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Mangel an Nachwuchs Fachkräftemangel in der Logistikbranche

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Speditionskaufleute und Berufskraftfahrer sind Mangelware. Das ist das Fazit des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) zur Arbeitsmarktsituation in der Branche.

Der Logistikbranche droht ein Fachkräftemangel. Dies ist das Ergebnis des zweiten Turnusberichts zur Arbeitsmarktsituation und den Arbeitsbedingungen in Güterverkehr und Logistik des Bundesamts für Güterverkehr (BAG). Doch nicht nur der Berufsstand der Kraftfahrer ist betroffen – auch bei den Speditionskaufleuten besteht laut BAG Handlungsbedarf. Dabei sieht es bei diesen, zumindest auf den ersten Blick, noch gut aus: Seit 1999 ist die Zahl der Speditionskaufleute in Deutschland kontinuierlich von rund 78.000 auf etwa 88.000 angestiegen. Die gute konjunkturelle Entwicklung bis 2008 ließ den Fachkräftebedarf allerdings kräftig anwachsen, insbesondere in den westdeutschen Bundesländern. Interessant ist der Blick auf die Altersstruktur. Denn seit 2005 gibt es einen Verjüngungstrend. So stieg die Zahl der Beschäftigten in der Gruppe der 25- bis 35-Jährigen weiter an, während sie in der Gruppe der 35- bis unter 50-Jährigen rückläufig war. Der Anteil der über 50-Jährigen stieg allerdings, besonders in den östlichen Bundesländern. Rund ein Viertel dieser Beschäftigten war im Erhebungszeitraum 50 Jahre oder älter. Ebenfalls interessant ist der Blick auf die Qualifikation: So hat sich der Anteil der Speditionskaufleute mit Abitur, Fachhochschul- oder Universitätsabschluss erhöht. Das schreiben die BAG-Experten in erster Linie dem steigenden Anforderungsprofil dieses Berufes zu, in dessen Mittelpunkt Kompetenzen in den Bereichen Kundenorientierung, betriebswirtschaftliche Qualifikationen, Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Fremdsprachen stehen.

Die zunehmend komplexer werdenden Logistikketten und die immer stärkere Verzahnung zwischen der Transportwirtschaft mit dem produzierenden Gewerbe weitet das Betätigungsfeld der Speditionskaufleute ständig aus und bezieht inzwischen die gesamten Warenfluss- und Informationsprozesse entlang der Wertschöpfungskette ein. Dabei werden Fremdsprachen, Planungs- und Organisationstalent sowie hohe Belastbarkeit immer wichtiger.  Das BAG macht an dieser Stelle jedoch ein Problem aus: Dem hohen Termin- und Wettbewerbsdruck stehe nämlich eine Entlohnung gegenüber, die teilweise deutlich unter dem anderer Branchen mit vergleichbarem Tätigkeits- und Verantwortungsbereich liege. Daher sei es kein Wunder, dass Speditionskaufleute aufgrund der vielseitigen und flexiblen Ausbildung für Unternehmen aus anderen Wirtschafts- und Industriebranchen interessant sind. Zumal dort die Verdienstmöglichkeiten und Karrierechancen oft besser sind. Eine zunehmende Herausforderung in den kommenden Jahren sehen die BAG-Experten in der Nachwuchsgewinnung von Berufskraftfahrern. Zwar sank die Nachfrage nach Fahrern infolge der Wirtschaftskrise und im Gegenzug stieg die Zahl der arbeitslos gemeldeten. So meldeten sich im März 2009 rund 128.000 Fahrer Arbeit suchend – was zudem den Höchststand des Vorjahres markiert. Dabei traf es laut der Studie vor allem Fahrer mit zeitlich befristeten Verträgen, Leiharbeiter sowie qualitativ schlechter eingeschätzte Fahrer. Andererseits versuchten viele Betriebe, qualifizierte Fahrer zu halten, um beim Aufschwung nicht in Schwierigkeiten zu kommen. Schließlich war bis 2008 der Bedarf an Fahrern so groß, dass in einzelnen Regionen ein Mangel herrschte.

Heute biete sich schon wieder ein ähnliches Bild: Denn bereits seit dem Frühjahr gehen Transportunternehmen – parallel zur ansteigenden Transportnachfrage – dazu über, ihre vor­übergehend stillgelegten oder abgemeldeten Fahrzeuge wieder einzusetzen. Damit steigt auch der Bedarf an Fahrern. Teilweise würden Unternehmen sogar wieder von Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung berichten, so das BAG. Seit April liegt die Arbeitslosenzahl der Kraftfahrzeugführer wieder unter dem Vorjahreswert und ist seitdem rückläufig. Im Juni suchten etwa 107.400 Lkw-Fahrer einen Job. Verantwortlich für das Nachwuchsproblem bei den Berufskraftfahrern sei vor allem die Altersstruktur. Mehr als ein Drittel wird in den nächsten 15 Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden. Erfreulicherweise erhöhe sich im Gewerbe zwar die Bereitschaft zur Ausbildung, unter anderem unterstützt durch das vom BAG betreute Förderprogramm Aus- und Weiterbildung. Ein Großteil der Unternehmen, vor allem kleinere, bilden nach wie vor keine Fahrer aus.

Begründungen führt die Studie einige auf: So halten viele den Ausbildungsbeginn mit 16 Jahren für zu verfrüht, weil die Auszubildenden für den Führerscheinerwerb – je nach Klasse – mindestens 17 oder 18 Jahre alt sein müssen. Darüber hinaus scheuen einige Unternehmen nach eigenen Angaben die Kosten der Ausbildung, vor allem die zum Erwerb des Führerscheins. Da der bisher oft als Qualifizierungsnachweis ausreichte, brachen Auszubildende häufig ihre Ausbildung nach erfolgreicher Führerscheinprüfung ab und nahmen einen anderen Job an. So sei es auch zu erklären, dass die bisherigen Zahlen neu ausgebildeter Berufskraftfahrer nicht ausreichen, um das altersbedingte Ausscheiden der älteren Beschäftigten zu kompensieren. Das Fazit des BAG-Berichts: Für die Unternehmen stellt die Nachwuchsgewinnung in den kommenden Jahren eine zunehmende Herausforderung dar – sowohl bei den Speditionskaufleuten als auch bei den Berufskraftfahrern.

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