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Dobrindts Stunde Mehr Geld für Infrastruktur als je zuvor

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Kein Zweifel: Die Debatte über den Haushalt 2016 und die mittelfristige Finanzplanung im Bundestag ist Dobrindts Stunde.

Wie er am Rednerpult steht, morgens um neun, im bekannten grauen groß gemusterten Anzug – das strahlt Zufriedenheit aus. Und die will und kann er auch verbreiten mit seinem Investitionshochlauf – zweifellos dem verkehrspolitischen Wort der Stunde. "Rund 40 Prozent mehr Geld für unsere Infrastruktur, das gab es in der Vergangenheit noch nie, das ist eine große Leistung der Großen Koalition", ruft er der noch kleinen Plenarkulisse zu.

Dann folgt ein Versprechen, eine "klare Ansage", wie er es nennt: "Jede  Maßnahme zur Sanierung einer Brücke, die Baurecht erhält, wird auch finanziert werden." Eine Zusage mit Seltenheitswert. Mehr können die zuständigen Länder eigentlich nicht erwarten. Sie sollten planen, beantragen und dann bauen, was das Zeug hält, und Dobrindts volle  Kassen leeren. Denn das Sonderprogramm  zur Brückenmodernisierung, das mit einer Milliarde gestartet wurde, wird 2016 auf zwei Milliarden Euro verdoppelt, als Teil des Investitionshochlaufs. "Substanzerhalt geht vor Neu- und Ausbau", heißt es dort unter Punkt fünf. Die Mittel hierfür klettern jährlich, bis 2018 auf fast vier Milliarden Euro. "Eine Steigerung um  circa ein Drittel, ein Riesenerfolg", stellt der Minister selbstbewusst fest. Der Beifall bei CDU/CSU und SPD zeigt, dass man auf Linie ist.

24,4 Milliarden Euro 2016

Insgesamt sieht der Einzelplan 12, der Bundeshaushalt für Verkehr und digitale Infrastruktur des Jahres 2016, Ausgaben von 24,4 Milliarden Euro vor. Das sind 1,1 Milliarden  oder 4,8 Prozent mehr als im laufenden Jahr. Damit ist er erneut der viertgrößte Einzeletat, nach Arbeit und Soziales, Verteidigung und Bundesschuld. Wichtiger aber: Mit 13,8 Milliarden Euro ist er  erneut der mit Abstand größte Investitionshaushalt des Bundes. Damit machen die Investitionen insgesamt 56,5 Prozent  des Dobrindt-Haushaltes aus. Bis 2018 sind weitere Steigerungen vorgesehen, auf dann rund 14 Milliarden Euro oder 57,4 Prozent. Für den Minister ist die Investitionswende damit vollzogen.

Konkret stehen im Einzelplan 12 für das nächste Jahr die folgenden Investitionsschwerpunkte an:

  • Bundesfernstraßen 5,71 Milliarden Euro
  • Bundesschienenwege 4,64 Milliarden Euro
  • Bundeswasserstraßen 0,91 Milliarden Euro
  • Digitale Infrastruktur 0,34 Milliarden Euro
  • Luft-und Raumfahrt 0,20 Milliarden Euro
  • Verkehrsverhältnisse der Gemeinden 1,67 Milliarden Euro.

Enthalten sind in diesen – gerundeten – Zahlen bereits die Ausgaben des Infrastrukturbeschleunigungsprogramms der Bundesregierung.

Dagegen kommen noch Mittel aus dem Zukunfts-Investitionsprogramm, die im Einzelplan 60 ausgewiesen werden, dazu. Für die klassischen Verkehrsträger Straße, Schiene, Wasserstraße sind das 2016 rund 900 Millionen Euro, für den Breitbandausbau noch mal 400 Millionen Euro. Insgesamt erhält Dobrindt für sein Ressort aus dem Sieben-Milliarden-Euro-Paket bis 2018 rund 4,35 Milliarden Euro zusätzlich, stolze 61 Prozent davon also.

Investitionswende

Letztlich untermauern schon diese Zahlen Dobrindts Anspruch, eine Investitionswende vollzogen zu haben. Hinzu kommen noch – neben dem deutlich höheren Investitionsetat – die Möglichkeit, die Mittel überjährig zu verwenden, die Ausweitung der Nutzerfinanzierung auf alle Bundesstraßen ab 2018  sowie die stärkere Beteiligung privater Geldgeber an ÖPP-Projekten.

Von der zur Stunde noch offenen Zukunft einer Pkw-Maut mal abgesehen. Hier lehnt sich der Minister in der Debatte mit markigen Worten weit aus dem Fenster: "Wir führen die Auseinandersetzung mit Brüssel gern, das Vertragsverletzungsverfahren wird scheitern, wir werden uns durchsetzen", sagt er wörtlich. Und ergänzt kurz und knapp: "Brüssel irrt, die Maut kommt, Gerechtigkeit siegt." Basta, hat da nur noch gefehlt. Man mag zweifeln, ob diese "Augen zu und durch"-Rhetorik in seiner Situation die richtige Strategie ist. Die Opposition findet das zumindest nicht. "Statt Rechthaberei", mahnt Valerie Wilms von den Grünen, "sind Sie dem Bundestag und der Öffentlichkeit die Klarstellung schuldig, dass die Pkw-Maut nicht, wie angekündigt, am 1. Januar 2016 scharf gestellt wird". "Schließlich ist sie", wie der Kollege Sven Christian Kindler ergänzt, "zum Glück krachend gescheitert". Und sie werde auch vor dem Euröpäischen Gerichtshof scheitern.
Auf verkehrspolitisch Interessantes, gar Neues, wartet der Zuhörer in dieser Haushaltsdebatte hingegen vergeblich.

Mit einer Ausnahme: der Reform der Auftragsverwaltung. "Der Bund muss dort, wo er finanziert, auch die Kontrolle über die Ausführung haben", fordert der CDU-Abgeordnete Arnold Vaatz. Die Finanz- und Aufgabenverantwortung müsse in eine Hand, müsse in einer "Infrastrukturgesellschaft des Bundes", zusammengeführt werden. Daneben sei eine für alle Bundesverkehrswege verantwortliche "Planfeststellungsbehörde auf Bundesebene" zu schaffen. Voraussetzung für eine solche strukturelle Veränderung sei, so Vaatz weiter, dass der Bund Eigentümer der Autobahnen und Fernstraßen bleibe. Es müsse eine privat-rechtlich organisierte Bundesautobahn-Gesellschaft im 100-prozentigen Eigentum des Bundes gegründet werden, die sowohl die Einnahmekompetenz für die Straßenbenutzungsgebühren habe wie auch das Recht, privates Kapital von Investoren für den Straßenbau zu akquirieren. "Wir werden eine Politik des Stillstandes haben, wenn wir hier nicht eine Schneise schlagen und das Grundgesetz mit Zweidrittelmehrheit ändern – wie auch Bundesminister Schäuble es in dieser Woche vorgeschlagen hat", sagt Vaatz.

DSLV begrüßt Konzept

Ein Thema, das auch außerhalb der Haushaltsdebatte aufgegriffen wird. So unterstützt der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) das Konzept einer bundeseigenen Verkehrsinfrastrukturgesellschaft. Sie müsse die Verwaltung aller Finanzmittel für die Verkehrsträger sowie sämtlicher Nutzerentgelte wie Pkw- und Lkw-Maut, Hafen- und Schleusengebühren, Kanalabgaben sowie  Luftverkehrsabgaben in sich vereinen. Daneben bedarf es auch für den DSLV einer dringenden Reform der Verkehrswegefinanzierung und der Auftragsverwaltung, damit Finanzierung und Planung enger verzahnt werden können. Ein entsprechendes Arbeitspapier hat der Verband an die verkehrspolitischen Arbeitsgruppen der Bundestagsfraktionen geschickt.

Reformoptionen, die auch die Initiative für Verkehrsinfrastruk-tur Pro Mobilität fordert. "Evolution scheint dabei wichtiger als Revolution", sagt Präsident Peter Fischer. Nach Jahren lähmender Stagnation sieht er "Bewegung in der Verkehrsinfrastrukturpolitik". Nachdem nun in 2016 erstmals seit 2009 für die Fernstraßen wieder mehr als sechs Milliarden Euro investiert werden sollen und weitere Zuwächse bis 2018 vorgesehen seien, wechsele die Herausforderung von der Finanzierung zur Planung und Umsetzung. "Hier sind nun vor allem die  Länder und die Wirtschaft gefordert."



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