1.000-Kilometer-Test Actros-Generationen im Vergleich

Mercedes Actros, Fahrbericht Foto: Frank Zeitzen, Daimler 8 Bilder

lastauto omnibus hatte ausgiebig Gelegenheit, die beiden Generationen des Mercedes Actros zu vergleichen. 1.000 Kilometer ging es über Spaniens Straßen, zwei Übernachtungen im Actros inklusive.

Die Voraussetzungen für erholsamen Schlaf hätten besser kaum sein können: Eine ermüdende Anreise per Pkw, Flieger und Bus, ein leichtes, aber wirklich gutes Abendessen und zwei, drei Gläser besten Rotweins an einer Raststätte im Großraum Barcelona und milde Temperaturen. Dann wartet das gute, alte obere Bett im Actros (MP3). Einst, zur Vorstellung des noch älteren Actros (Einführung anno 2002) wurde dieses Bett, das auf einem punktelastischen Lattenrost ruht, mit Auszeichnungen überhäuft. Jetzt machte es einer neue Generation von Kaltschaummatratzen Platz. Ob die wirklich besser sind? Die nächste Nacht wird es zeigen.

1.000 Kilometer entlang der spanischen Küste

Der neue Arbeitstag beginnt, noch bevor die Sonne über dem nahen Mittelmeer aufgeht. Zwar haben sich während der Nacht einige Späher an der Plane zu schaffen gemacht und per Schlitz einen Blick auf die Ladung (Betonklötze) geworfen, doch der Schlaf war wirklich gut, das Frühstück bestens. Der Fahrer fühlt sich fit, voller Tatendrang und freut sich auf rund 1.000 Kilometer entlang der spanischen Küste.

Zehn Actros-Sattelzüge (fünf MP3 und fünf neue Actros) und ebenso viele Journalisten aus mehreren Ländern starten wenig später Richtung Süden. Folgender Ablauf ist für lastauto omnibus vorgesehen: Start am Rasthof mit einem alten 1844, dann – gegen Mittag – ein neuer 1845 Bigspace bis südlich von Alicante, der auch zur zweiten Übernachtung dient. Am nächsten Morgen dann wieder ein alter Actros, diesmal ein 1846 Megaspace, und schließlich wieder ein neuer 1845 mit schmalem Streamline-Fahrerhaus bis westlich von Malaga. Die ersten Kilometer im guten, alten 1844 (Mercedes nennt ihn den Bewährten) mit L-Haus zeigen nichts Besonderes. Der seit 2008 gebaute MP3 ist der Redaktion bestens vertraut, das Rasseln des V6-Zylinders ebenfalls. Bei wenig Verkehr und Sonnenschein rollt der 1844 mal über die A7, mal über die N340 auf überwiegend flachem Südkurs. Klar, die in der Mittellage etwas ungenaue Lenkung macht sich wieder bemerkbar, der relative drehmomentschwache Motor ebenfalls. Die recht kurze Achse und die frühen Schaltungen des Powershift-Getriebes kaschieren dieses Manko aber halbwegs. Ganz auffallend: Windgeräusche sind dem niedrig montierten langen Fahrerhaus fremd. Daran ändert auch kräftiger Südostwind wenig.

Spanien, wie man es sich wünscht

Nach vier Stunden Fahrzeit ist schönster Frühling. Links und rechts reifen Apfelsinen und Zitronen, die Mandelbäume blühen, einem ersten Kaffee unter freiem Himmel in diesem Jahr steht nichts im Weg. Die angefahrene Autobahnraststätte entpuppt sich als Glücksgriff – Tapas, beste Rinderfilets, frische Salate, Gemüse und mehr lassen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Der Cafe americano, so nennen die Spanier eine große Tasse Kaffee, ist stark, schwarz und lecker. Und auch die zu Zeiten der Franco-Diktatur (bis 1975) berüchtigte Guardia Civil, eine auch heute noch paramilitärisch organisierte Polizeitruppe, gibt sich friedlich und interessiert sich mehr für die neuen Lkw als für die vielen, vorsorglich ausgefüllten Tätigkeits-Bescheinigungen des Fahrers. Die Strafen für Lücken auf der Fahrerkarte sind in Spanien (wie in Frankreich) drastisch. Lenk-, Ruhe- und Schichtzeiten gehen über alles. Korrektes Tempo (90 km/h plus Schwungspitzen sind ohnehin üblich und erlaubt) und korrektes Fahren interessieren weniger.

Nach der Mittagspause tönt es ganz anders aus dem Motorraum. Sonor und deutlich weniger vernehmbar. Der neue Reihensechszylinder ist tatsächlich ein sehr angenehmer Geselle. Er läuft schön rund, ziemlich vibrationsfrei und zieht trotz langer Sparachse bestens. Vor allem im zwölften Gang, in dem er 200 zusätzliche Nm liefern darf. Mit 1.100/min und manchmal auch noch weniger zieht der 1845 über die leicht bergige Strecke und bleibt so lange wie irgendwie möglich im größten, also im direkten Gang. Niedrige Drehzahlen und die geringen Triebstrangverluste sollen schließlich den Verbrauch in jene Richtung drücken, die Mercedes versprochen hat: nach unten.

Resonanzschwingungen in der Lenksäule

Irgendwann ist aber auch der zwölfte Gang mit seinem Latein am Ende. Es folgen Gang elf und eine kleine Enttäuschung, weil der Leistungszuwachs bei reduziertem Drehmoment im kleineren Gang mit 40 kW doch arg knapp ausfällt. Jetzt fällt auch auf, dass sich deutlich hör- und fühlbare Resonanzschwingungen in der Lenksäule aufbauen. Und noch eine Schwäche  zeigt sich – am ersten Tag ganz zart, am zweiten Tag in der Sierra Nevada sehr deutlich. Irgendwie hat die Vorderachse Probleme mit großen Querwellen auf der Straße. Statt hinein zu tauchen fällt sie förmlich hinein und schlägt beim Herausfahren zurück. Das müsste kommoder gehen, ist letztlich aber eine Konzession an ein tadelloses Fahrverhalten, das sich auf schnellen, kurvigen Strecken einstellt. Jetzt, wo es kurvig, steil und spannend wird, zeigt sich der zweite 1845 ansonsten von seiner besten Seite. Der Sechszylinder zieht wie der sprichwörtliche Ochse, die Automatik verwaltet die Kräfte bestens, die Zugmaschine folgt den Lenkbewegungen deutlich besser als im 1846 Megaspace am frühen Morgen und läuft auch deutlich exakter geradeaus.  Und da, wo sich das alte Megaspace-Haus in die Kurve schmeißt, da beweist das schmale Streamspace aufrechte Haltung.

Bleibt noch ein Rückblick auf die zweite Nacht und die neue Kaltschaummatratze. Doch die Voraussetzungen für einen erholsamen Schlaf hätten schlechter nicht sein können. Ein mieser Truckstop, ein schlechtes Abendessen, genauso schlechter Wein und ein ermüdungsfreier, nachmittäglicher  Ritt auf dem neuen Actros nach einer erholsamen Nacht im Vorgänger. Wer kann unter solchen Voraussetzungen schon gut schlafen? An der Kaltschaummatratze, die durchaus ihre Vorteile hat, lag es jedenfalls nicht, dass die zweite Nacht im Actros nicht so gut war wie die erste.

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