Eröffnung der Akasol Gigafactory 1 Borg Warner-CEO Frédéric Lissalde im Interview

Foto: Michael Moenning

Frédéric Lissalde, CEO von Borg Warner, sprach anlässlich der Eröffnung der Akasol Gigafactory 1 in Darmstadt mit uns über die Elektrifizierung seines Konzerns.

Warum passt für Sie eine solche Fabrikeröffnung so gut in die Zeit heute?

Lissalde: Sie passt sehr gut, weil gerade sehr viele Unternehmen viel Kommunikation betreiben in Sachen Elektromobilität und behaupten, sie würden bald das Rennen machen. Hier haben wir aber ein Unternehmen, das tatsächlich und ganz aktuell schon das Rennen macht und seine Produkte an Global Player verkauft! Man trifft also auf die Wirklichkeit, nicht auf schöne Versprechungen. Genau das hat uns sehr gefallen, als wir uns auf dem Gebiet der Batterieunternehmen umgeschaut haben.

Lesen Sie auch Akasol Batterie-Gigafactory für Nfz Was waren die weiteren ausschlaggebenden Faktoren, die für Akasol sprachen und wie lange haben Sie einen solchen Partner gesucht?

Lissalde: Bei Akasol gibt es begeisterte Mitarbeiter, die alle sehr unternehmerisch denken. Sie haben hervorragende Produkte und verkaufen diese an führende Unternehmen wie Daimler Trucks, Volvo Trucks oder Alstom. Wir schauen uns dauerhaft nach guten Partnern um, ganz in Sinne unserer erklärten Strategie „Charging forward“, nach der wir unsere eigene Evolution in Richtung Elektrifizierung vorantreiben und aus dem eigenen Cashflow finanzieren. Dabei geht es uns vor allem um zwei Kriterien: erstens geht es um neue Technologie, die wir bisher nicht im Unternehmen haben, zweitens geht es um die potenzielle Skalierung von Leistungselektronik auf drei Kontinenten – in diesem Bereich ist die Größe absolut entscheidend, noch mehr als das beste Produkt zu haben. Akasol ist ein gutes Beispiel hierfür: für manche Märkte braucht man eine regionale Präsenz für einen neuen Kunden, durch unsere Organisation können wir hierfür Türen öffnen für eine lokale Produktion. Das sind genau die Synergien, die wir anstreben, und die gut sind für das Wachstum unserer neuen Partner. Und darüber hinaus ist es gut für die Welt, die dadurch sauberer und energieeffizienter wird.

Könnte es also auch sein, dass Sie den US-Standort Hazel Park mittelfristig in Ihr Produktionsnetzwerk integrieren?

Lissalde: Nein, so gehen wir in der Regel nicht vor, es ist eine reine Akasol Fabrik. Borg Warner ist einer der größten Autozulieferer der Welt und wir sind sehr dezentralisiert. Wir haben sechs Geschäftseinheiten, die weltweit produzieren. Wir zählen dabei voll und ganz auf die Mitarbeiter an der Front (on the ground), wir wollen genau diesen unternehmerischen Geist aufrechterhalten. Das habe ich auch gerade den Akasol-Mitarbeitern in einer Botschaft mitgeteilt. Wir wollen diese Mitarbeiter nicht blockieren, sondern wollen sie aufblühen sehen, sie stärker machen. Wir vertrauen den Mitarbeitern, lassen deren Geschäftsbereiche die Verantwortung für Gewinne/Verluste, helfen ihnen aber, ihre Ziele zu erreichen, und machen sie zu Global Playern. Das Unternehmen behält also seine Autonomie und die Hierarchien bleiben dank der hohen Dezentralisierung sehr flach.

Welche Bedeutung hat der Nutzfahrzeugbereich bei Borg Warner?

Lissalde: Wir machen rund 2 Mrd. Dollar Umsatz in diesem Bereich, der sich aus den Bereichen „On Highway“, „Trucks (class 4)“, „Buses“ und „Off Road“ zusammensetzt. Wir haben also alle nötigen Verbindungen in die globale „Verbrenner-Welt“, und Akasol bringt nun die Batterietechnik mit ein. In dieser Kombination kann Akasol dann schneller wachsen als alleine und das in breiter Skalierung. Nicht zu vergessen ist unsere Expertise im Customer Management und Qualitätskontrolle, von der Akasol ebenfalls profitieren kann.

Welche anderen Bereiche gehören noch zu Ihrer Elektrifizierungsstrategie?

Lissalde: Es ist unser strategisches Ziel, alle Hauptkomponenten anzubieten, um Nutzfahrzeuge zu elektrifizieren, von stationären Ladestationen bis hin zum Antrieb der Räder. Wir bieten keine E-Achsen an, aber sogenannte Integrierte Antriebsmodule für Pkw, die gesamte Leistungselektronik und Wechselrichter bis hin zu den Batterieheizern, die nötig sind für das Temperaturmanagement. Für Nutzfahrzeugflotten sehen wir einen komplett anderen „Mindset“ als im Pkw-Bereich, es braucht hier vielmehr schlüsselfertige Komplettlösungen, denen die Unternehmen vertrauen können und Expertenrat für den Betrieb. Wir öffnen also ein Fenster zu einer neuen Landschaft, die aber völlig umgestaltet werden muss. Und hierfür sind wir mit Akasol sehr gut positioniert aus meiner Sicht.

Wird es einen Zeitpunkt geben, wann die Elektrifizierung die Hauptrolle spielen wird in Ihrem Unternehmen?

Lissalde: An diesem Punkt sehe ich uns derzeit noch nicht. Wir müssen bedächtig und ausgewogen vorgehen. Wir glauben, dass der Nutzfahrzeugbereich etwa fünf bis sieben Jahre hinter dem Pkw-Bereich ist mit der vollen Elektrifizierung. Weiter glauben wir, dass es zuerst die Busse sein werden, die elektrisch fahren werden. 2030 denken wir, wird die gesamte Automobilproduktion zu 30 Prozent elektrifiziert sein. Danach könnten auch andere Technologien eine Rolle spielen, wie zum Beispiel Wasserstoff. Hier könnten wir sogar organisch wachsen, da wir auf dem Gebiet der Einspritzung von alternativen Kraftstoffen führend sind. Wir sind Antriebs-Menschen und schauen uns alles an, was bewegt. Man sollte den eingeschlagenen Weg der reinen Elektromobilität nicht ignorieren, aber das heißt nicht, dass es keine Alternativen geben wird. Andere Dinge können passieren und wir möchten Teil davon sein!

Wird China auch ein Markt für Akasol werden?

Lissalde: China ist ein sehr spezieller Markt mit eigener Batterietechnologie auf LFP-Basis. Bei dem hohen Grad der Entwicklung, den Akasol schon erreicht hat, sollte es für sie kein Problem sein, LFP (Lithiumeisenphosphat)-Batterien dem Portfolio hinzuzufügen. Diese Technik ist günstiger in der Investition, über die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit aber kann man heute noch keine definitiven Aussagen machen, denke ich. Es wird ein riesiges Portfolio an Lösungen geben weltweit, und nur der Hersteller wird die Nase vorne haben, der in all diesen Bereichen eine Technologieführerschaft hat und das in allen Märkten.

Welchen Einfluss hatte die Energiewende der Biden-Administration auf Ihre Strategie?

Die Regierung Biden hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, dass bis 2030 die Hälfte aller in den USA verkauften Fahrzeuge Elektrofahrzeuge sein sollen. Wir sind ein globales Unternehmen, und jedes Land befindet sich auf diesem Weg an einem anderen Punkt, wie wir bereits erwähnt haben. Unsere Strategie „Charging Forward“ und ein verstärkter Fokus auf Elektromobilität spielen eine wichtige Rolle bei der globalen Verwirklichung unserer langjährigen Vision von einer sauberen, energieeffizienten Welt. BorgWarner hat sich dieser Vision verschrieben und sich beispielsweise im Rahmen von „Charging Forward“ selbst dazu verpflichtet, bis 2035 CO2-neutral zu sein.

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