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DHL "Stabile Prozesse gewährleisten"

DHL Freight Foto: DHL Freigt

DHL Freight-Chef Amadou Diallo über Herausforderungen in der Pharmalogistik und den Wachstumsmarkt Afrika.

trans aktuell: Herr Diallo, Sie leiten bei DHL die Landtransporte und haben kürzlich eine neue Zugverbindung zwischen Hamburg und Zhengzhou in China gestartet. Warum ist die Schiene hier attraktiv?

Diallo: Wir erweitern unseren Schienenfrachtverkehr und bieten den Kunden zusätzliche Auswahlmöglichkeiten und noch mehr Flexibilität. Der Güterzug benötigt 17 Tage und damit zwischen 10 und 21 Tagen weniger als das Schiff. Im Vergleich zur Luftfracht können die Züge die CO2-Emissionen um bis zu 90 Prozent reduzieren. Kunden haben die Auswahl zwischen DHL Railconnect für Stückgutsendungen oder der Container-Vollladung DHL Railline. Damit verfügen wir über zwei reguläre Transportoptionen nach China. Die neue Route von Hamburg nach Zhengzhou ergänzt die schon existierende transsibirische Route Warschau-Suzhou. Seit Juli werden die Waren zweimal pro Woche von Hamburg nach Zhengzhou transportiert.

Auch temperaturkontrollierte Transporte auf der Schiene sind möglich.

Genau. Seit 2014 befördern wir auch temperaturempfindliche Produkte in Zügen zwischen China und Europa. Dabei kommen Container zum Einsatz, die mit dieselelektrischen Motoren ausgestattet sind und die damit die Temperatur zwischen minus 25 und plus 25 Grad Celsius im Inneren konstant halten – unabhängig davon, wie heiß oder kalt es draußen ist. Die Container sind mit einem Track-and-Trace-System ausgestattet. Damit lassen sich zu jeder Zeit die exakte Position der Waren sowie deren klimatische Bedingungen ermitteln.

Die EU hat die Good Distribution Practice (GDP) für den Gesundheitsmarkt geändert. Was bedeutet das für das Segment Pharmalogistik?

Wir müssen alle unsere Standorte nach GDP zertifizieren. Die Bearbeitungsprozesse wurden total verändert, das heißt, wer Waren im Segment Life Sciences & Healthcare bewegt, muss nun viel öfter zurückmelden, wo sich welche Ware in welchem Temperaturbereich befindet. Deshalb haben wir Cool Track entwickelt, damit wir und auch unsere Kunden alle Produkte im Gesundheitsbereich online in Echtzeit verfolgen und überwachen können. Das Tool zeigt an, welche Temperatur die Ware hat, wann sie verladen, wohin sie befördert und ob sie geöffnet wurde. Die Gesundheit der Menschen ist wichtig und darf nicht gefährdet werden. Deshalb halten wir alle Regeln ein und dokumentieren den Warenfluss transparent.

Wie weit sind Sie hierbei mit den Standorten und der Qualifizierung von Personal?

Wir müssen unsere Mitarbeiter sowieso alle drei bis sechs Monate schulen. Außerdem wussten wir ja schon länger, dass die GDP-Richtlinie geändert wird. Wir hatten also schon genug Zeit, um unsere Mannschaft zu trainieren. Die Flotte von DHL Freight umfasst eigene Trailer, aber kaum eigene Lkw.

Wer sind für Sie wichtige Transportpartner?

Das ist ganz unterschiedlich. In Deutschland, wo wir keine eigenen Lkw haben, arbeiten wir mit lokalen, mittelständischen Transporteuren zusammen. Wir unterhalten mit Euronet eine Organisation mit Sitz in Hannover, die nur kundenindividuelle Transporte über größere Unternehmen organisiert. Über dieses Netzwerk wickeln wir mit exklusiven Partnern unsere deutschlandweiten Transporte ab. Im Nahverkehr arbeiten wir auch mit kleineren Unternehmern zusammen, die nur zwei, drei Lkw haben. Sie sind flexibel, kennen den lokalen Markt und die Gegebenheiten vor Ort sehr genau.

Schließen Sie langfristige Verträge ab?

Ja. Wir können nicht alle paar Monate wechseln, weil wir Warensicherheit und stabile Prozesse gewährleisten müssen. Die Partner, die für uns tätig sind, werden entsprechend geschult, da sie gewisse Richtlinien einhalten müssen. Wir wollen daher längere Bindungen.

Sie kennen den afrikanischen Markt ganz gut. Welche Bedeutung hat er für DHL Freight?

Unsere Aktivitäten dort laufen über DHL Global Forwarding. In Europa gibt es schon länger die Straßenservices Euroconnect und Euroline für Lieferungen am nächsten Tag sowie Teil- und Komplettladungen. Seit 2011 bieten wir diese mit Africaconnect und Africaline auch in Afrika an. Mittlerweile gibt es dort fast 56.000 Kilometer Autobahnen. Wir transportieren also zunehmend Waren über die Straße. Wir unterhalten zum Beispiel in Ostafrika von der zweitgrößten Stadt Kenias, Mombasa, tägliche Verbindungen nach Uganda, um Importware hin- und Kaffee oder andere Produkte zurückzubringen. Wir haben auch tägliche Verbindungen von Südafrika nach Namibia oder Kongo oder in Westafrika von Dakar nach Mauretanien oder Mali. Es gibt auch eine Relation von Marokko in den Senegal über die Straße, denn da, wo früher die Rallye Dakar im Sand verlief, sind heute Autobahnen.

Wie ist es mit der Sicherheit? In Mauretanien und Mali gab es jüngst ja viele Unruhen.


Ja, es ist unruhig. Das ist aber relativ. Wir haben GPS-Stationen auf allen unseren Lkw und können sie verfolgen. Wir hatten aber noch keine Störfälle, bislang ist noch kein Lkw abhandengekommen. Allerdings bewegen wir innerhalb Afrikas auch nicht die großen Volumina, wie wir sie in Europa haben.

Sehen Sie Afrika dennoch als Wachstumsmarkt für DHL Freight?

Dadurch, dass sich in Westafrika einige Länder zu einer Wirtschafts- und Währungsunion zusammengetan haben und es auch in Ostafrika inzwischen den gemeinsamen Markt Comesa gibt, werden Zollprozesse erleichtert und standardisiert. Die Afrikanische Union treibt die politische und wirtschaftliche Entwicklung voran. 

Sie sehen Afrika als aufstrebenden Kontinent in der gesamten Weltwirtschaft ...

Ja, das ist so. Afrika ist näher an Europa und Amerika als China. In China werden Arbeitsplätze abgebaut, weil es dort zu teuer wird. Daher werden Textilproduktionen zum Beispiel in Äthiopien aufgebaut, um die Waren dann auf viel kürzeren Wegen nach Italien zu exportieren. Früher gab es in Afrika keine Energie, also Elektrizität, inzwischen ist die Versorgung aber gewährleistet und somit kann auch kontinuierlich produziert und die Märkte versorgt werden. Ist die Lieferkette erst einmal aufgebaut, werden einige Hersteller Textilien nicht mehr in Bangladesch produzieren lassen.

Wie viele Niederlassungen hat DHL in Afrika?

Wir operieren in allen 54 Ländern und betreiben um die 400 Filialen. Zusammen mit unserer Expressorganisation haben wir über 8.000 Service Points. DHL betreibt über 500.000 Quadratmeter Lagerfläche, 1.500 Fahrzeuge und 15 Flugzeuge. Niemand kennt Afrika wie DHL.

Nutzt DHL Freight auch den Landweg von Europa nach Afrika, zum Beispiel in den Senegal?

Zunehmend ja, aber noch nicht massiv. Es gibt Sendungen von Portugal über Gibraltar und Marokko in den Senegal. Wir hatten auch schon Transporte nach Burkina Faso – das ist aber noch nicht die Masse. Die Autobahnen sind da, die Regulierungen nicht mehr so kompliziert. Es gibt viele Firmen vor Ort, die die Straßen benutzen.

Gibt es, ähnlich der Zugverbindung von Hamburg nach China, Pläne, auch Afrika über die Schiene an Europa anzubinden?

Im Moment sind innerhalb Afrikas Projekte im Gange, um die Länder per Bahn miteinander zu verknüpfen. Es gibt eine Vereinbarung von der Afrikanischen Union mit China, um eine Infrastruktur zu bauen. Ost- und Westafrika sollen über die Schiene verbunden werden und auch der Norden mit dem Süden. Von Tansania wird zurzeit die alte Bahnschiene über Kenia bis nach Kigali, der Hauptstadt Ruandas, wieder aufgebaut – auch aus dem Grund, nicht alles über die Straße abzuwickeln, sondern Alternativen zu haben. Aber erst wenn die Trassen innerhalb Afrikas fertig sind, kann der Kontinent an Europa angebunden werden.

Wollen Sie irgendwann nach Dakar zurückkehren?

Ich reise alle zwei Monate mit meiner senegalesischen Familie, die mit mir in Bonn lebt, dorthin – das ist notwendig, weil es unsere Heimat ist. Und ja, ich beabsichtige, später in den Senegal zurückzukehren, um dort älter und schöner zu werden. 

Zur Person

Amadou Diallo

  • seit 2011 DHL Freight- Vorstandsvorsitzender
  • 1996 Einstieg bei der Deutschen Post, Aufgabe: Ausbau eines Expressbereichs. Später verantwortlich für die Integration des britischen Logistikkonzerns Exel; im Auftrag von DHL in verschiedenen europäischen Ländern, Afrika und Asien tätig
  • nach der Ausbildung Berufserfahrung im Tourismus und Bankwesen sowie in der Express- und Logistikindustrie
  • 1964 in Dakar in Senegal geboren
  •  Fremdsprachenkenntnisse in Englisch, Französisch, Spanisch und zwei westafrikanischen Sprachen (Fulani, Wolof) Diallo ist verheiratet und hat vier Kinder
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Carsten Nallinger Carsten Nallinger Lkw-Navigation
Daniel Stancke, CEO von Jobmatch.me Daniel Stancke Experte für Recruiting
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