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Frankreich Mindestlohn für Lkw-Fahrer

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

In Frankreich gilt seit 1. Juli der Mindestlohn für Fahrer im gewerblichen Güterverkehr.

Zehn Euro für einen hoch qualifizierten Lkw-Fahrer – der Mindestlohn in Frankreich ist Realität. Immerhin einen Tag vor dem Einführungstermin am 1. Juli hat das zuständige Pariser Umweltministerium endlich die genauen Bedingungen in acht Sprachen ins Internet gestellt. Deutsch ist auch dabei: "Präsentation der neuen Formalitäten für die Entsendung bestimmter Arbeitnehmer in der Transportwirtschaft", heißt das Dokument.

Auch Kabotagefahrten betroffen

"In der Praxis gelten die Regeln für internationale Transporte nach oder aus Frankreich sowie Kabotagevorgänge in Frankreich, die mit einem vorübergehend nach Frankreich geschickten Arbeitnehmer durchgeführt werden, der in einem Arbeitsverhältnis zum entsendenden Unternehmen steht", heißt es dort zur Klärung. Und weiter: "Die Kriterien für die Anwendung des Entsenderechts und unterliegen den spezifischen Meldepflichten für die Entsendung im Landverkehr."

Ziel sei eine Präzisierung der Regelungen sowie ein leichterer Zugang der mobilen Arbeitnehmer zu Informationen über ihre Rechte. Der dritte Punkt darf als der wichtigste gelten. Man erhofft sich nämlich, dass "betrügerische Entsendungen" jetzt besser bekämpft werden können, denn sie benachteiligten Unternehmen, die rechtmäßig arbeiteten ebenso wie die entsandten Arbeitnehmer. Die Vorschriften gelten ohne Einschränkungen seit Monatsbeginn, die Kontrolleure sollen sich zunächst aber zurückhalten und berücksichtigen, dass sie neu sind.

Arbeitsverträge mitführen

Für Selbstständige ändert sich nichts, aber die Regelungen gelten jetzt auch für Fahrer von Fahrzeugen unter 3,5 Tonnen bei internationalen Transporten nach oder aus Frankreich sowie für Kabotagefahrten. Der einfache Transit erfülle nicht die Kriterien für die Anwendung des Entsenderechts und unterliegt deshalb keiner Meldepflicht, so das Dokument.

Entsendebestätigung und Arbeitsvertrag sind bei Aufträgen in Frankreich künftig unerlässlich, andernfalls kann es teuer werden. Jeder Fahrer muss vor Beginn seiner ersten Tätigkeit vom Arbeitgeber eine Entsendebestätigung bekommen, die dann sechs Monate gilt und mehrere Entsendungen abdecken kann. Hierfür gibt es drei unterschiedliche Formulare, je nachdem, ob es sich um eine grenzüberschreitende Beförderung, eine Entsendung innerhalb eines Unternehmens oder die Bereitstellung durch eine Zeitarbeitsfirma handelt.

Ein Zeitplan für geplante Entsendungen wird nicht verlangt. Ein Exemplar der Bestätigung muss der Fahrer an Bord mit sich führen, das zweite wird vom Vertreter des Arbeitgebers oder vom Unternehmen, auch in digitaler Form, aufbewahrt. Die frühere Regelung, nach der Arbeitnehmer bei Kabotagetätigkeiten in einem Zeitraum von weniger als acht Tagen von der Entsendeerklärung befreit waren, ist mit Einführung der Entsendebestätigung ab 1. Juli abgeschafft.

Bußgeld von bis zu 750 Euro droht

Der Arbeitsvertrag, den der Fahrer bei Kontrollen präsentieren muss, muss nicht auf Französisch übersetzt sein – außer, er ist für eine Zeitarbeitsfirma unterwegs oder wird innerhalb einer Unternehmensgruppe entsandt. Dann muss er übersetzte Kopien der Verträge und der Überlassungsvereinbarung vorlegen. Treffen die Kontrolleure den Fahrer ohne Arbeitsvertrag an, wird eine Strafe von bis zu 450 Euro fällig, fehlt die Entsendebestätigung, kann das bis zu 750 Euro kosten.

Der Vertreter des Arbeitgebers, der bei Entsendungen nach Frankreich dort ernannt werden muss, soll als Verbindungsstelle zu den Kontrolleuren dienen. Dabei kann es sich um jede natürliche oder juristische Person handeln, die dann die entsprechenden Unterlagen – unter anderem über den tatsächlich ausgezahlten Lohn – bis zu eineinhalb Jahre nach Abschluss der Entsendung unverzüglich bereithalten muss.

Bei der Berechnung des Mindestlohns wird Folgendes berücksichtigt: der Mindestlohn je Stunde, Zuschläge für Überstunden sowie festgelegte Lohnzuschläge, eventuelle auch Überstundenzuschläge, Entschädigungen wie Auslandszulagen oder Sachleistungen. Nicht einbezogen werden Reise-, Unterkunfts- oder Verpflegungskosten einschließlich pauschal abgegoltener Beträge.

Kritik von Branchenverbänden

Der französische Mindestlohn war genauso wie der deutsche von Transportverbänden heftig kritisiert worden. Vor kurzem hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich eingeleitet und Deutschland, gegen das bereits seit über einem Jahr ein solches Verfahren läuft, zu einer weiteren Stellungnahme aufgefordert.

DSLV-Chef Huster kritisiert Abschottungspolitik

Kritik kommt etwa vom Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV). Dessen Hauptgeschäftsführer Frank Huster kritisierte erneut, dass grenzüberschreitende Güterverkehre im europäischen Binnenmarkt zunehmend behindert anstatt weiter vereinfacht würden: "Neue Verwaltungshürden schotten immer mehr nationale Märkte ab." Mit dem Mindestlohn in Frankreich wachse der Mindestlohn-Flickenteppich weiter. "Brüssel muss zügig Klarheit schaffen", forderte Huster.

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