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Erbschaftssteuer Mit Spannung erwartet

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Die Reform der Erbschaftssteuer kommt. Doch welche Folgen hat sie für die Unternehmen? Darüber will die Bundesregierung noch 2015 entscheiden.

Vorsichtig erleichtert reagierten diverse Unternehmensverbände auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftssteuer. Im Kern hat es bestätigt, dass auch künftig der Gesetzgeber bestimmte Betriebe, die den Besitzer wechseln, durch Steuerbefreiung entlasten darf.

Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Zwar kann der Bund im Prinzip beim Steuerrecht selbst entscheiden, welche Dinge wie hoch besteuert werden sollen. Ausnahmen dürfen jedoch nicht zur Regel werden und müssen gut begründet sein, stellten die Richter klar, vor allem bei hohen Summen. Starke Ungleichbehandlung könnten künftig strenger kontrolliert werden, warnt das Gericht.

Die Steuerbefreiung beim Kauf kleiner Unternehmen bis 20 Mitarbeiter hat das Gericht auch einkassiert, da weit über 90 Prozent aller deutschen Betriebe in diese Kategorie fallen und diese so "fast flächen­deckend die steuerliche Begünstigung ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen beanspruchen" könnten. Der Verwaltungsaufwand für Nachweis und Kontrolle der Mindestlohnsumme sei vertretbar. Wenn überhaupt, sollten nur Betriebe "mit einigen wenigen Beschäftigten" dieses Privileg genießen. Der Gesetzgeber muss also nachbessern. Doch welche Folgen hat dies auf das problematische Thema Unternehmensnachfolge?

IHK berät umfassend

Mit einer neuen Broschüre will die IHK Nordwestfalen Juniorchefs Appetit auf den Unternehmenseinstieg machen. Sie stellt darin zwölf Beispiele einer gelungenen Unternehmensnachfolge vor. In der Region suchen jedes Jahr rund 800 Unternehmer mit insgesamt 12.000 Mitarbeitern einen fachlich kompetenten, menschlich qualifizierten Nachfolger. Die Nachfolge zu managen sei ein hochkomplexer Prozess – denn es gilt, die Altersvorsorge zu regeln, den Unternehmenswert zu ermitteln, Erbansprüche zu prüfen sowie Finanzierungskonzepte, Gutachten und Zeitpläne zu erstellen. Die Erfahrung der IHK dabei: "Je eher die Planung anläuft, desto größer sind die Erfolgschancen." Das Thema ist so wichtig, dass die IHK dazu umfassend berät, die Homepage bietet einen ersten Einstieg ins Thema.

In Baden-Württemberg stehen laut dem Insitut für Mittelstandsforschung bis 2018 rund 19.000 Unternehmen zur Übergabe an. "Wichtig ist jetzt, dass wir schnell rechtssichere Regelungen bekommen", fordert der dortige IHK-Präsident Georg Fichtner mit Blick auf die Nachbesserungen. "Eine akzeptable Belastung, dauerhafte Rechtssicherheit und wenig Bürokratie müssen die Leitlinien der weiteren Überlegungen bilden", fügt er mit Blick auf die Erbschaftssteuerreform an.

Eine lange Hängepartie im Gesetzgebungsverfahren will auch das zuständige Bundesfinanzministerium (BMF) vermeiden. Im ersten Schritt treffen sich demnächst die Finanzexperten von Bund und Ländern zur Abstimmung. Sie erarbeiten einen Referentenentwurf, der auch den Arbeitgeberverbänden vorgelegt wird. Dann verabschiedet der Bundestag den Gesetzesentwurf und die Länderkammer muss mehrheitlich zustimmen. "Im Laufe des Jahres 2015", sagte ein BMF-Sprecher, "sollen Ergebnisse möglichst schon vorliegen." Auf keinen Fall wolle man bis Mitte 2016 warten.

Kein bürokratisches Monster erschaffen

DIHK-Steuerchef Rainer Kambeck erwartet vom neuen Gesetz eine praxisgerechte Definition von "großen" Unternehmen, "die sich an den Gegebenheiten der Unternehmensstrukturen in Deutschland und der verschärften internationalen Wettbewerbssituation der Unternehmen orientiert". Er warnt davor, dass sich gerade in großen Betrieben Steuermehrbelastungen negativ auf Investitionen und in der Folge auf Arbeitsplätze auswirken könnte. Für die erforderliche Bedürfnisprüfung müsse die besondere Kapitalbindung und Vertragsstruktur in Familienunternehmen berücksichtigt werden. Jeder zweite Unternehmenskäufer habe zurzeit große Probleme, den Kaufpreis und erforderliche Modernisierungsinvestitionen zu finanzieren, so der DIHK. Dabei helfe auch die Niedrigzinsphase nicht.

Grundsätzlich positiv bewertet Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV), das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, da steuerliche Privilegien für kleine und mittlere Unternehmen zur Sicherung ihres Bestands und Erhaltung der Arbeitsplätze mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar seien. Die Bedürfnisprüfung dürfe aber nicht zum bürokratischen Monster werden.

"Die Vererbung von Betriebsvermögen für die mittelständisch geprägten Speditions- und Logistikunternehmen darf nicht zu einem Substanzverzehr des Eigenkapitals oder einer Schwächung der Investitionskraft führen, sondern muss auch künftig steuerbegünstigt bleiben", fordert Huster. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens will sich der DSLV dafür einsetzen, dass "die Anforderungen des Verfassungsgerichts an die Einhaltung einer Mindestlohnsumme für Kleinbetriebe bis zu 20 Mitarbeitern angemessen und erfüllbar ausgestaltet werden".

Das Urteil im Detail

  • Das Erbschaftssteuergesetz ist zum Teil verfassungswidrig.
  • §§ 13a und 13b ErbStG können zu starken Ungleichbehandlungen führen und widersprechen damit dem Grundgesetz (Art. 3, Abs. 1)
  • § 13a betrifft die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an
  • Kapitalgesellschaften, § 13b begünstigtes Vermögen und § 19 die Steuersätze
  • Der Gesetzgeber muss bis 30. Juni 2016 eine Neuregelung treffen. Diese kann rückwirkend erfolgen.
  • Die Privilegierung betrieblichen Vermögens kleiner und mittlerer Unternehmen ist grundsätzlich zulässig. In der Praxis dürften jedoch nur noch Kleinstbetriebe mit deutlich weniger als 20 Mitarbeiter ohne Lohnsummenpflicht weitergegeben werden. Die Behaltensfrist von fünf oder sieben Jahren darf so bleiben.
  • Größere Unternehmen müssen ihr Bedürfnis nach Steuerbefreiung nachweisen.
  • Die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 Prozent ist unverhältnismäßig und widerspricht dem Grundgesetz (Art. 3, Abs. 1). Sie begünstigt das Verlagern privaten Vermögens in betriebliches eher, als dies zu unterbinden.
  • Die Verschonungsregelung ist verfassungsrechtlich in Ordnung. Sie soll vor allem Familienunternehmen vor steuer-bedingten Liquiditätsproblemen schützen. Cash-GmbHs sind künftig explizit davon ausgenommen.
  • Die Festlegung der begünstigten Vermögensarten wird nicht beanstandet.
  • Der Gesetzgeber soll künftig eine zielgenaue Förderung sicherstellen.
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