European Truck Racing Championship 2020 Most Neue Kräfteverhältnisse

Truck Race Most 2020 Foto: Richard Kienberger 90 Bilder

Das lange Warten hat ein Ende. Iveco, MAN, Scania und Co. rasen wieder über die Rennstrecken. Erster Stopp der Truck-Race-Saison 2020: Most.

Am 6. Oktober 2019 wurde kurz vor 16 Uhr das amtliche Endergebnis des finalen Rennens der Saison 2019 veröffentlicht. Niemand hätte sich zu diesem Zeitpunkt träumen lassen, dass es 327 Tage und knapp 23 Stunden dauern würde, ehe wieder ein Ergebnis eines Truckrennens feststeht. Die Gründe sind hinlänglich bekannt, für viele Fahrer und ihre Teams war es trotz aller Umstände eine große Erleichterung, dass sie sich endlich wieder unter Rennbedingungen mit den Konkurrenten messen konnten. Dabei waren die Rahmenbedingungen alles andere als einfach. Denn die ETRA als Organisator der Rennen hielt sich strikt an die von der FIA vorgegebenen Regeln – und die sind beides, detailliert und rigide. 21 Seiten umfasste das Dokument, das die Voraussetzungen, unter denen eine Teilnahme erlaubt war, sowie den Ablauf des Rennwochenendes in Most (CZ) beschrieb.

Testfahrten in Most 2020
Die Race Trucks rollen wieder

Für die Truckrace-Teams und die „Offiziellen“ (also Rennkommissare, Orga-Team, Fotograf, TV-Crew usw.) wurde eine „high density zone“ definiert. In die kam man nur mit speziellen Armbändern. Wer in dieser Zone war, durfte beispielsweise nicht ins Media-Center oder in die Zuschauerbereiche. Pro Rennteam war eine Mannschaft von maximal acht Personen zugelassen. Und alle Personen, die Zugang zu dieser speziellen Zone hatten, mussten einen negativen Covid-Test vorweisen, der nicht älter als 96 Stunden war. Zudem sollten die Teammitglieder nicht wie gewohnt zum Plaudern oder Feierabendbier zu den Nachbarn gehen, sondern weitgehend unter sich bleiben. Selbstverständlich fielen auch die in den vergangenen Jahren von der ETRA eingeführten Programmpunkte wie Fan-Village oder Autogrammstunden am Samstag und Sonntag den strengen Regeln zum Schutz der Beteiligten zum Opfer.

Und dann war da noch der Pechvogel des Wochenendes: André Kursim verletzte sich unmittelbar vor der Abreise nach Most bei einem Arbeitsunfall, so dass das Don’t Touch Racing-Team von Sven Walter den Start der Saison 2020 nur in Berlin am Bildschirm verfolgen konnte.

Kiss im MAN erstaunlich stark

Zu den Dingen, die in Most anders waren als gewohnt, gehört überraschenderweise auch die Reihenfolge, in der die Fahrer auf den Ergebnislisten auftauchten. Es war schon ein wenig überraschend, mit welcher Verve der ungarische Ex-Europameister Norbert Kiss in den späten Saisonbeginn einstieg. Kiss dominierte mit seinem neu aufgebauten MAN am Freitag und Samstag das Starterfeld beinahe nach Belieben. Jochen Hahn verbirgt vor allem negative Emotionen gerne hinter einem Pokerface – doch an subtilen Nuancen ließ sich erkennen, dass er mit einem derartigen Auftritt des Konkurrenten nicht gerechnet hatte. Im zweiten freien Training überbot Kiss die Bestzeit des Rekord-Europameisters um sieben Zehntel minus eine Tausendstel Sekunde. Auch in den beiden Superpoles am Samstag und Sonntag lieferte der Fahrer des roten MAN die Top-Zeiten ab. Das erste Championship-Race des neuen Jahres ging dann wenig überraschend an Kiss. Hahn lag als Sandwich zwischen zwei MAN-Fahrern, denn auch der drittplatzierte Sascha Lenz trumpfte an diesem Wochenende stark auf. Im zweiten Rennen fuhr der Ungar furios auf Rang 3 vor, erhielt aber wegen Overspeed eine Zeitstrafe, so dass Jochen Hahn zum zweiten Mal an diesem Wochenende mit einer Trophäe bedacht wurde. Ganz oben auf dem „Stockerl“ stand da am späten Samstagnachmittag zur Freude der tschechischen Fans – rund 4.000 in verschiedenen getrennten Sektoren waren zugelassen ­– Lokalmatador Adam Lacko, dem der zweitplatzierte Sascha Lenz mächtig eingeheizt hatte.

Alte Normalität: Mieses Wetter in Most

Am Sonntag war dann wieder etwas wie gewohnt – nämlich das Wetter in Most. Gefühlt ist das in den meisten Jahren noch schlechter als das berüchtigte Eifelwetter am Nürburgring. Zeittraining und Superpole gingen noch bei regulären Bedingungen über die Bühne, doch das dritte Championshiprace wurde in der vierten Runde abgebrochen und nach längerer Unterbrechung neu gestartet (so spät, dass Rennen 4 gestrichen werden musste). Sascha Lenz zeigte hier erneut eine famose Leistung. Weil Norbert Kiss in den letzten Runden einmal etwas zu forsch unterwegs war und auf dem nassen Asphalt ausrutschte, freute sich der Deutsche über den ersten Triumph in dieser ungewohnten Saison. Zweiter wurde Lacko, Kiss sicherte sich Rang drei vor Hahn.

Neue Junior-Klasse für die Rookies

In der „Junior-Klasse“ – offiziell ist das in diesem Jahr wieder der Promoter’s Cup – gibt es erfrischend viele neue Gesichter. Hier kämpfen die Neueinsteiger Teo Calvet, Steffen Faas (mit seinem schicken neuen Scania), die junge Aliyyah Koloc, Clemens Hecker und Lukas Hahn (startet Race-by-Race) mit den Routiniers Jamie Anderson und Luis Recuenco um die Punkte. Erfahrung triumphierte in Most (noch?) über die Newcomer, Jamie Anderson führt nach dem ersten Wertungswochenende die Tabelle vor Steffen Faas, Lukas Hahn und Teo Calvet an.

Ausblick: Wie geht es 2020 weiter?

Wie geht es weiter in der European Truck Racing Championship? Wie auch im „richtigen Leben“ ist aufgrund der dynamischen Entwicklung der Pandemie nichts sicher in der Rennserie. Das für das zweite Septemberwochenende geplante Rennen in Zolder musste abgesagt werden. Es ließ sich vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Belgien nicht durchführen. Ein Problem für viele Rennteams sind die länderspezifischen Regelungen. So müssen beispielsweise alle britischen Teilnehmer bzw. Offiziellen nach Most zwei Wochen in Quarantäne gehen, sofern sie nach Hause reisen. Für die Formel 1 mögen diese Vorschriften kein Problem sein – doch Truckracing ist größtenteils ein Sport mit Amateuren geblieben. Einige Fahrer und viele Teammitglieder sind nur am Wochenende bzw. in ihrer Freizeit dabei und müssen nach dem Rennwochenende wieder ihrem Beruf nachgehen – eine zweiwöchige Auszeit ist hier undenkbar. Andererseits: Nachdem das Auftaktwochenende jetzt trotz schwieriger Bedingungen erfolgreich gemeistert wurde, war am Sonntagabend doch viel Zuversicht zu spüren, dass man sich in den nächsten Wochen oder Monaten noch einige Male treffen wird.

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