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Energie-Audit Auch mal den Stecker ziehen

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Viele Unternehmen müssen ab Dezember ein Energie-Audit vorweisen. Das Audit soll dazu dienen, Sparpotenziale zu erkennen und zu nutzen.

Zum 5. Dezember 2015 wird es ernst. Zu diesem Datum sieht das Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) vor, dass alle Unternehmen, die laut EU-Definition kein kleines und mittelständisches Unternehmen (KMU, siehe Kasten) sind, ein Energie-Audit umgesetzt haben müssen.
Es gibt zwar Alternativen, die allerdings jeweils spezifische Herausforderungen mit sich bringen. "Statt eines Energie-Audits ist auch das Einführen eines Energie-Management-Systems nach ISO 50001 oder Umwelt-Management-Systems nach EMAS möglich", sagt Prof. Dr. Dirk Lohre, Leiter des Instituts für Nachhaltigkeit in Verkehr und Logistik (INVL) der Hochschule Heilbronn. Wobei sich nicht pauschal sagen lasse, welcher Weg für einen Logistikdienstleister der richtige ist. So gibt es zwar Überschneidungen – aber dann eben auch wieder unterschiedliche Schwerpunkte.


Das Energie-Audit ist sozusagen das Einsteigermodell. Dabei müssen im Vorfeld alle Energieverbräuche erfasst und dokumentiert werden. "Zum Erfassen gehört dann nicht nur die Stromabrechnung, sondern eben auch die Aufschlüsselung, wie viel Strom der einzelne Computer verbraucht hat", erklärt Lohre. Um diesen Aufwand zu minimieren, hat die EU sogar entsprechende Datentabellen entwickelt, aus denen man die durchschnittlichen Verbräuche herauslesen kann. "Ungeschickt ist es allerdings, wenn es zu Differenzen mit dem tatsächlichen Stromverbrauch kommt. Im unglücklichsten Fall muss dann mit Stromzählern gearbeitet werden, um den tatsächlichen Verbrauch zu ermitteln", erläutert Lohre.

Hinzu zählt natürlich auch der Spritverbrauch aller Fahrzeuge im Unternehmen. "Allerdings nur die Lkw und Pkw, die zur eigenen Firmenflotte gehören. Der Verbrauch von Subunternehmern muss hier nicht berücksichtigt werden", sagt der Wissenschaftler. Ist die Erfassung geglückt und das Audit erfolgreich abgeschlossen, hat das Unternehmen theoretisch erst mal vier Jahre lang Ruhe. "Wer sich dann allerdings zurücklehnt, fängt dann vor dem nächsten Energie-Audit wieder bei null an."

Anders sieht es da mit einem Energie-Management-System nach ISO 50001 aus. Denn das ist auf einen langfristigen, kontinuierlichen Prozess ausgelegt. Zudem ist es die logische Fortführung des Umweltmanagements nach ISO 14001, welches in der Logistik ohnehin schon viele Unternehmen umgesetzt haben und mit dem es auch einige Überschneidungen gibt.

Des Weiteren gibt es die Option, sich nach EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) validierenen zu lassen. Dabei handelt es sich um eine EU-Norm, die nicht ausschließlich auf den Energieverbrauch abzielt, dafür beispielsweise den Wasserverbrauch oder auch die Luftverschmutzung in den Fokus rückt.

Hinzu kommt, dass ein ­Unternehmen, das nach EMAS validiert ist, eine Umwelterklärung veröffentlichen muss, die von einem Gutachter geprüft wird. Darin enthalten sind unter anderem die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf die Umwelt sowie die weiteren Ziele. "Da es sich bei EMAS um eine europäische Norm handelt, ist diese Validierung für global tätige Logistiker eher schwierig, da ansonsten kaum bekannt", erläutert Lohre.

Der Stichtag 5. Dezember gilt übrigens lediglich für das Energie-Audit, das bis dahin stattgefunden haben muss. Bei den Zertifizierungen ISO 50001 und EMAS sieht das anders aus. "Hier muss lediglich ein erkennbarer Weg eingeschlagen sein", erklärt Lohre. Dafür seien diese Zertifizierungen dann wieder an anderer Stelle aufwendiger. "Die beste Lösung gibt es nicht. Welcher Weg der richtige ist, hängt vom Unternehmen ab – vor allem aber von dem Weg, den die Verantwortlichen einschlagen wollen", sagt der Wissenschaftler.

Einen Gedankenaustausch dazu gibt es am 11. November 2015. Dann veranstaltet das INVL der Hochschule Heilbronn in den Räumlichkeiten von Dekra und mit Unterstützung von trans aktuell in Stuttgart einen Runden Tisch zum Thema Energie-Audit. Dort können sich Praktiker zu ihren Erfahrungen austauschen.

Wer gilt als KMU?

Für die Einstufung eines Unternehmens als KMU ausschlaggebenden Faktoren sind die Zahl der Mitarbeiter sowie entweder die Umsatz- oder die Bilanzsumme.
Kleinstunternehmen: weniger als zehn Mitarbeiter, höchstens zwei Millionen Euro Umsatz oder Bilanzsumme
Kleinunternehmen: weniger als 50 Mitarbeiter sowie maximal zehn Millionen Euro Umsatz oder Bilanzsumme
Mittleres Unternehmen: weniger als 250 Mitarbeiter sowie höchstens 50 Millionen Euro Umsatz oder 43 Millionen Euro Bilanzsumme

Einladung zum Erfahrungsaustausch

Das INVL der Hochschule Heilbronn veranstaltet am 11. November in den Räumlichkeiten der Dekra-Hauptverwaltung in Stuttgart einen Runden Tisch zum Thema Energie-Audit. Mit von der Partie sind Ruben Gotthardt (Forlogic), Uwe Schöttner (Dekra), Markus Walke (DSV) und Tobias Jüchter (Hellmann), die über die Rahmenbedingungen beziehungsweise ihre bisherigen Erfahrungen berichten. Mit dabei ist auch trans aktuell als Medienpartner. Die Redaktion freut sich auf Ihre Teilnahme! Weitere Infos gibt es bei der Hochschule Heilbronn: invl@hs-heilbronn.de oder direkt bei Dirk Lohre (dirk.lohre@hs-heilbronn.de). Die Zahl der Teilnehmer ist begrenzt.

Anforderungen ans Audit

Das Energie-Audit muss den Anforderungen der DIN EN 16247-1 entsprechen
Es muss hersteller-, anbieter- und vertriebsneutral erfolgen
Es umfasst mindestens 90 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs
Es basiert auf aktuellen, gemessenen, belegbaren Energieverbrauchsdaten und Lastprofilen
Es schließt eine eingehende Prüfung des Verbrauchsprofils von Gebäuden, Anlagen und Betriebsabläufen ein
Es ermittelt detaillierte Verbesserungsmöglichkeiten

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