn perspektivisch für das Fahrertraining hin?

Gatermann: Abgesehen von demnächst für uns akut werdender, neuer Baulichkeiten hier im Werk Mannheim freue ich mich besonders darüber, dass unser Team auch vermehrt in die Erstellung und Überprüfung digitaler Betriebsanleitungen und Apps für Omniplus On eingebunden wird. Wir haben in Kortrijk 2017 schon eine Beta-Version der Web-App vorgestellt, und werden diese in vielen Sprachen bald für alle Fahrzeuge ausrollen. Zwei Mitarbeiter bei uns kümmern sich mit der Daimler IT sowie einem Webdienstleister um das Thema, der auch schon für den Pkw-Bereich Ähnliches entwickelt hat. Das ist ein großes Thema im vergangenen Jahr gewesen und es wird auch noch wichtiger werden für uns.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
Lao 07 2018 Titel
lastauto omnibus 07 / 2018
9. Juni 2018
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