Guido Sünnemann leitet das Projekt Cargo im LKA Sachsen-Anhalt. Das Bundesland verzeichnete von Januar bis Ende Oktober 661 Fälle von Planenschlitzern.
Sünnemann: Das System, das wir aufgebaut haben, trägt die ersten Früchte. Wir tauschen Informationen aus, wir arbeiten mit den beteiligten Partnern viel intensiver zusammen, insbesondere mit Polen, woher unsere Täter kommen. Nur so konnten wir zusammen mit polnischen Polizeikräften in einer Lagerhalle gestohlene Waren im Wert von über zwei Millionen Euro sicherstellen.
Ja, das ist ein wichtiger Schritt nach vorn. Wir können davon ausgehen, dass das Thema Ladungsdiebstahl künftig ressortübergreifend bei den Verkehrs-, Innen- und Justizministerien der Länder auf dem Schirm ist. Wenn es von drei Seiten gleichzeitig angepackt wird, können wir wirklich etwas vorantreiben.
Ihre Aktivitäten sind überwiegend nach Polen ausgerichtet?Zunächst einmal ja, denn der größte Teil unserer Täter kommt von dort. Die beteiligten Staaten Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Österreich, Polen, Schweden und Tschechien sind gerade dabei, für ihre Länder Lagebilder zu erstellen. Die legen wir dann über unsere Erkenntnisse, und dann können wir absehen, wie die polnischen Planenschlitzer unterwegs sind.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Europol?Offen gestanden war ich zunächst etwas skeptisch, aber das läuft wunderbar. Die Service-Dienststelle ist bei jedem Treffen mit dabei und den tagesaktuellen Informationsaustausch über die Landesgrenzen hinweg nehmen wir gerne an.
Der Einsatz des Magdeburger LKA hat sich bislang richtig gelohnt, oder?Das war ein harter Kampf, aber ja, das Thema Ladungsdiebstahl ist allein durch den Aufbau der Projektgruppe Cargo viel stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Wir wollten öffentliches Interesse, wir wollten Interesse bei den Verbänden, und wir wollten natürlich auch das Interesse der Politik. Das zu wecken, ist offenbar gelungen.
Wie geht es weiter?Es sind bereits zeitnah die nächsten operativen Einsätze gegen Planenschlitzer in Polen geplant. Was das Projekt angeht, so treffen sich Anfang Dezember drei Tage lang Ermittler und Auswerter der Polizeien der Länder in Magdeburg zu einer gemeinsamen Einsatzberatung. Dann geht es auch darum, wie wir uns künftig aufstellen.
Zur Person
Guido Sünnemann leitet die Abteilung Organisierte Kriminalität beim Landeskriminalamt (LKA) Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Unter ihm wurde die Projektgruppe Cargo aufgebaut, die im Kern aus sieben Mitarbeitern besteht, um den Ladungsdiebstahl durch Planenschlitzen grenzüberschreitend in den Griff zu bekommen. Sachsen-Anhalt hat die Federführung des Projekts.
Im Visier
In Sachsen-Anhalt wurden von Januar bis Ende Oktober 661 Fälle von Planenschlitzen erfasst, dabei wurden 155 Mal Güter gestohlen. Der reine Stehlschaden beläuft sich nach Polizeiangaben auf 3,7 Millionen Euro. Im Schnitt erbeuteten die Täter Waren im Wert von 24.000 Euro. Hotspots waren die A9, die A38 und die A2.
Bereits im Februar hatte das LKA Sachsen-Anhalt von einer vorläufigen Festnahme von sechs Personen auf der A9 berichtet. Den Beschuldigten konnten insgesamt 55 Fälle im Tatzeitraum zugeordnet werden. Im Juli wurde im Rahmen von Einsätzen unter anderem gemeinsam mit dem LKA Berlin aus mehreren Hehlerlagern sichergestellte Waren als Stehlgüter identifiziert.
Alarmierende Tapa-Zahlen
In ihrem Cargo Crime Monitor hat die Transportsicherheitsorganisation Tapa festgestellt, dass die Zahl der gemeldeten Fälle von Ladungsdiebstählen im September im Vergleich zum Vorjahresmonat um knapp 34 Prozent gestiegen ist. Am stärksten betroffen war erneut Großbritannien mit über 80 Prozent der Delikte. Haupttatort waren mit etwa 74 Prozent der Diebstähle ungesicherte Parkplätze.