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Betriebliches Gesundheitsmanagement Mehr Produktivität durch weniger Stress

Exercising on bosu ball Foto: Svetlana – stock.adobe.com

Betriebliches Gesundheitsmanagement? Lange galt dies eher als eine Domäne größerer Unternehmen. Inzwischen bauen zahlreiche mittelständische Unternehmen ihr Angebot aus.

Dahinter steht die Überzeugung, dass gesunde und damit leistungsfähige Mitarbeiter die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens festigen. Dies bestätigt auch Matthias Mika, Experte für betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) und Trainer: „Das Bewusstsein für BGM ist in den vergangenen Jahren in der Wirtschaft deutlich gewachsen, auch im Mittelstand.“ Wichtig zu wissen: Das betriebliche Gesundheitsmanagement basiert grundsätzlich auf mehreren Säulen – zum einen auf den gesetzlichen Bestimmungen zum betrieblichen Arbeitsschutz, dann dem betrieblichen Eingliederungsmanagement sowie auf Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung, die für den Arbeitgeber freiwillig sind. Auf letzterem Gebiet ist beispielsweise die Spedition Brucker aus Aalen mit ihren 620 Mitarbeitern sehr aktiv: „Wir bieten unseren Beschäftigten neben Anti-Raucher-Kursen wöchentlich eine Rückenschule und Entspannungsübungen an“, erklärt Geschäftsführer Dr. Stefan Brucker gegenüber trans aktuell.

Salat für 100 Mitarbeiter

Dazu kommt ein- bis zweimal wöchentlich in der Mittagspause von 12 bis 13 Uhr eigens eine Fitnesstrainerin in die Spedi­tion nach Aalen. Die Resonanz ist sehr gut, berichtet Brucker. Durchschnittlich nehmen etwa 25 Mitarbeiter an den Kursen teil. Hierbei geht es auch um Übungen am Schreibtisch und die richtige Sitzposition. Zudem erhalten die Mitarbeiter 50 Prozent Rabatt beim Besuch eines Fitnessstudios. Ebenso lässt die Spedition Brucker am Standort Aalen einmal wöchentlich ein Salatbuffet für die rund 100 Mitarbeiter auffahren. Ergänzt wird das Programm beispielsweise durch Teambuilding-Maßnahmen wie etwa Wanderwochenenden, eine Winterwanderung inklusive Grillen oder Fahrradtouren im Ostalbkreis. Solche Aktivitäten dienen laut Brucker auch dazu, dass sich die Mitarbeiter besser kennenlernen. Der Geschäftsführer ist überzeugt: „Nach solchen Events gehen die Leute ganz anders miteinander um.“ Dies beugt seiner Ansicht nach auch Mobbing vor.

Vier Säulen

Bei Hellmann Worldwide Logistics aus Osnabrück mit über 13.000 Mitarbeitern basiert das BGM auf vier Säulen: betriebliches Eingliederungsmanagement, betriebsmedizinische Angebote, betriebliche Gesundheitsförderung sowie Gesundheitspolitik und Unternehmenskultur. Letztere bezeichnet das Unternehmen als eine der wichtigsten Säulen. „In allen betrieblichen Prozessen versuchen wir, die gesundheitlichen Aspekte zu berücksichtigen“, erklärt Adam Pietzka, BGM-Manager bei Hellmann Worldwide Logistics. Diese Betrachtungen spielen vor allem bei der Beschaffung von gesundheitsförderlichen Arbeitsmitteln eine wichtige Rolle – etwa bei Arbeitskleidung oder Büro­möbeln.

Belastungen erkennen

Wesentlichen Anteil an der Unternehmenskultur hätten die Führungskräfte, erklärt Pietzka. „Wir wollen, dass unsere Führungskräfte mitarbeiterorientiert und gesund führen.“ Über eine sogenannte unternehmensinterne Gesundheitswerkstatt erhalten die Führungskräfte das dafür notwendige Wissen. Dazu gehört auch, wie sie Belastungen bei Mitarbeitern erkennen können. Bei der betrieblichen Gesundheitsförderung sind auch mobile Massagen wichtig, ebenso ergonomische Arbeitsplatzberatungen, Obstaktionen oder Angebote zur Reduzierung der psychosozialen Belastung. „Dies erreichen wir hauptsächlich durch eine externe psychosoziale Inhouse-Mitarbeiterberatung sowie durch Stressmanagement- und Resilienzschulungen für Mitarbeiter“, so Pietzka. Der BGM-Experte Matthias Mika hält das für sehr wichtig. „Speditionen sind gut beraten, ihre Mitarbeiter fit zu machen für den besseren Umgang mit Stresssituationen“, erklärt der selbstständige Trainer. Ein gelungenes Stressmanagement könnte seiner Ansicht nach in einer Spedition wie folgt ablaufen: Zunächst ermittelt die Arbeitssicherheit mit der Personalentwicklung oder dem Gesundheitsmanager, was die relevanten Stressauslöser am Arbeitsplatz sind. Dies sollte im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung erfolgen, die in Deutschland für alle Betriebe verpflichtend ist. Auf Basis dieser Ergebnisse sollten für jede Tätigkeit im Betrieb die entsprechenden Maßnahmen abgestimmt und umgesetzt werden, um die jeweils stärksten und arbeitsbedingten Stressauslöser zu reduzieren.

Matthias Mika, Inhaber Mika Stressmanagement Foto: Mika Stressmanagement
Matthias Mika, Inhaber Mika Stressmanagement und Trainer: „Arbeitsbedingte Stressauslöser reduzieren.“

Individuell unterschiedliche Stressauslöser

Mika weiß aus seiner Berufspraxis: Individuell können Stressauslöser sehr unterschiedlich aussehen, sowohl beruflich als auch privat. Deshalb hält er es für sinnvoll, den Mitarbeitern „Universal-Werkzeuge“ an die Hand zu geben. Damit können sie lernen, grundsätzlich besser mit herausfordernden Situationen des Alltags umzugehen. Wichtig sei außerdem, dass die Maßnahmen in den Berufsalltag der Mitarbeiter gut hineinpassen. Der BGM-Experte leitet eigene Stressmanagement-Projekte in Betrieben und ist überzeugt: Im Ergebnis reduziert ein gelungenes Stressmanagement psychisch bedingte Krankheitstage. Und er kann belegen, dass dies zu einer besseren Konzentration und Kommunikation führt, sowohl intern unter den Kollegen als auch extern mit den Kunden.

Foto: ETM
Manuela Blanke, Gesundheitspädagogin und betriebliche Gesundheitsmanagerin: "Resilienz ist elernbar."

Wert der Arbeitgebermarke steigt

Auch Manuela Blanke, betriebliche Gesundheitsmanagerin aus Pforzheim, hält es für sehr wichtig, Stress ab- und Resilienz aufzubauen – insbesondere in der Transport- und Logistikbranche. Blanke definiert Resilienz als psychische Stabilität. Sie verweist auf einige Sonderfaktoren in Speditionen, die Stress verursachen – zum Beispiel Verkehrsstaus bei Fahrern, Zeitdruck beim Abladen an der Rampe sowie ein erhöhter Geräuschpegel in Büros. Blankes Resilienztraining zielt darauf ab, die seelische ­Widerstandsfähigkeit zu erweitern und eine innere Stärke zu erwecken. „Mithilfe neu erlernter Strategien gelingt es, Krisen und Ärger sinnvoll zu bewältigen“, erklärt die studierte Gesundheitspädagogin Sie ist überzeugt: „Resilienz ist erlernbar.“ Und: Resiliente Menschen sind ihrer Ansicht nach körperlich fitter und leiden seltener an einem Burn-out. Was bringt das Resilienztraining für den Arbeitgeber? Blanke verweist unter anderem auf eine höhere Produktivität. Ebenso steigt dadurch der Wert der Arbeitgebermarke. Und damit steigt auch die Chance, die Mitarbeiter stärker ans Unternehmen zu binden. Ein Plus in Zeiten des Fachkräftemangels.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
trans aktuell 07 2019 Titel
trans aktuell 07 / 2019
15. März 2019
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