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DSV-CEO Andersen im Interview Das hat DSV mit Panalpina vor

Foto: DSV

Welche Pläne hat DSV mit Panalpina? Im Exklusiv-Interview mit der Fachzeitschrift trans aktuell spricht DSV-CEO Jens Bjørn Andersen über die nächsten Schritte. Synergien sieht er vor allem in der Luft- und Seefracht, aber auch in der Logistik.

trans aktuell: Herr Andersen, wie lange haben Sie auf die Gelegenheit gewartet, Panalpina in Ihr DSV-Netzwerk aufnehmen zu können?

Andersen: Seit mehr als zehn Jahren zieht Panalpina unser Interesse an und warten wir auf diesen Moment. Panalpina hat in der Branche Gewicht und war immer schon stark in der Luft- und Seefracht aufgestellt. In diesen Sparten haben wir schon immer deutliche Ergänzungen gesehen.

War diese Ergänzung in der Luft- und Seefracht der Hauptgrund für die Übernahme?

Der Hauptgrund liegt darin, dass wir nach einer Verschmelzung ein deutlich stärkeres Gewicht haben als jeder für sich. Der Logistikmarkt ist stark fragmentiert, auch ein Big Player hat nur einen kleinen Marktanteil. Eine Konsolidierung ergibt also Sinn. DSV hat in seiner Geschichte schon zahlreiche Unternehmen übernommen. Und jedes Mal sind wir dadurch stärker geworden und haben unseren Marktwert erhöht. Es waren jedes Mal komplementäre Geschäfte. Dieser Effekt wird auch nach der Übernahme von Panalpina eintreten.

Können Sie ausführen, wo die Synergien bei der möglichen Zusammenführung Ihrer Netzwerke genau eintreten?

Wir sind sehr glücklich über unsere eigenen Aktivitäten im Bereich DSV Air & Sea. Die Sparte ist sehr profitabel, aber zu klein. Durch die Einbindung von Panalpina steigen wir zur Nummer zwei in der Luftfracht und zur Nummer vier in der Seefracht auf – gemessen an der Tonnage beziehungsweise in TEU. Unsere Geschäftsfelder ergänzen sich prima. Panalpina hat darüber hinaus ein erfolgreiches Frische-Netzwerk aufgebaut, das wir ebenfalls gut integrieren können.

Foto: Matthias Rathmann
Durch die Übernahme von Panalpina steigt DSV nach eigenen Angaben zur Nummer zwei in der Luftfracht und zur Nummer vier in der Seefracht auf.
Welche Effekte ergeben sich für den Landverkehr – aktuell die absolute Domäne von DSV?

Stimmt, hier sind wir aktuell bereits sehr stark aufgestellt – als die Nummer drei in Europa hinter DHL und DB Schenker. Auch hier werden wir Synergien erzielen, etwa, indem wir Panalpina-Logistikkunden nun auch ein Landverkehrsnetzwerk und Logistik auf der letzten Meile anbieten können. Das gibt den Kunden und uns ganz neue Möglichkeiten.

Was Ihr Stückgutgeschäft angeht: Bleibt es in Deutschland beim Bekenntnis zu IDS?

In jedem Fall. Wir sind glücklich über IDS, das ist die Zukunft. Es gibt keinen Anlass, irgendetwas daran zu ändern. Wir reden maximal über Feintuning an der einen oder anderen Stelle.

Sie setzen europaweit rund 17.000 Lkw ein. Die Fahrzeuge sind fast ausschließlich bei Ihren Transportdienstleistern angesiedelt. Wird das so bleiben?

Es bleibt beim Asset-light-Ansatz. Wir betreiben eine Flotte von 20.000 Lkw, davon 17.000 in Europa, die uns aber nicht gehören. Wir wollen Spediteur bleiben und kein Trucking-Unternehmen werden.

Foto: DSV
Weltweit hat DSV rund 20.000 Lkw im Einsatz - allerdings bei Subunternehmern. Am Asset-light-Ansatz will das Unternehmen festhalten.
Wenn wir die Märkte betrachten: Welche Regionen erschließen Sie sich dank Panalpina neu, und wo sind Sie beide stark vertreten und müssen möglicherweise Häuser schließen?

Ganz allgemein lässt sich sagen: Es gibt Regionen, in denen DSV stärker ist, und andere, in denen Panalpina stärker ist. Ich kann nicht in die Details gehen, solange die Kartellbehörden in den betreffenden Ländern und die Panalpina-Aktionäre der Transaktion nicht zugestimmt haben. Wir hoffen, dass wir die Zustimmung bis Jahresende erhalten. Bei unseren früheren größeren Zukäufen haben wir uns durch UTI erheblich in Südafrika verstärkt, durch ABX in Italien und durch Frans Maas in den Niederlanden.

Panalpina hat in den vergangenen Jahren 220 Millionen Euro in ein neues IT-System investiert. Werden Sie das SAP-System adaptieren – oder waren die IT-Bemühungen am Ende umsonst?

Auch mit Blick auf die IT ist es für eine Aussage zu früh. Eine Taskforce wird die Vorteile und Potenziale der jeweiligen Systeme analysieren. Das beste System wird gewinnen. Denn klar ist, dass wir nicht zwei Systeme brauchen, sondern ein starkes System anstreben.

Und wie verhält es sich mit der Belegschaft – wird es eine Jobgarantie für die Panalpina-Beschäftigten geben?

Wir kaufen Panalpina nicht, um das Unternehmen zu verkleinern, sondern, um auf lange Sicht zu wachsen. Möglicherweise wird es in der einen oder anderen Region Anpassungen geben müssen. Unsere bisherigen Übernahmen haben aber gezeigt, dass weitere Wachstumseffekte eingetreten sind und wir neue Mitarbeiter eingestellt haben. Nach der Integration von UTI sind zum Beispiel noch einmal 4.000 Mitarbeiter dazugekommen.

Wie hat sich denn die Integra­tion von UTI dargestellt?

UTI war einerseits ein südafrikanisches und andererseits ein globales Unternehmen. Wir haben die jeweiligen regionalen Besonderheiten und Firmenkulturen bei der Integration berücksichtigt. So werden wir es auch bei Panalpina handhaben. Die Zentrale ist in der Schweiz, aber die Mentalität der Mitarbeiter zum Beispiel in China oder in den USA wird eher der unserer Mitarbeiter in diesen Märkten entsprechen. Wir wissen, dass es Unterschiede in den Firmenkulturen gibt, und respektieren diese auch. Deshalb geben wir uns für die Integration auch zwei bis drei Jahre Zeit.

Sie lassen sich den Deal viel kosten. Wie finanzieren Sie die 4,6 Milliarden Schweizer Franken?

4,6 Milliarden Franken sind eine Menge, und wir haben vor dieser Summe höchsten Respekt. Wir werden die Transaktion durch einen Aktientausch finanzieren. Die Währung sind also unsere Aktien. DSV wird sich zusätzlich noch Geld am Kapitalmarkt beschaffen und etwas mehr als 20 Prozent an zusätzlichen Aktien emittieren.

Wie groß ist das Risiko, das Sie mit dieser stattlichen Summe eingehen?

Ich glaube nicht, dass der Deal ein finanzielles Risiko darstellt. Durch unsere positive Geschäftsentwicklung profitieren wir von einem steigenden Aktienkurs, was die Sache erleichtert. In den vergangenen zwei Jahren stieg die DSV-Aktie von etwa 400 auf 600 dänische Kronen. Auch unabhängig vom Finanziellen sehe ich kein größeres Risiko. Wir haben eine hohe Expertise im Unternehmen, was den Bereich Mergers and Acquisitions und Integrationen angeht.

Ist nach der Panalpina-Übernahme Ihr Hunger eigentlich gestillt, oder planen Sie bereits den nächsten Deal? Auch den Aktionären von Ceva hatten Sie voriges Jahr ein Angebot gemacht.

Als Erstes konzentrieren wir uns zu 100 Prozent auf Panalpina; das wird eine große Aufgabe, vor der ich großen Respekt habe. Wenn wir die Integration erfolgreich abgeschlossen haben, wird sich unsere Ausgangsposition für mögliche weitere Akquisitionen verbessern. Es ist Spekulation, doch mein Gefühl sagt mir, dass Panalpina nicht die letzte Akquisition gewesen ist. Mergers and Acquisitions sind Teil unserer DNA. Aktuell nehmen wir nur eine Auszeit.

Wie sehr wird Panalpina Ihre Performance beeinträchtigen? Die Profitabilität ließ für manch einen Anteilseigner zu wünschen übrig.

Ich würde sagen, dass sich Panalpina mit Blick auf die Profitabilität in einer viel besseren Verfassung befindet als manch ein anderes Unternehmen, das wir übernommen haben. Unser Anspruch ist es, dass Panalpina als Teil unserer Gesellschaft die gleichen Margen erzielt wie DSV aktuell. Andererseits wird später keiner mehr sagen können, wie hoch die Margen der Panalpina-Aktivitäten und wie hoch die Margen der DSV-Aktivitäten sind. Es ist ein wenig so, als würde man heißes Wasser in ein Glas kaltes Wasser schütten und dann versuchen wollen, die Flüssigkeit wieder zu teilen. Es vermischt sich alles unweigerlich.

Und was sagt der Markt bislang zu Ihren Übernahmeplänen?

Noch ist alles ja sehr frisch. Was ich aber von Großkunden gehört habe, sind Glückwünsche und Zustimmung. Sie sehen die DSV-Panalpina-Kombination als echte Alternative an, glauben, dass wir wettbewerbsfähiger werden, innovative Produkte auf den Markt bringen können und auch bei der Preisgestaltung neue Möglichkeiten bekommen.

Zur Person

  • Jens Bjørn Andersen ist seit August 2008 Vorstandsvorsitzender von DSV mit weltweit 47.000 Mitarbeitern in mehr als 75 Ländern und einem Jahresumsatz von etwa elf Milliarden Euro. Davor war er seit 2007 als CEO für den DSV-Landverkehr verantwortlich.
  • 1988 begann Andersen seine Karriere bei Samson Transport, wo er unterschiedliche Stationen absolvierte und 1997 zum Niederlassungsleiter in Norwegen aufstieg. Nach der Übernahme von Samson durch DSV im selben Jahr leitete er die gemeinsamen Geschäfte beider Firmen in Norwegen.
  • 2003 stieg er als CEO bei DFDS Transport in England ein – ein Unternehmen, das DSV drei Jahre zuvor erworben hatte.
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