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E-Ladesäulen auf dem Speditionshof Was bei der Planung zu beachten ist

Fuso_eCanter Foto: Daimler AG

Die Zukunft fährt elektrisch, im Nfz-Sektor zumindest auf kurzen Strecken. Darin stimmen viele Branchenvertreter überein.

Zum Beispiel Dachser. Das Unternehmen mit Stammsitz in Kempten hat im März 2016 das Projekt "City Distribution" gestartet. Ziel sind innovative und nachhaltige Geschäftsmodelle zur Belieferung von Innenstädten. So sollen Schadstoff- und Lärmbelastungen durch den Lieferverkehr reduziert werden. Anhand einer modularen Toolbox aus verschiedenen Möglichkeiten wie zum Beispiel Mikrohubs oder alternativen Antrieben soll es den Niederlassungen in Deutschland und Europa möglich sein, passgenaue Lösungsvorschläge für die jeweilige Region zu entwerfen. Ein Baustein der "City Distribution Toolbox" ist die E-Mobilität, worunter auch E-Lkw fallen.

Zu wenig öffentliche Ladesäulen

Dachser betrachtet E-Lkw momentan in der Innenstadtbelieferung als sinnvoll oder bei der Versorgung eines Cityhubs mit nachfolgender Endzustellung durch Pedelecs. "Der Einsatz von E-Lkw macht aktuell nur in kritischen Innenstädten wie zum Beispiel Stuttgart richtig Sinn", erklärt Stefan Holm, Corporate Director bei Dachser, gegenüber trans aktuell. Momentan hat Dachser zwei Fuso eCanter im Einsatz. Zum Ende des Jahres erwartet das Unternehmen noch die Lieferung eines eActros. Auf öffentlichen Straßen und Autobahnen ist die Ladeinfrastruktur bekanntlich noch unzureichend. Da bleibt den Spediteuren und Fuhrparkbetreibern nur, die E-Fahrzeuge auf dem eigenen Hof zu laden. Doch damit stellen sich auch verschiedene Fragen: zum Beispiel nach den Ladezeiten, den Kosten oder dem richtigen Platz für die Installation. "Ladepunkte können als Insel, an der Wand oder an der Decke angebracht werden", betont Christopher Burghardt vom Anbieter Charge-Point. Bei der Platzwahl sind zudem die unterschiedlichen Schichtbetriebe der Fahrzeuge und ihrer Fahrer zu beachten. Zudem gibt es Ladelösungen mit einem intelligenten Energiemanagement.

Damit ist es möglich zu bestimmen, in welcher Sequenz und mit welcher Priorität die einzelnen Fahrzeuge geladen werden sollen. Ebenso berücksichtigen intelligente Ladesysteme die jeweiligen Anforderungen des Stromnetzbetreibers. Der Strom wird dabei von einer zentralen Ladestation über mehrere Depot-Ladestationen verteilt, die jeweils an einen E-Lkw angeschlossen sind. "Zudem sollte die Ladelösung vernetzt und online überwachbar sein", erklärt Burghardt. Ein wichtiges Kriterium ist zudem, dass am Installationsort ausreichend Strom zur Verfügung steht. "Bei Hochvoltsystemen mit Ladeleistungen von 150 kW und mehr sind Abstimmungen mit den Energieversorgern und Netzbetreibern notwendig", erklärt Andreas Jacobsen, Projektleiter Elektromobilität beim Anbieter von Ladeinfrastruktur Swarco Traffic Systems. Standard-Gleichstrom-Ladestationen mit 50 bis 150 kW haben dann einen Platzbedarf von etwa 1–1,5 m² am Aufstellort. Die weniger leistungsfähigen, aber preiswerteren, wechselstrombasierten AC-Systeme sind kleiner. Sie entsprechen in ihrer Stromaufnahme den Drehstromanschlüssen für Kühlaufbauten.

Robustheit wichtig

Die Hersteller haben bei der Ladeinfrastruktur auf Robustheit Wert gelegt. So halten die Säulen dem Betrieb unter konstanter Volllast wie auch extremen klimatischen Bedingungen stand . "Die Systeme können die Ladeleistung von –35 bis +50 °C bereitstellen", betont Simon Christian Graeber vom Anbieter ABB. Zudem seien bereits einige Ladesysteme in Bereichen mit hoher Temperatur (> 30 Grad) und gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit (> 80 Prozent) erfolgreich im Einsatz. "Hier zahlt sich die hohe Qualität der Materialien wie zum Beispiel pulverbeschichteter Edelstahl aus", führt Graeber weiter aus. In Speditionen lässt sich die Ladeinfrastruktur übrigens häufig sehr gut mit Photovoltaikanlagen auf dem Betriebsgebäude kombinieren. ABB empfielt, einzelne Ladesäulen als "Emergy lane" zu definieren, um bei ungeplanten Änderungen im Betriebsablauf schnell nachladen zu können. ABB hat die Ladeinfrastruktur dahingehend optimiert, dass hierfür eine möglichst geringe Fläche im Depot nötig ist, etwa beim Ladesystem ABB HPC 350. Während es für E-Pkw bereits eine Vielzahl bereits genormter Ladesysteme gibt, lässt sich dies für Lkw nicht pauschal beantworten. Derzeit ist beim Lkw-Laden im Einzelfall zu prüfen, welche Ladeinfrastruktur zur Ladetechnik und den Einsatzszenarien des Lkw passt. So erfordert das Laden von Nutzfahrzeugen mit großer Batteriekapazität häufig sehr hohe Spannungen von 800 bis 1000 Volt mit Gleichstrom (DC). Diese Ladestationen können dann mit 150 bis zu 300 kW DC laden. Für einzelne Anwendungen kann auch ein normaler Standard-DC-Lader mit 500 V DC reichen, der 50 kW DC leistet. Für kleinere und mittlere Fahrzeuge können sogar Wechselstrom-Stationen mit einer intelligenten Laststeuerung am Depot die richtige Lösung sein.

E-Ladesäule Foto: Swarco Traffic Systems
Ladesäulen für Lkw sollten eine Leistung von 150 kW haben. Allerdings kann es für Speditionen kostengünstiger und sinnvoller sein, Lkw über Nacht mit 50 kW „langsam“ zu laden. Auch das Modell „Raption 50” von Swarco Traffic Systems (Bild) hat eine Leistung von 50 kW.

Ladedauer und Kosten variieren

Der Ladevorgang selbst vollzieht sich sehr einfach. Fahrzeug und Ladestation werden verbunden, indem der Stecker in die Ladebuchse des Fahrzeuges gesteckt wird. Je nach Konfiguration startet der Ladevorgang nun automatisch, oder der Fahrer muss sich noch über eine RFID-Karte autorisieren. Die Ladedauer lässt sich mit einer einfachen Faustformel bestimmen, indem die Kapazität der Akkus durch die maximale Ladeleistung geteilt wird. So kann man einschätzen, wie lange ein komplett leerer Akku wieder vollgeladen werden müsste. Die Ladedauer ist abhängig von der Kapazität der Batterie. Typischerweise liegen Batterien für E-Lkw bei 300 bis 400 kWh. Dies bedeutet, das Laden würde bei Verwendung einer 150-kW-Ladestation etwa drei bis vier Stunden dauern. ABB hat die Ladesäulen so konzipiert, dass eine konstante Leistungsabgabe von 150 kW an das Fahrzeug möglich ist. "Insgesamt ist die Anwendung deutlich sauberer und angenehmer als zum Beispiel das Tanken von Diesel und Ad-Blue", meint Andreas Jacobsen von Swarco Traffic Systems. Bleibt noch die Frage nach den Kosten. Die variieren sehr stark, da jedes Projekt sehr individuell ist. Grundsätzlich richten sich die Kosten nach der Projektgröße, dem Standort und der Komplexität der Installation. Die Preise für die reine Hardware beginnen bei etwa 20.000 Euro für die einfachen Standard-DC-Ladesäulen und reichen bis zu 80.000 Euro und mehr für Hochleistungssysteme. Die langsameren Wechselstromsysteme (AC) sind hingegen deutlich preisgünstiger und können für etwa 5.000 Euro realisiert werden.

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