Thomas Pleines im Gespräch Das Unmögliche möglich machen

Aufsichtsratschef Thomas Pleines Foto: Küppers

Die Prüforganisation Dekra hat ihre Dienstleistungen rund um Transport und Logistik weiter ausgebaut. Wichtig sind Thomas Pleines, Präsident des Präsidialrats von Dekra e. V. sowie Aufsichtsratsvorsitzender von Dekra SE, dabei ein Höchstmaß an Flexibilität und an Betreuungsqualität – am besten aus einer Hand.

Versicherer und Prüfdienstleister sind sich näher, als man denkt. Beim gemeinsamen Thema Sicherheit gebe es eine große Schnittmenge, sagt der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Dekra SE, Thomas Pleines, im Gespräch mit trans aktuell-Redakteur Matthias Rathmann. Zum Beispiel kann sich Pleines vorstellen, gemeinsam noch stärker das Thema Schadenprävention voranzutreiben. Der 58-Jährige stand zuletzt dem Vorstand der Allianz Versicherung vor.

trans aktuell: Herr Pleines, bis 2010 lenkten Sie die Geschicke der Allianz Versicherung. Vor zweieinhalb Jahren übernahmen Sie den Aufsichtsratsvorsitz bei der Dekra SE. Damit kennen Sie sowohl die Versicherungswelt als auch das Prüfgeschäft. Wie groß ist die Schnittmenge zwischen beiden Bereichen?

Pleines: Groß, wir haben das gemeinsame Thema Sicherheit, das das Geschäftsmodell beider Firmen bildet. Beiden liegt die Sicherheit des Kunden am Herzen – also zum Beispiel des Fahrers oder Unternehmers –, aber auch die Sicherheit des technischen Geräts und natürlich aller Verkehrsteilnehmer.

Gibt es konkrete gemeinsame Ansatzpunkte bei der Verkehrssicherheit?

Das ist im Bereich der Schadenprävention vorstellbar und sinnvoll. Unfälle sollen gar nicht erst entstehen. Denn selbst wenn der Versicherer den Schaden schnell reguliert, entstehen zum Beispiel dem Spediteur Kosten: Er kann das Fahrzeug nicht einsetzen und Termine nicht halten. Im Schnitt reden wir pro Schadenereignis über Summen von rund 5.000 Euro, auf denen der Spediteur sitzen bleibt. Hier kann man noch eine Menge tun. Die Versicherer und Dekra verfolgen dabei teilweise schon ähnliche Ansätze, etwa in Form von Fahrertrainings. Dekra unterstützt die Versicherungswirtschaft heute schon in hohem Maße bei der Prävention, der Schadenregulierung und der Begutachtung.

Die Fahrzeugindustrie hat die Vision vom fahrerfreien Fahren. Glauben Sie, dass die in den nächsten Jahren umsetzbar ist und damit das Ziel von null Verkehrstoten greifbar wird?

Ich glaube schon, dass wir eines Tages fahrerfrei unterwegs sein werden. Dass wir es mit null Verkehrstoten schaffen, glaube ich hingegen nicht. Es bleibt das berühmte Restrisiko. Und das ist schlichtweg nicht beherrschbar. Wenn wir aber die Risiken nicht ganz ausschalten können, sollten wir sie minimieren. Eines ist sicher: Der Stellenwert der Elektronik in den Fahrzeugen wird weiter steigen. Dekra und die deutschen Prüforganisationen sind heute weltweit führend bei innovativer Prüftechnologie für elektronische Komponenten. Wir werden alles dafür tun, diesen Vorsprung auszubauen.

Welche Rolle spielt dabei die Verkehrsinfrastruktur? Sie ächzt unter der Belastung und stellt zunehmend selbst ein Risiko für die Verkehrsteilnehmer dar.

Eine sehr hohe. Wir bauen die besten Autos der Welt, haben aber bestimmt nicht die besten Verkehrswege. Die Straßen sind qualitativ und quantitativ in einem für Deutschland nicht angemessenen Zustand. Solche Straßen durchkreuzen unsere Bemühungen nach einer höheren Verkehrssicherheit. Ich bin der Ansicht, dass mehr als genügend Steuereinnahmen aus Mineralöl-, Kfz-Steuer und anderen Quellen für Erhalt sowie Neu- und Ausbau der Infrastruktur vorhanden sind, es braucht also dazu keine weiteren Belastungen wie eine Pkw-Maut. Wenn wir über beste Straßen reden, müssen wir darüber hinaus aber auch über beste technische Prüfungen der Fahrzeuge reden.

Worauf spielen Sie hier an?

Es gibt Stimmen, die Prüfungen auf ein qualitativ niedrigeres Niveau zu bringen. Das kann nicht sein. Wenn deutsche Unternehmen beim Fahrzeugbau Technologieführer sind, muss auch die technische Prüfung danach qualitativ hochwertig sein.

"Alles im grünen Bereich" lautet das Markenversprechen von Dekra. Wie haben Sie das Unternehmen in den vergangenen zweieinhalb Jahren kennengelernt und wahrgenommen?

Dekra ist ein tolles, gesundes und rentables Unternehmen. Es ist seit 2010 noch einmal um mehr als 5.000 Mitarbeiter gewachsen. Allein 2012 haben wir weltweit zehn Unternehmen übernommen und damit um acht Prozent zugelegt. Ich bin überzeugt davon, dass 
Dekra mit seinem Geschäftsmodell "Sicherheit" weiterhin – national und international – sehr erfolgreich sein wird.

Offensichtlich ist der Bedarf an Dienstleistungen rund um Sicherheit nahezu grenzenlos?

Ja, durch die Globalisierung wissen die Verbraucher teilweise nicht mehr, wo die Dinge, die sie konsumieren und benutzen, herkommen. Das erhöht weltweit den Bedarf nach Sicherheit. Umso wichtiger ist es, dass ein Akteur mit hoher Glaubwürdigkeit wie Dekra hier Vertrauen und Hilfestellung gibt.

Muss Dekra in Sachen Sicherheit zwingend weltweit Flagge zeigen?

Die Internationalisierung ist bei einem Unternehmen in unserer Größenordnung unabdingbar. Sie müssen eine bestimmte Größe, ein bestimmtes Know-how und ein bestimmtes Standing haben. Das liegt schon allein an den Kunden, die international agieren. Denken Sie nur an die Speditionen, die weltweit Geschäfte machen. Dekra ist mittlerweile in 54 Ländern präsent. Wobei zu betonen ist, dass Deutschland und Westeuropa weiterhin unsere Heimatmärkte sind.

In welchen Bereichen sehen Sie das größte Potenzial?

Ich glaube, dass wir sowohl im klassischen automobilen Geschäft als auch im Industriebereich weltweit deutlich wachsen können. Im Industriebereich ist das Monopol in Deutschland erst spät gefallen, dort gibt es eine Aufholsituation. Wir werden unseren Wachstumskurs auch 2013 fortsetzen.

Sie haben sich in Bereichen verstärkt, die auch für Transport- und Logistikunternehmen interessant sind. Beispielsweise betreibt Dekra in Neu-Isenburg neuerdings eine Luftfracht-Röntgenanlage und prüft ferner Schäden von Fahrzeugen beim Seetransport. Warum steigen Sie in diese Segmente ein?

Wir ergänzen unsere klassischen Dienstleistungen rund um die Bereiche Fahrzeuge und Straße und entwickeln uns – teils wie unsere Mitglieder – in neue Bereiche hinein. Wichtig ist, dass wir in diese neuen Bereiche schrittweise einsteigen. Nur dann können wir für Sicherheit garantieren. Das sind wir unseren Mitgliedern, den deutschen Transport- und Logistikunternehmen, schuldig. Sonst werden wir unserem satzungsgemäßen Auftrag nicht gerecht.

Hat die Satzung aktuell noch den hohen Stellenwert?

Ganz sicher. Die Satzung von Dekra gibt uns auch heute noch den Weg vor. Ich kenne kaum eine Organisation, die sich ihren Mitgliedern derart verpflichtet fühlt wie Dekra. Unsere Mitglieder können sich laut Paragraf 6 jederzeit an uns wenden und unsere Hilfe in Anspruch nehmen.

Wie erfährt das Mitglied von den neuen Dienstleistungen, die Dekra inzwischen anbietet?

Das geschieht heute schon über einen festen Ansprechpartner in unseren Niederlassungen, der alle für die Spedition interessanten Services im Blick hat. Das haben wir erreicht, indem wir uns in Deutschland neu organisiert und unsere Automobil- und Industriedienstleistungen unter einem Dach gebündelt haben. So ist sichergestellt, dass unser Vertrieb dem Spediteur auch anbieten kann, neben der Fahrzeugflotte etwa zusätzlich auch die Hebebühne oder den Druckbehälter zu prüfen.

Worauf kommt es im Lkw-Prüfgeschäft heutzutage an?

Es kommt darauf an, dass wir unsere Dienstleistungen den aktuellen Bedürfnissen unserer Mitglieder anpassen. Die Transport- und Logistikunternehmen zeichnet eine immense Flexibilität aus. Sie müssen das Unmögliche möglich machen, zu jeder Tages- und Nachtzeit an jedem Ort der Welt. Also müssen wir die Lkw dort prüfen, wo sie sich gerade befinden. Dekra muss immer am Ball bleiben.

Zur Person

Thomas Pleines ist seit Mai 2011 Aufsichtsratsvorsitzender der Sachverständigenorganisation Dekra SE und zugleich Präsident des Präsidialrats des Dekra e. V., der rund 25.000 gewerbliche Flottenbetreiber in Deutschland vertritt. Der gebürtige Frankfurter war davor der Vorstandsvorsitzende der Allianz Versicherungs AG in München. Davor war er der CEO der Allianz Suisse, Zürich. Bereits seit dem Jahr 1984 ist Pleines, Jahrgang 1955, in unterschiedlichen Funktionen in der Versicherungsbranche tätig. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften arbeitete der Anwalt zunächst in einer Kanzlei im australischen Sydney. Pleines kennt die Situation der Transport- und Logistikbranche nicht nur aus der Sicht des weltweit größten Versicherungsunternehmens. Er ist in seiner Studienzeit auch selbst Lkw gefahren. Regelmäßig war er für einen Möbelhändler tätig und fuhr zum Beispiel Frankreich-Verkehre. Er ist zugleich Eigentümer einer Tankstelle und kennt das Mineralölgeschäft bestens.

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