Automobilclubs und Deutscher Verkehrssicherheitsrat schlagen Alarm: Die Zahl der Verkehrsunfälle und Verkehrstoten im vergangenen Jahr ist erneut gestiegen. Bleibt die "Vision vom unfallfreien Fahren" Wunschdenken?
Nachdem die Zahl der im Verkehr Getöteten in Deutschland über Jahre zurückging, hat sie nach 2014 auch 2015 wieder zugenommen. Laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat (DVR) lag die Zunahme 2015 gegenüber dem Jahr 2013 bei mehr als drei Prozent. Verschlechtert habe sich Deutschland auch im europäischen Vergleich bei der Rate der Getöteten je eine Million Einwohner zwischen den Jahren 2011 bis 2014 und sei inzwischen auf den achten Platz zurückgefallen.
Risiko durch Smartphone-Nutzung
Die Automobilclubs ADAC und ACE machen für die sich abzeichnende Trendumkehr unter anderem die Nutzung von Smartphones am Steuer und Sparpolitik verantwortlich. Zum Gebrauch von Smartphones bemängelt der ACE ein zu lasches Vorgehen der Polizei. Bei der Unfallaufnahme müsse künftig automatisch auch ermittelt werden, ob zum betreffenden Zeitpunkt das Smartphone genutzt wurde. Nur so könnten belastbare Daten und Fakten zum Unfallrisiko durch Smartphones ermittelt und ausgewertet werden.
Mehr Geld für Verkehrswege und Verkehrssicherheit
Einen weiteren Grund für die Zunahme der Verkehrstoten sieht der ACE in einer verfehlten Sparpolitik. Gelder seien in den vergangenen Jahren gekürzt oder gestrichen worden, die Verkehrswege zeigten sich in mangelhaftem Zustand, gleichzeitig sei die Präsenz der Polizei im Straßenverkehr in vielen Bundesländern zurück gefahren worden. Bund und Länder müssten in den nächsten Jahren deutlich mehr Geld für Verkehrswege und Verkehrssicherheit zur Verfügung stellen. Andernfalls werde sich die Bundesregierung von ihrem Ziel, die Zahl der Verkehrstoten bis zum Ende des Jahrzehnts um 40 Prozent gegenüber dem Wert von 2010 zu reduzieren, verabschieden müssen.
Tempo 80 auf schmalen Straßen
Der DVR empfiehlt unter anderem, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf schmalen Landstraßen mit einer Fahrbahnbreite bis zu sechs Meter auf Tempo 80 zu beschränken. Wo die Sichtweite nicht ausreiche, um gefahrlos zu überholen, solle zudem die Anordnung von Überholverboten geprüft werden. Weiterhin nötig ist nach Einschätzung des DVR eine konsequente Überwachung und Ahndung von "erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen", um zu einer sicheren und angepassten Fahrweise anzuhalten.
Hohe Geschwindigkeit und mangelnder Sicherheitsabstand
Nach wie vor spiele nicht angepasste Geschwindigkeit eine wichtige Rolle im Unfallgeschehen. So seien laut dem statistischen Bundesamt 34,3 Prozent aller Todesopfer und 23,4 Prozent aller Schwerverletzten 2014 auf diese Unfallursache zurückzuführen gewesen. DVR-Präsident Dr. Walter Eichendorf: "Hohe Geschwindigkeiten gepaart mit mangelndem Sicherheitsabstand führen immer wieder zu schweren Unfällen. Maßnahmen zur Geschwindigkeitsüberwachung sind deshalb besonders aktuell."