Internationalisierung ZF erobert die Welt

Foto: ZF Friedrichshafen 8 Bilder

Globalität gilt bei ZF als Schlüssel des Erfolgs. 100 Jahre ZF bedeuten auch mehr als fünf Jahrzehnte Internationalisierung.

Volle zwei Wochen soll die Seereise dauern, zu der neun Friedrichshafener ZF-Mitarbeiter am Montag, dem 13. April 1959, frühmorgens aufbrechen. Ihr Ziel lautet Brasilien und ihre Mission ist eine hochmoderne: Als Vorhut des Zulieferers ZF wollen sie zusammen mit dem OEM vor Ort ein Werk aufbauen. Beim Motiv hilft der (brasilianische) Gesetzgeber seinerzeit noch ein bisschen nach: Ab Juli 1960, so hat es die brasilianische Regierung verfügt, müssen für den nationalen Markt gefertigte Fahrzeuge zu 90 Prozent ihres Gewichts aus inländischer Produktion stammen.

Gesagt, getan: Dem Kunden Mercedes-Benz folgend, gründet ZF noch 1959 in São Caetano do Sul, südwestlich von São Paulo, die ZF Fabrica de Engrenagens S.A. (heute ZF do Brasil) und fertigt dort Getriebe für Pkw, Nutzfahrzeuge und Schlepper. Konzipiert ist diese Dependance aber von Anfang an als neutraler Zulieferer, offen für alle Fahrzeughersteller. Seine ersten noch 1959 in Brasilien produzierten Getriebe liefert ZF zum Beispiel für die dortige Pkw-Ikone DKW Vemag aus.

ZF folgt den Kunden auf die Auslandsmärkte

Diese Strategie, den Kunden auf die Auslandsmärkte zu folgen und die Neutralität zu wahren, hat sich bis heute bewährt. Denn wie schnell sich ein Blatt wenden kann, zeigt sich in den späten 70er-Jahren: Daimler kündigt an, bei ZF mit den Getrieben auszusteigen. ZF lässt sich davon jedoch nicht beirren. Unter der Devise „jetzt erst recht“ treibt der Zulieferer seine Internationalisierung stärker voran – insbesondere bei Nutzfahrzeuggetrieben.

Das schließt auch das Engineering mit ein: Immer öfter bearbeiten Ingenieure heute wich­tige Pakete direkt vor Ort. Nutzfahrzeug­getriebe beispielsweise müssen unter anderem auf die tatsächlichen Motormomente abgestimmt werden. Aktuell hat ZF für derartige Aufgaben ­sieben Hauptentwicklungsstandorte – fünf in Europa und jeweils einen in Detroit, USA, und in Shanghai, China. Hinzu kommen zahlreiche kleinere Applikationsstandorte.

Doch zurück in die 60er-Jahre, als die Globalisierung noch in etwas geruhsamerem Takt ihren Anfang nimmt. Das Geschäft mit den Lenkungen floriert dermaßen, dass das Werk in Schwäbisch Gmünd nicht nur 1.000 neue Mitarbeiter einstellt, sondern auch eine erste Lizenz nach Schweden vergibt. 1963 steigt ZF in den Bau von Automatgetrieben für Nutzfahrzeuge ein und findet dafür 1965 einen Lizenznehmer in Japan. Bereits 1966 ist die Lizenzfertigung von ZF-Getrieben und -Lenkungen international breit gestreut. Sie reicht von Nordafrika über Indien bis hin zu Japan und den USA.

1978 nach Argentinien

Es ist nur ein logischer Schritt, einerseits tiefer in diese Märkte einzusteigen und das Auslandsengagement andererseits generell zu erweitern. So geschehen zum Beispiel mit der Gründung einer neuen Fabrik in Argentinien, wo ZF sich 1978 daran macht, den lokalen Markt für Getriebe, Lenkungen und Pumpen durch den neuen Überseestützpunkt Fabrica Argentina des Engranajes mit Sitz in Buenos Aires zu erschließen.

Auch auf US-amerikanischem Boden fasst ZF zu dieser Zeit solide Fuß. Schon 1979 gründet es die 100-prozentige Tochtergesellschaft ZF of North America mit Sitz in Chicago. Zugleich entsteht eine eigene Vertretung in Norwegen, außerdem kommt es zu einer Beteiligung am südafrikanischen Unternehmen AS Transmissions and Steering. Und ein Jahr später wird in Tokio auch schon die ZF Japan gegründet.

Synchrongetriebe für Peking

Ein ganz spezielles Kapitel ist mit Blick gen Osten der chinesische Markt. Erste, wenn auch bescheidene Exportumsätze mit China und Hongkong reichen bis die 60er-Jahre zurück. Eine intensivere Zusammenarbeit bahnt sich an, als 1979 eine chinesische Delegation den Standort Passau besucht, um das Programm für Baumaschinen in Augenschein zu nehmen. Als im Jahr darauf der Gegenbesuch in China folgt, bringen die ZF-Mannen einen ersten Auftrag von Rang zurück: Es handelt sich um Synchrongetriebe für die Gelenkbusse der Pekinger Verkehrsbetriebe.

Die kommen gut an. Denn schon 1981 folgt darauf eine Getriebelizenz an die China National Import Corporation. In den 90er-Jahren schließlich beginnt das China-Geschäft regelrecht zu brummen. Im Jahr 1993, als Europas Konjunktur tief in der Krise steckt, gründet ZF ­eine erste Serviceniederlassung im Reich der Mitte. Aus 1995 datieren zwei weitere Joint Ventures in China. Und 1996 eröffnet ZF gemeinsam mit SAIC (Shanghai Automotive Industry Corporation) das Unternehmen Shanghai Steering, bei dem hydraulische und mechanische Lenkungen vom Band laufen.

Ab 1998 steht auch bereits eine erste 100-prozentige Tochtergesellschaft in China: Bei der ZF Drivetech in Suzhou startet die Fertigung von Ecolite- und Ecomatgetrieben. Im südchinesischen Liuzhou beginnt ZF zudem schwere Baumaschinenkomponenten zu fertigen. Heute verfügt ZF über mehr als 20 Produktionsstandorte im Reich der Mitte. Das Produktspektrum reicht von Antriebs- und Fahrwerktechnik über Baumaschinen- und Landmaschinentechnik bis hin zu Getrieben für Marineanwendungen und Windkraftanlagen. Zu den Kunden zählen sowohl chinesische Hersteller als auch die Ableger europäischer OEM.

1998 übernimmt ZF die Renault-Getriebefertigung

Stetig baut ZF zugleich das Fundament aus, auf dem die Geschäfte in der übrigen Welt basieren. Zu den Meilensteinen gehören etwa die Übernahme der Getriebefertigung von Renault V.I. im Jahr 1998 sowie die 2001 erfolgte Übernahme der deutschen Mannesmann Sachs AG, mit der ZF seine Rolle als globaler Spezialist in der Antriebs- und Fahrwerktechnik ausbaut.

Weiterhin vielfältig sind die Aktivitäten in den USA: Dazu gehören ein 1999 mit Ford geschlossenes Joint Venture zur Fertigung stufenloser Automatgetriebe ebenso wie eine mit Meritor in Laurinburg (North Carolina) auf den Weg gebrachte US-Fertigung der AS Tronic. Besonders gedeiht dort das Geschäft mit Pkw-Getrieben: Erst 2013 hat ZF in Gray Court (South-Carolina) ein neues Werk mit einer Kapazität von 1,2 Millionen Einheiten pro Jahr eröffnet. Weltweit ist die Zahl der ZF-Produktionsgesellschaften inzwischen auf 113 in insgesamt 26 Ländern gestiegen.

Noch nicht mit berücksichtigt sind dabei die aktuell 650 Service- und Kundendiensteinrichtungen weltweit. Dabei spielt auch deren kontinuierlicher Aufbau ab den 1960er-Jahren eine wichtige Rolle bei der Internationalisierung von ZF – von Beginn an beflügeln sie das Exportgeschäft des Konzerns. Die ersten drei ZF-Kundencenter entstehen 1964 in drei australischen Städten: Von nun an ist es dort binnen 24 Stunden möglich, ZF-Getriebe überholen zu lassen und Ersatzteile zu bekommen. 2008 führt ZF die beiden Aktivitäten Handel (ZF Trading) und Service (Vertriebs- und Service-Organisation) zum neuen Geschäftsfeld ZF Services zusammen, das seither das weltweite Handelsgeschäft mit Ersatzteilen sowie sämtliche Dienstleistungs- und Kundendienstaktivitäten bündelt.

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