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Insolvenzvorsorge Wirksamer Schutz vor Pleiten

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Thomas Krings, Risikovorstand beim Kreditversicherer Euler Hermes, erwartet mehr Pleiten in Deutschland. Stark betroffen sei die Transportbranche.

Keine frohe Botschaft zum Jahreswechsel. Das Risiko von Firmeninsolvenzen steige erstmals seit Jahren in Deutschland wieder, sagen einige Analysten. Entgegen dem europäischen Trend könnten deutsche Unternehmenspleiten um zwei Prozent in 2015 zunehmen, erwartet der internationale Kreditversicherer Euler Hermes.

Begleitet von geopolitischen Krisen, einer schwächelnden Konjunktur und sinkenden Margen in wichtigen Industrien steige das Risiko von Zahlungsausfällen vor allem in der Transportbranche – mit plus acht Prozent. Dabei hatte sich die Branche zuletzt deutlich erholt.

Im Interview mit trans aktuell-Redakteurin Claudia Wild erklärt Euler Hermes-
Risikovorstand Thomas Krings, wie er die Lage der Transportbranche einschätzt und wie Unternehmen vorbeugen können.

trans aktuell: Herr Krings, wie kommen Sie zu Ihrer Risiko­einschätzung?

Krings: Wir haben weltweit ein Team aus 1.500 Risikoanalysten und eine Datenbank, die die Bonität von weltweit über 40 Millionen Unternehmen überwacht. Wir analysieren die Unternehmen selbst, aber auch ihre jeweiligen Branchen, die wirtschaftliche und politische Lage in den jeweiligen Ländern. Wir sind die ersten, die wissen, wenn es zu Zahlungsverzögerungen oder -ausfällen kommt, denn genau für diesen Fall sichern wir Unternehmen ab. Ein starker Anstieg bei den Zahlungsausfällen ist neben einigen anderen Einflussfaktoren ein guter Indikator, dass in der Folge auch die Insolvenzzahlen zunehmen könnten.

… und die acht Prozent mehr Zahlungsausfälle in der Transportbranche?

Die Transportbranche ist schon heute durch einen hohen Preisdruck und geringe Margen gekennzeichnet, es herrscht teilweise ein beinahe ruinöser Preiskampf, sowohl in der Schifffahrt als auch beim Landverkehr. Sie zählt deshalb seit Jahren zu den Branchen mit hohen Risiken und die Insolvenzzahlen liegen über dem Durchschnitt. Die deutsche Wirtschaft hat sich seit Jahresbeginn deutlich schwächer entwickelt als erwartet. Nicht jeder Zahlungsausfall zieht eine Insolvenz nach sich. Da die Branche jedoch insgesamt bereits zahlreiche Schwierigkeiten aufweist, rechnen wir 2015 mit einem leichten Anstieg bei den Insolvenzzahlen.

Viele Transportunternehmen sind für die Automobilbranche tätig – was bedeutet ein Minus von 1,7 Prozent im operativen Gewinn der Automobilbranche für diese?

Die OEM-Hersteller werden noch kritischer auf ihre gesamten operativen Kosten schauen, auf die Prozesse und den Einkauf. Das ist in solchen Fällen ein recht übliches Vorgehen, wird aber den Druck auch auf die Transporteure weiter erhöhen, optimale Abläufe und Kostenstrukturen sicherzustellen.

Gibt es ein Frühwarnsystem, das auch kleinere Unternehmen auf eine beginnende Insolvenz hinweist?

Für Unternehmen ist es grundsätzlich sehr schwer, die Bonität ihrer Abnehmer verlässlich zu beurteilen. Nur börsennotierte Gesellschaften müssen wichtige Kennzahlen wie etwa die vorhandenen liquiden Mittel, den Cash-Flow, Gewinnmargen oder die Gewinne ausweisen. Bei nicht börsennotierten, mittelständischen Unternehmen ist es schwierig bis unmöglich, an diese Informationen zu kommen. Man kauft quasi die Katze im Sack und kann nur hoffen, dass der Abnehmer auch so solvent ist, wie die Ansprechpartner es einen glauben machen wollen. Im Ausland ist dies noch um ein Vielfaches schwieriger als in Deutschland, sodass das Risiko hier noch wesentlich höher ist.

Was also können Unternehmen tun?

Die einzige Möglichkeit, verlässliche Informationen zu erhalten, ist entweder eine Wirtschaftsauskunftei oder über eine Kreditversicherung.

Was macht eine Kreditversicherung im konkreten Fall?

Wir können unseren Kunden sagen, wie es um die Bonität all seiner Abnehmer steht, und stehen auch für unsere Einschätzung ein. Ein Beispiel: Eine Spedition will für einen Auftraggeber einen Transport von Hamburg nach Peking durchführen, die Kosten liegen bei 500.000 Euro. Wir prüfen die Bonität des chinesischen Abnehmers durch unsere Risikoanalysten in der Niederlassung vor Ort. Wenn wir die Zusage geben, dass der Abnehmer gut ist für 500.000 Euro, und ein entsprechendes Kreditlimit einräumen, dann zahlen wir im Falle, dass wir mit unserer Einschätzung falsch gelegen haben und es zum Ausfall kommt.

Wie können Unternehmen aus Ihrer Sicht einer Insolvenz frühzeitig und aktuell vorbeugen?

Durch eine entsprechende Absicherung. Zum einen sind dies interne Kontroll- und Steuermechanismen – ein professionelles Risiko-, Forderungs- und Debitorenmanagement, eine zuverlässige Liquiditätsplanung und eine Unternehmensstrategie, die auf die derzeitige Situation am Markt zugeschnitten ist. Zum anderen bedeutet dies, dass man seine Forderungen aus Lieferungen und Leistungen nicht nur streng überwacht, sondern auch gegen Zahlungsausfälle absichert – gerade, wenn man als Unternehmen sehr stark auf einzelne Sparten oder Abnehmer setzt.

Haben Sie ein Beispiel?

Selbst kleinere Zahlungsausfälle bei den Abnehmern reißen oft ein erhebliches Loch in die Firmenkasse, insbesondere bei kleinen oder mittelständischen Unternehmen. Nehmen wir ein Rechenbeispiel: Bei einem Zahlungsausfall von 100.000 Euro und einer Gewinnmarge von fünf Prozent, muss ein Unternehmen zusätzliche Umsätze von zwei Millionen Euro erwirtschaften, um einen solchen Verlust auszugleichen. Das ist für viele Unternehmen binnen eines Jahres gar nicht möglich.

Zur Person

Thomas Krings (Jahrgang 1968) hat sein BWL-Studium an der Wirtschaftsakademie Hamburg in Kooperation mit dem Kreditversicherer Euler Hermes abgeschlossen. Der gebürtige Hamburger ist seit 2011 Risikovorstand für Deutschland. Das Unternehmen, das zur Allianz Gruppe gehört, wurde 1917 als Bank in Berlin gegründet. Euler Hermes SA mit Sitz in Paris ist Weltmarktführer im Warenkreditversicherungsgeschäft.

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