Internationaler Kühltransport Frische Fische von Irland nach Spanien

Report Reportage Irland Fischtransport Foto: Jan Bergrath 10 Bilder

Bring International ist ein junges Transportunternehmen aus dem Herzen Irlands. Wenn die Flotte der Hochseetrawler den Fang in der Hafenstadt Dingle anlandet, steht auch deren V8-Scania bereit.

Die Touristensaison in der Hafenstadt Dingle, die auch der größten Halbinsel im wilden Südwesten Irlands den Namen gibt, lässt Mitte Oktober etwas nach. So hat Mark Finneran in der Nacht zu Freitag für den Kühlzug noch einen Stellplatz in der Reihe der Busparkplätze gefunden. Hinter ihm liegt das malerische Zentrum mit den typisch bunten Fassaden der Cafés, Shops und Pubs, vor ihm der Hafen und die Bucht, wo seit mehr als 20 Jahren ein einst zugeschwommener Delfin die Touristen verzückt. "Um zehn Uhr sollen die Schiffe einlaufen", sagt der Transportunternehmer (siehe Kasten), "Zeit für einen Kaffee!" In der Nacht hat er die vier Stunden aus Roscommon in der Mitte der Grünen Insel zurückgelegt – über Nationalstraßen, obwohl es mittlerweile für die Verbindungen zwischen den großen Städten ein kleines Autobahnnetz gibt. Mark kennt die schnelleren Wege.

Report Reportage Irland Fischtransport Foto: Jan Bergrath
Ein Schiff hat Fracht für einen Lkw. Der wird direkt Box für Box aus dem Kühlraum des spanischen Trawlers beladen. Das dauert zwei bis drei Stunden. Dann geht es über den Hafen von Cork mit der Fähre nach Santander und von dort zum Fischmarkt in Bilbao.

"Wir bringen Ihre Fracht."

Eigentlich fährt Oaran Connors, 34, einer der zehn festen Fahrer bei Bring, den roten dreiachsigen Scania S 730. Anders als Marks Vater Damien, von dem Mark die Liebe zum Lkw geerbt hat. Seine aktive Zeit begann Damien in den 80er-Jahren. Er ist eine der festen Aushilfen. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaft war Mark selber zehn Jahre lang für namhafte irische Transportunternehmen auf dem "Kontinent", wie man auch in Irland sagt. Dann lernte er seinen Partner Tom Murphy kennen – und gründete mit ihm im Sommer 2017 "Bring International". Der Name ist einfach erklärt, es steht so auch auf der Seite des Chereau-Kühlaufliegers mit den zwei unterschiedlichen Temperaturzonen. Auf Deutsch: "Wir bringen Ihre Fracht". So gibt es auch keinerlei Verbindung zum norwegischen Logistiker Bring. Nach und nach bauten Mark und Tom ein Netz von festen Kunden auf. "Wir fahren fast alles, Getränke, Maschinen, Luftfracht und eben immer wieder frischen Fisch." Schon seit vielen Jahrzehnten fischen spanische Trawler im Atlantik, Quoten sollen die Fangmengen regeln. Je nachdem, wo sie ihre Netze zum letzten Mal auswerfen, steuern sie einen der drei irischen Häfen an, deren Kaianlagen dafür ausgebaut wurden: Killybegs im Nordwesten, Castletownbere weiter südlich und eben Dingle. "Manchmal wissen wir erst einen halben Tag vorher, wo die Schiffe einlaufen", erzählt Mark.

Dazu ein weiteres unternehmerisches Risiko: "Wir müssen den Lkw für unseren Kunden immer bereithalten." Dann kann es durchaus sein, dass, wie zwei Wochen zuvor, ein heftiger Sturm vom Atlantik her über die Küste weht und alle Pläne durcheinanderwirft. Mark bleibt gelassen. Er muss auf den Anruf seines Kunden warten. Nun soll es doch erst Mittag werden. Sobald der Lkw geladen wird, will er Oaran anrufen. Der kommt dann per Pkw nach Tralee, der Stadt am Eingang zur Halbinsel, und übernimmt den Zug. "Er muss heute nur noch bis zum Hafen in Cork und von dort auf die 36-stündige Direktfähre nach Santander in Spanien. Das sind drei Stunden und reicht dicke von der Zeit." Als Mark die Firma mitgründete, bekam seine Frau gerade ihr erstes Kind. Zusammen mit dem Disponenten Joseph Harrington ist er entweder im Büro oder macht, meist in Dublin, Kundenbesuche. Rund 3.800 lizenzierte Frachtführer gibt es in Irland, der Wettbewerb, so sagt Mark, sei hart. Mittlerweile selbst hier durch Wettbewerber aus Osteuropa. Qualität und Zuverlässigkeit – das ist auch in Irland das Credo für den Erfolg. Heute macht Mark die Urlaubsvertretung für Oaran. Der junge Mann fährt schon lange international. "Ihm haben unsere auffallenden und leistungsstarken Lkw gefallen, und er suchte nach einer neuen Herausforderung", sagt Mark. Fahrermangel, natürlich ebenfalls ein grundsätzliches Problem in Irland, kennt er für seine Firma mit insgesamt acht Lkw bislang nicht.

Report Reportage Irland Fischtransport Foto: Jan Bergrath
Meist am Freitag laufen spanische Trawler mit ihrem Fang aus dem Atlantik die kleine Hafenstadt Dingle an der irischen Westküste an. Auch der auffallende Kühlzug von Bring International mit dem roten, 730 PS starken Scania und dem Chereau-Kühlauflieger steht dann am Kai bereit.

"Ladung aus England bekommen, Fahrer happy."

"Wir behandeln unsere Fahrer sehr gut, wir garantieren ihnen Top-Fahrzeuge und wir bezahlen anständig." Die Rede ist von rund 1.000 Euro, die ein erfahrener internationaler Fahrer bei Bring pro Woche mit Spesen bekommt. Mark nutzt mittlerweile die Wartezeit, um aus dem Lkw heraus eine Ladung für einen anderen Lkw zu finden, der in England steht. Das scheint schwierig, Mark geht sein komplettes Register durch. Schließlich taucht das erste Schiff in der Bucht auf. Wenige Minuten danach kommt ein Van mit einem Vorarbeiter, der den Lkw direkt zum Liegeplatz am Kai lotst. Keine Stunde später sind es fünf Schiffe und sieben Lkw, aus Spanien und Irland, die direkt aus dem gekühlten Schiffsbauch per Kran beladen werden. "Damit haben wir nichts zu tun", erläutert Mark und zieht sich auf den Fahrersitz zurück – beim Linksverkehr natürlich auf der rechten Seite.Im relativ kleinen Nutzfahrzeugmarkt in Irland, mit knapp 1.600 verkauften Lkw über 18 Tonnen pro Jahr, ist Scania seit Jahren mit derzeit 32 Prozent Marktführer – vor DAF (20 %) und Volvo (19,5 %). "Wir fahren immer nach Südeuropa. Da brauchen wir leistungsstarke und sparsame Lkw – Scania eben", so Mark. Vor allem gleich auf dem ersten Teilstück über den Pass der Dingle-Halbinsel, erst vorbei an der wilden Küste, dann durch die kargen, braun gefärbten Hügel mit unzähligen Schafen.

MAN TGS 18.500 4x4 BLS
Agro-Truck im Feld-Versuch

"Wir fahren immer unter Volllast. "Es dauert gut drei Stunden, bis die Kisten mit dem frischen Fisch verladen sind, der komplette Fang ist für seinen Lastzug. Mark stellt den Thermo King auf null Grad ein, wartet noch auf die Papiere, dann geht es los. Nach rund 36 Stunden reiner Fahrzeit auf der Fähre und gut drei Stunden bis Bilbao wird Oaran planmäßig am Montag früh gegen drei Uhr auf dem Fischmarkt in Bilbao stehen. Die Rückladung ist in der Regel Obst oder Gemüse aus Südspanien nach Dublin. "Dann nehmen wir meist die Fähren von Calais nach Dover und von Holyhead nach Dublin. "Doch mittlerweile treibt auch Mark die Sorge, ob die Touren noch so reibungslos klappen, sollte Großbritannien seinen ungeordneten Brexit durchziehen. Allein die Fähren wären kaum noch planbar. Doch das ist Zukunft. Jetzt geht es darum, dass für diese Woche die Touren passen. Schon bald kommt eine Nachricht per Whatsapp: "Ladung aus England bekommen, Fahrer happy."

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
FF 01 2019 Titel
FERNFAHRER 01 / 2019
1. Dezember 2018
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