Europa Truck Trial Nasses Finale und strahlende Gesichter

ETT Foto: Robert Eberlein 53 Bilder

HK-Teamchef Hermann Kreyenberg grinste über’s ganze Gesicht wie ein griechischer Finanzbeamter, der zum ersten Mal seit Jahren wieder einen Steuereuro einnimmt. Oder besser: zwei Euro. Denn Gerade hatten zum einen seine „Engelbändiger“-Jungs Patrick Töpfer und Christian Müller den Titel in der Königsklasse S5 eingefahren. Plus Sahnehäubchen: Die doppelstartenden „3 Engel von HK“ hatten sich die Bronzemedaille in der EM gesichert.

S 5 baut Balkone Die entgegen gesetzte Gefühls-Mimik spiegelt sich bei bei HS-Schoch-Chef Hermann Schoch. Dessen Team hat den Titel nicht erfolgreich verteidigt - trotz tiefem Griff in die Trickkiste. Angesichts der knappen Ausgangslage in der S5 nach dem vorletzten Lauf in Voitsberg - HK drei Punkte vor HS - brachen die Lauchheimer mit der Tradition, ihr Auto nicht im Doppelstart einzusetzen. Sie reaktivierten den Ex-Europameister Rudi Reicher. Der sollte sich möglichst zwischen die - hoffentlich führenden - Marcel Schoch und Johnny Stumpp schieben und so mindestens vier Punkte und damit einen Punkt Vorsprung für das HS-Team sichern. Teil eins der Rechnung ging dann auch auf: Schoch/Stumpp holten den Laufsieg in Lakitelek. Jetzt musste Reicher aufs Treppchen. Was auch gelang, allerdings auf die falsche Stufe. Denn obwohl Mercedes-Mann Reicher mit dem MAN überraschend gut zurecht kam, reichte es für ihn nur zum dritten Platz. 330 Strafpunkte fehlten an Platz zwei. Den holten die HK-Engelbändiger, gerade mal 68 Strafpunkte hinter dem HS-Schoch Team. Die Duisburger Balkonbauer sicherten sich nach dem Vizetitel in 2009 die 2010er Meisterschaft mit dem denkbar knappen Vorsprung von einem Meisterschaftspünktchen! Pikaterie am Rande: Würde es das - in der Ära Schoch abgeschaffte - Streichresultat noch geben, wäre das Team des EM-Mitveranstalters vorne gewesen. Denn HS hätte die vier Punkte von Crailsheim eliminiert während HK als schlechtestes Ergebnis den dritten Platz von Emmen, sechs Punkte, hätte streichen müssen. Mit drei Laufsiegen hätten die Süddeutschen dann die Stoßstange vorn.

In Voitsberg hatte „Erzengel“ Enrico Grätz  seinem Vater-Tochter-Konkurrenzteam angekündigt, ihnen den Anspruch auf Platz drei zusammen mit den „Engeln für HK“ streitig machen zu wollen. Nun holte die zweite HK-TruppeInnen den Bronzeplatz sogar kampflos: Das Dexter-Team von Olaf Grätz war nicht nach Ungarn angereist.

S4 Nimm ZweiNicht angereist war auch der große Teil der S4-Starter. Noch nicht einmal ein komplettes Podium brachte diese sportlich so attraktive Klasse zusammen. Leider keine neue Situation: bei der Hälfte aller Läufe waren Titelverteidiger Jan Borzym und Vize Hermann Anzini/Hubert Huemer allein in der Klasse. Die beiden freundschaftlich verbunden „Erzgegner“ entschädigten für fehlende Masse mit spektakulärem Sport, schenkten sich während der Saison in den Sektionen nichts. Bei fünf Punkten Vorsprung nach dem Lauf in Voitsberg war aber schon vorzeitig klar, dass der Thüringer Jan Borzym trotz wechselnder Beifahrer den Titel erfolgreich verteidigen würde. In Österreich und Ungarn schwang sich Reimar Korn als Schwangerschaftsvertretung für die Borzym-Lebensgefährtin Nicola Gerber auf den heißen Sitz und machte einen guten Job. Meisterschaftsdritter wurde mit drei Starts und zwei Podiumsplätzen das Team von Philipp aus dem Hanfbachtal mit dem Faun-Oldie. Auch der Rheinländer war nicht nach Ungarn gekommen.

S3 ohne zweiEbenfalls durch Abwesenheit glänzte die Trial-Familie Heidenreich. Papa Udo war mit vier Siegen bei vier Starts bei den ersten vier Läufen der Klasse S3 ohnehin vorzeitig nicht mehr einzuholen. Sohnemann Sascha lag ebenso eindeutig auf Platz zwei, hatte aber die Rechnung ohne das Zebra-Zil-Offroadteam aus Amstetten in Österreich gemacht. Die Crew um Fahrer Bernhard Fuchs nutzte die Abwesenheit der Franken und punkteten sich mit einem Sieg in Voitsberg und Platz zwei beim Finale, hinter Sieger und Ex-Meister Sedro Team, auf Gesamtrang zwei vor Heidenreich junior. S2 Grand mit DreienKnappe Punkteabstände in der Meisterschaftstabelle machten das Finale in der heiß umkämpften Klasse S2 zu einer spannenden Angelegenheit: Die tschechischen Titelverteidiger Prazak/Vodicka führten mit 38 Zählern vor den Kaßen-Brüdern (35) und Grafe/Böhning (32). Wie schon in Voitsberg legten die Tschechen bei ihrem nach eigener Aussage 93sten (!) Trial inklusive der nationalen Meisterschaft und DTTM-Teilnahmen einen spektakulären Stil an den Tag. Wie schon am Wochenende zuvor, ließen sie sich von den schwierigen äußeren Bedingungen nicht beeindrucken. Außerdem kamen sie mit den neuen Reifen auf ihrem Mog offenbar sehr gut zurecht. So gut, dass sie ihre Kontrahenten mit einem 500-Punkte-Abstand geradezu deklassierten. Aus dem Führungstrio schmierten lediglich Grafe/Böhning ab und belegten in der Laufwertung Platz fünf. Am Ende blieb es bei der gekannten Reihung: Prazak/Vodicka verteidigen den Titel erfolgreich vor Bernd und Christoph Kassen und Jörg Grafe/Andreas Böhning.

S1 an Grande NationEin Franzose wird Titelträger in der kleinen Klasse - das war schon vor dem Finale klar. Aber wer? Team Manent führte mit 43 Zählern vor Team Courbis mit 37. Rechnerisch ging hier auch für die Zweitplatzierten also noch etwas. Ähnlich die Ausgangslage für Platz drei: der „Tussimog“ aus Cloppenburg oder das Team Dauphi-Drome aus Frankreich, mit einem Punkt Vorsprung ins Finale gestartet. Heftiger Kampf, starke Fahrmanöver und sogar Stürze (Tussimog, Courbis) prägten neben einer guten Klassen-Stimmung die S1. Am Ende reichten Franck Manent und Co Jean Paul Cellier ein dritter Platz für den Titel. Auf Platz zwei „Tussie“ Angelika Völkerink zusammen mit Vertretungs-„Sozia“ Papa Frido Kassen. Sieger beim Lauf in Lakitelek wurden Richard Courbis und Julien Massot. Die zehn Punkte reichten aber nicht für den Titel. Hier fehlten zwei Pünktchen. Der Doppelsieg der „Grande Nation“ hätte sogar ein Triple werden können. Doch Platz vier für die Dauphi-Drome-Jungs Roger Bolze und Alain Heyraud beim Lauf reichte dann auch nur zur gleichen Platzierung in der Meisterschaft. Am Rande der Meisterfeier wurde bekannt, daß Angelika Völkerink mit dem Erfolg des dritten Platzes ihren Rücktritt vom Trialsport erklärt. Ihren ersten Start hatte Angelika Völkerink im Jahr 2000. Protos mit MinimalbesetzungKurioses bei den Prototypen. Wolfgang Bülles und Oliver Enders - obwohl als Meister schon feststehend - waren nach Ungarn gekommen. Irgendwoher hatten die ungarischen Veranstalter auch einen Mitstreiter in Form des Metall-kurir kft-Teams aufgetrieben. Der hatte zwar niemals zuvor eine Trial-Sektion von innen gesehen und sein Auto ähnelte stark einem - eigentlich im Truck Trial verbotenen - Geländewagen. Den Beteiligten machte es aber offensichtlich Spaß, und so waren letztlich die Sieger Bülles/Enders nicht „allein zu Haus“. Und mit einem Start und dem daraus resultierenden zweiten Platz dürfen sich die Ungarn jetzt sogar „EM-Vierte“ nennen! Zweite wurde das Team Enders/Bülles - aus der Not geboren als Doppelstarter mit getauschten Plätzen, sonst mangels Konkurrenz keine Wertung - vor den Franzosen vom Team JCC Mog mit Fahrer Jean-Claude Chappeluz. Ärger am Rande: warum sie das Engagement der alten und neuen P1-Meister aus Deutschland dann nicht mit der - sonst üblichen und in allen anderen Klassen gespielten - deutschen Nationalhymne geehrt haben, bleibt ein Geheimnis der Veranstalter.Wo ist Auinger? Diese Frage rauschte am Freitag durchs abgesoffene Lakitelek-Fahrerlager. Alt- und Rekordmeister Sepp A. musste wegen einer Erkrankung seiner beifahrenden Ehefrau Elisabeth den letzten Lauf schweren Herzens sausen lassen - und damit die zumindest theoretische Chance auf seinen zwölften Titel. Doch jetzt hatte das Funke Vital-Team das „Bülles-Problem“: kein zweiter Starter bei den großen Prototypen weit und breit in Sicht! Da sprang EM-Mitveranstalter Charly Alfers in die Allrad-Bresche und klemmte sich hinters Proto-Lenkrad. Zusammen mit Funke-Tochter Marie (im Rheinland auch „Funke-Mariechen“ genannt) fühlte sich der Cloppenburger zwischen drei Allrad-gelenkten Achsen und diversen Hydraulik-Hebeln sichtlich wohl. Am Titel für Funke konnte und wollte er natürlich nicht rütteln. Der 21. Europa Truck Trial ist damit Geschichte. Unterm Strich bleibt die Erinnerung an eine teilweise unter Startermangel leidende, sportlich aber hochwertige Meisterschaft. Mit Läufen in fünf europäischen Ländern und Titelträgern aus Tschechien, Frankreich, Österreich und Deutschland unterstreicht diese Meisterschaft auch ihren internationalen Anspruch. Trotzdem sollten schwindendes Interesse der Medien und Zuschauer neben der zurück gehenden Teilnehmerzahl Anstoß dafür sein, über eine „Modernisierung“ dieser im Kern attraktiven Motorsportvariante nachzudenken.

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