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IFOY Award 2021 Clevere Helfer in der Logistikhalle

Foto: IFOY Award/Thomas Nitsche

Welches sind die Champions der Intralogistik? 17 Geräte und Lösungen stellten sich im Rahmen des IFOY Awards in Dortmund Praktikern und Juroren.

Ausreichend Platz und Abstand, umfangreiche Vorkehrungen im Sinne des Gesundheitsschutzes – die Organisation des diesjährigen IFOY Awards (International Intralogistics and Forklift Truck of the Year) war im Corona-Umfeld besonders anspruchsvoll. Umso mehr Ehre gebührte den rund 100 Mitwirkenden aus Wissenschaft, Logistikpraxis und Fachpresse, die sich von den Innovationen aus dem Bereich Intralogistik ein Bild machten.

Erneut hatte die Jury-Vorsitzende Anita Würmser für Aussteller und Fachbesucher den roten Teppich ausrollen lassen – diesmal nicht im angestammten Messegelände in Hannover, sondern in der neuen Location Dortmund, die in Halle 4 der dortigen Messe fünf Tage lang ausreichend Platz für Präsentationen und Tests bot. Weitere an Lagerlogistik, IT und Flurförderzeugen Interessierte machten sich vom Rechner aus ein Bild vom Messegeschehen – so auch Teile der Jury, die sich aus Fachjournalisten aus der ganzen Welt zusammensetzt, darunter auch der Autor dieser Zeilen.

17 Lösungen von 14 Anbietern beim IFOY Award

In diesem Jahr nahmen Tester und Juroren 17 Lösungen von 14 Anbietern unter die Lupe. Eine Besonderheit war dabei die hohe Quote an IT-, Roboter- und Automatisierungslösungen.

Klassische Flurförderfahrzeuge schickten diesmal nur zwei Hersteller ins Rennen. Zum einen ist hier ein Einfluss von Corona zu erkennen, weil die Pandemie die Produktentwicklung der Hersteller doch verzögert hat. Andererseits zeigt der hohe Anteil der Intralogistik-Newcomer, dass der Trend klar zum automatisierten Lager geht. Selbst auf kleinsten Flächen lassen sich Bewegungen und Transaktionen durch Software und Maschinen steuern, wie die nominierten Lösungen zeigten.

Welche Produkte und Lösungen sich durchsetzten und welche Hersteller dahinter sich über die Oscars der Intralogistik freuen dürfen, geben die IFOY-Verantwortlichen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt. Noch sind der Termin und der mögliche Veranstaltungsort für die Preisverleihungen offen.

Hier ein Überblick über die Finalisten, die sich in Dortmund präsentierten beziehungsweise per Video zugeschaltet wurden.

Hai Robotics aus China mit Lagerroboter

Von NRW nach China ist es beim IFOY Award nur ein kleiner Sprung: Das Revier des chinesischen Herstellers Hai Robotics sind schmale Gänge. Auf engstem Raum schraubt sich der Lagerroboter Haipick A42 N zum gewünschten Regalboden hoch und pickt sich die passenden Kisten und Kartons – bei Bedarf auch auf maximal 3,60 Meter Höhe. Er nimmt sie auf, verlässt mit ihnen den Gang, steuert das gewünschte Förderband an und setzt die Ware auf den Rollen ab – und umgekehrt.

IFOY Test Days 2021 Dortmund Foto: IFOY Award/Thomas Nitsche
Schaut sich die Lösungen und Produkte genau an: Mitglieder der IFOY Jury unter Vorsitz von Anita Würmser.

Als einen Vorteil des Systems macht der Hersteller die Flexibilität aus. Lagerbetreiber können zunächst im Mischbetrieb mit Mitarbeitern und wenigen Robotern beginnen und bei Bedarf den Anteil der Roboter Schritt für Schritt erhöhen. Den ersten Kunden in Europa, der in Großbritannien seinen Sitz hat, beliefert Hai Robotics in diesem Sommer.

Soll es bis zu 6,20 Meter hoch hinaus gehen, bringt Hai Robotics die Lösung Haipick A42 T ins Spiel, die mit einem Teleskoplift anrollt. Innerhalb von drei Sekunden kann der Roboter mit nur einer vertikalen Bewegung sechs bis acht Boxen picken beziehungsweise innerhalb von fünf Sekunden auf die Böden verteilen, verspricht der Anbieter. Das sei einzigartig und ein deutlicher Vorteil gegenüber Shuttle-Systemen, die jeweils nur ein Packstück greifen. Läuft das System rund um die Uhr, rechnet es sich innerhalb von zwei Jahren, erklärt Hai Robotics. „Läuft es nur acht Stunden am Tag, lieber die Finger davon lassen“, so die Empfehlung.

Plattform von Oppidum zur besseren Kommunikation

Kommunikation will gelernt sein. Wie man Missverständnissen vorbeugen kann und sich besser versteht, zeigt die Plattform Logistics Interchat des spanischen Anbieters Oppidum TIC. Sie soll die Kommunikation zwischen Lieferanten und Spediteuren auf der einen Seite sowie Mitarbeitern auf der anderen Seite verbessern – wahlweise über Text- oder Sprachnachrichten.

Zum Beispiel zeigt das Dashboard die voraussichtliche Ankunftszeit der Fahrzeuge an. Dadurch können die Lagermitarbeiter frühzeitig mit der Rampenplanung beginnen. Die Carrier erhalten alle für sie relevanten Instruktionen über eine App ins Fahrerhaus und können sich wiederum per Sprachnachricht mit dem Kunden in Verbindung setzen. Verständigungsschwierigkeiten soll es nicht geben, da jede Seite ihre Sprache nutzen kann und das System mit Unterstützung von Google übersetzt.

40 Prozent Platzersparnis gegenüber einem konventionellen Lager verspricht das Unternehmen Volume Lagersysteme aus Dresden mit seiner Lösung Volume Wave. Unternehmen können sich die Gänge zwischen den Regalen nämlich komplett sparen. Die Paletten – ob Euro- oder andere Paletten – lagern in einer zellenartigen Konstruktion, innerhalb der sie beliebig hin und her verschoben werden können. Möglich macht es ihr beweglicher Unterbau.

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Um Zugang zu einer spezifischen Lagerzelle zu erhalten, werden jene Fahrzeuge mit Paletten, die den Zugang zur gewünschten Palette blockieren, verschoben oder zur Seite gezogen. Ein wenig erinnert es an Tetris-Spielen. Pro Palettenreihe muss nur ein Stellplatz frei bleiben, um entsprechend Luft für die autonomen Rangiervorgänge zu haben. Geeignet ist das System für alle Unternehmen mit einem hohen Umschlagvolumen – und natürlich wenig Platz, so die Empfehlung des Anbieters.

Waku Robotics spricht mit seiner Lösung Waku Sense Logistikunternehmen an, die bereits kleine Flotten an Robotern oder autonomen Plattformen haben. Waku macht die Wege und Leistungsdaten der autonomen Helfer transparent und wertet sie aus – ob in der App oder auf dem Notebook. Das Ganze funktioniert nach Firmenangaben unabhängig vom Robotertyp oder -hersteller. Steht zum Beispiel ein Roboter still, erfolgt umgehend eine Meldung.

Interroll-Group präsentiert Small Pallet Mover

Die Interroll-Group tritt an, die Abläufe im Lager auf Effizienz zu trimmen. Paletten stehen im Weg, Stapler müssen auf Ware warten – so der Istzustand in vielen Hallen. Da wäre es doch ideal, die Palette würde sich selbst ihren Weg suchen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist und die Wege frei sind. Das ist die Idee hinter dem Small Pallet Mover (SPM), einem Transportfahrzeug, das eine Europalette schultert und sich mit ihr bei idealem Timing den Weg zum Bestimmungsort sucht. Das macht den Lagerbetrieb unterbrechungsfrei und beugt Ineffizienzen vor.

Das System ist an jede Lagergröße anpassbar, es lässt sich online planen und konfigurieren. Drei Jahre lang hat die Interroll Group nach eigenen Angaben an der Lösung gearbeitet, nun soll es im Sommer in den Live-Betrieb gehen. Der Return on Investment (ROI) sei in weniger als einem Jahr erreicht, weil man sich viel Zeit spare. Wolle man die Arbeit des SPM anderweitig lösen, bräuchte es entweder ein kostspieliges AGV oder einen Stapler und damit Manpower.

Für die Expresslieferung vom Lager zum Kunden ist meist der Kurier die erste Wahl. Diese Aufgabe könnten auch Drohnen erledigen – und das Ganze nach Ansicht der HHLA-Tochter HHLA Sky deutlich günstiger. Sie haben ein Integrated Drone Control Center entwickelt, um den Flug der Drohnen in Echtzeit zu begleiten und auszuwerten. Das System kann mehr als 100 dieser Fluggeräte integrieren.

Je besser das Mobilfunknetz, desto besser ist der Datenstrom. 5G sei aber keine Voraussetzung, beteuern die Vertreter von HHLA Sky. Das Ganze funktioniere auch mit 2G. Die Firmenvertreter sehen einen erheblichen Bedarf für das System und berufen sich auf Studien von McKinsey und Roland Berger, wonach die Intralogistik das am schnellsten wachsende Segment in der Logistik ist.

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Vom Himmel wieder auf den Boden: Das Start-up Synaos hat seinem Softwaresystem Syna.os Logistics ein Angebot, um mobile Roboter gemäß den Standards der VDA-Schnittstelle 5050 für fahrerlose Transportsysteme (AGV) zu orchestrieren. Das Unternehmen betreut nach eigenen Angaben bereits Projekte, die um die 200 AGVs steuern, unter anderem bei Volkswagen, und arbeitet dabei mit unterschiedlichen Hardware-Anbietern zusammen. Bis zu 1.000 Roboter lassen sich in der Anwendung integrieren. Syna.os Logistics sucht für sie die jeweils besten Wege und bildet gleichzeitig die Be- und Entladevorgänge ab.

Dank künstlicher Intelligenz lernt das System selbstständig und kann so Wege und Prozesse ständig optimieren. Bis zu 250.000 mögliche Lösungen pro Sekunde werden nach Synaos-Angaben durch das System geprüft und die beste vorgeschlagen. Der Benefit des Systems: Der Bedarf an Lagergeräten reduziere sich um bis zu 30 Prozent, Verzögerungen im Lager um bis zu 60 Prozent. Vor zwei Jahren hat das Unternehmen begonnen und sich zunächst auf das Steuern der Roboter konzentriert, die nächste Stufe sieht nun die Integration von Flurförderzeugen und Menschen vor. „Alles, was sich bewegt, wird mit einer Lösung abgebildet, das ist unsere Vision“, hieß es.

Still zeigt Niederhubwagen EXH-S 25

Der jüngste Niederhubwagen EXH-S 25 aus dem Hause Still kommt sehr kompakt daher, er ist nur 72 Zentimeter breit. Damit kommt er gut in 80 Zentimeter breite Palettengänge beim Be- und Entladen eines Lkw, und nach rechts und links bleibt immer noch ein Spielraum von einigen Zentimetern. Das Arbeitsgerät verfügt über ein vollwertiges Lenkrad, das sich bequem auch mit einer Hand bedienen lässt, wenn der Mitarbeiter seitlich im Niederhubwagen steht. Zahlreiche ergonomische Einstellungen sind möglich, um den Komfort, was Lenkradhöhe oder Federung angeht, individuell auf den Fahrer abzustimmen. Das Fahrzeug gibt es optional auch mit Lithium-Ionen-Batterien. Die Geschwindigkeit von 14 km/h ist nach Firmenangaben Benchmark.

Ehe die Ware das Lager verlässt, muss sie gescannt werden. Das Unternehmen Nimmsta bietet nach eigenen Angaben den ersten Handrückenscanner mit Touch-Display an. Der HS 50 lässt sich über Bluetooth mit einem Handheld oder Rechner koppeln, die dahinter stehende Software demnach problemlos in jedes Warehouse-Management-System integrieren. Das System meldet, ob der richtige Barcode gescannt wurde – sprich, ob es sich um das richtige Packstück handelt. Ein weiterer Benefit sei die Schnellademöglichkeit des Scanners, der sich – anders als beim Wettbewerb – vom Handschuh lösen lässt. Innerhalb einer halben Stunde sei der Scanner auf 65 Prozent geladen, verspricht Nimmsta.

Das Unternehmen Idealworks ist eine BMW-Tochter und treibt mit seiner Lösung iw.hub die Automatisierung im Lager voran. Deren Geräte laufen bei Geschwindigkeiten von bis zu acht km/h komplett autonom. Sie heben und schultern Waren mit Gewichten von bis zu einer Tonne. Die Transportplattform agiert im Lager defensiv und weicht zurück, wenn Mitarbeiter ihren Weg kreuzen. Ehe sie auf Rollen stehende Waren aufnimmt, macht sie ein Foto und kalkuliert, wie sie sie am geschicktesten schultert. „Wir sehen gerade im Logistikbereich eine hohe Nachfrage nach diesen autonomen Maschinen“, teilen die Idealworks-Mitarbeiter mit.

Routenzug für schwere Lasten im Lager

Das Unternehmen H+E Produktentwicklung bringt seinen Routenzug Huski ins Spiel. Seine Stärke ist es, sperrige und schwere Waren zu transportieren. Das Fahrzeug lässt sich klassisch mit einem Fahrer, halbautonom oder in einer geplanten späteren Stufe auch komplett autonom durch die Halle bewegen. Über Rollen lassen sich Gewichte von 1 bis 1,5 Tonnen auf den oder die Anhänger laden. Der Zug hat typischerweise mehrere Hänger im Schlepptau, wobei er auf seiner Fahrt immer volle gegen leere tauscht.

Mit dem Arculee 2 rollt ein weiteres Roboterfahrzeug an. Das AGV des Unternehmens Arculus aus Ingolstadt nimmt Ladung von bis zu einer Tonne auf, bewegt sich komplett autark und lässt sich damit in eine beliebige Architektur integrieren – ob Produktionsbetrieb oder Logistikdienstleister. Überwacht wird das Gerät durch das Flottenmanagementsystem Arculus Fleet. Das hat die fahrerlosen Transportsysteme im Blick und ermittelt jeweils die besten Wege, immer dynamisch und abhängig von seinem aktuellen Umfeld.

Bisher laufen die Anwendungen von Arculus in der Automobilindustrie, etwa bei Audi und VW. Genauso gut seien sie aber auf andere Einsatzfelder wie die Logistik übertragbar, heißt es. Restriktionen bei der Zahl der orchestrierten Roboter gibt es nach Firmenangaben nicht. 100 AGVs seien problemlos mit der firmeneigenen IT zu steuern.

Elektrischer Mitnahmestapler aus Irland

Der zweite Anbieter aus der Rubrik „Klassik“ neben Still bei den IFOY Awards ist der Hersteller Cargotec Engineering Ireland mit seiner zweiten Generation von elektrischen Mitnahmestaplern mit drei angetriebenen Rädern. Einer der Vorteile des Moffett ist der geräuschlose Betrieb, der auch einen Einsatz in der Früh, nachts oder im Umfeld von Wohngebieten erlaubt. Der Fahrer hört dadurch alle Umgebungsgeräusche – und nimmt Stapler und andere Geräte besser wahr. Das Arbeitsumfeld für den Fahrer sei deutlich angenehmer, auch weil er weder Lärm noch Abgasen ausgesetzt ist.

Die Anschaffungskosten seien etwas höher, aber abhängig vom Einsatz rechne sich der Betrieb nach drei bis vier Jahren, heißt es. Der Mitnahmestapler kann während der Fahrt geladen werden, seine Tragkraft liegt bei 2,5 Tonnen. Gegenüber der Vorstellung des Vorgängers vor fünf oder sechs Jahren sieht Cargotec Engineering Ireland nun eine deutlich höhere Nachfrage und berichtet von Kunden, die ihre gesamte Dieselstaplerflotte durch E-Geräte ersetzen wollten.

Nicht in Dortmund vertreten, sondern per Video zugeschaltet war der Intralogistikanbieter Hänel. Er hat seinem Kunden MSC Technlogies zwölf automatisierte Lagerlifte auf zwei Ebenen gebaut. Sie sind vor allem für die Lagerung von Kleinteilen geeignet, wie im Fall von MSC für Displays. Bis zu 40.000 Artikel lassen sich nach dem Prinzip von Karteikarten perfekt sortieren und lagern.

Die IT des Regalsystems ist in die SAP-Architektur des Kunden eingebunden, alle Transaktionen der Lagerlösung kommunizieren in Echtzeit mit SAP, was für die Mitarbeiter maximale Transparenz über den Lagerort und jederzeitige Zugriffsmöglichkeit bedeuten. Als Hauptvorteile macht Hänel die kompakte, platzsparende Lagerung und die Integration ins SAP-System aus.

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