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Kongress zur Handelslogistik in Köln Lieferfähig bleiben - trotz Fahrermangel

Foto: Thomas Küppers

City-Logistik und Robotik beschäftigen die Handelslogistik – noch mehr drängt der Fahrermangel, wie der Handelslogistik-Kongress Log 18 zeigte. Handel und Dienstleister müssen aber auch die Effizienz der Prozesse verbessern.

Neben der Industrie ist der Handel einer der wichtigsten Auftrag- und Impulsgeber für die Logistik. Der Handelslogistik-Kongress Log 18 in Köln zeigte, wie die Handelslogistik zukunftsfähig wird. Der Ausflug führte in die Citylogistik, zum E-Commerce – und zu Themen wie Autostore und Robotik.

R4R – Robotics for Retail nennt sich etwa eine Initiative des EHI Retail Instituts, die Marco Atzberger, Mitglied der Geschäftsleitung, vorstellte. Roboter, die mit künstlicher Intelligenz arbeiten, flexibel und kollaborativ einsetzbar sowie mobil sind und auf sich verändernde Konzepte reagieren? Ideal, um etwa den Mitarbeitern die Arbeit zu erleichtern und in Spitzenzeiten für Flexibilität und Ausfallsicherheit zu sorgen. Keine Zukunftsmusik – 2018 stehen bereits Workshops und die Entwicklung von Anforderungsprofilen auf dem Plan der Initiative.

Belieferung per Lastenrad

Der Handel ist rege, auch in der Verknüpfung von stationärem und E-Commerce-Geschäft. "Wir können immer liefern", sagte Mark Roex, E-Commerce-Business Development Manager bei Jeans Centre. Das niederländische Unternehmen hat 100 Filialen – die gleichzeitig auch als Lager dienen: Ist die Ware im Geschäft nicht vorhanden, kann der Kunde dort mittels eines riesigen Touchpads das Kleidungsstück gleich online bestellen, das ihm dann zugeschickt wird. Was nicht mehr im Lager, wohl aber im Geschäft vorrätig ist, kann hingegen direkt ab der Filiale bestellt und versendet werden.

Der E-Commerce ist in der Kritik – auch weil vorgeblich lauter KEP-Fahrzeuge die Innenstädte verstopfen. Prof. Kai-Oliver Schocke und Prof. Petra Schäfer, beide von der Frankfurt University of Applied Science, können das Argument abschwächen: Die Lieferanten des Handels und andere KEP-Dienstleister stehen vergleichsweise kurz – das Problem in den Innenstädten sind parkende Handwerker und Techniker. Das haben der Logistikexperte und die Verkehrsplanerin in einem gemeinsamen Projekt exakt verortet und gemessen. Das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit ist eine Belieferungsstrategie für die Paketzustellung in der Frankfurter Innenstadt . Die sieht etwa für die City und für Mischgebiete eine Zustellung per Micro-Depot und Lastenräder vor, damit nicht mehr der parkende Transporter als teures Auf-der-Straße-Lager eingesetzt werden muss. Als Nächstes steht eine Untersuchung zum "Emissionsarmen Wirtschaftsverkehr Frankfurt Rhein Main" an.

Suche nach Fahrpersonal über soziale Medien

Automatisierung hingegen kann die Effizienz in der Lieferkette verbessern – aber den Fahrermangel kann sie noch nicht wegzaubern. Und der setzt die Supply-Chain-Verantwortlichen auch in der Handelslogistik ganz schön unter Druck. Einfach die Lohnkosten erhöhen und damit den Job für Arbeitnehmer wieder attraktiv machen? Laut Stefan Krautwurst-Leister, Bereichsleiter Verkauf der Dachser-Sparte Food Logistics, kompensiere das nicht den Abgang der Fahrer, die in den kommenden Jahren in Rente gehen, sondern wäre nur eine Verlagerung des Problems in die nahe Zukunft.

Um Lieferfähigkeit zu garantieren, setzt Romald Heuvelmann, Market Supply Chain Director bei Mars, darauf, "die ganze Mannschaft" mitzunehmen: Der Süßwaren-Hersteller ehrt daher bei seinen Supplier Days ebenso die besten Disponenten und kürt den besten Fahrer. Die Wertschätzung zahle sich aus, weil die Mitarbeiter auch das Gefühl bekommen, nicht nur Dienstleister, sondern Teil von Mars zu sein.

Björn Schniederkötter berichtete, dass Kraftverkehr Nagel beim Thema Fahrermangel auf ein Programm mit drei Punkten setzt. Erster Punkt war laut dem COO des Unternehmens aus Versmold die Schaffung einer eigenen Fahrerakademie, die 2017 an den Start ging. Zweiter Punkt der Strategie ist die Professionalisierung des Recruitings. Demnach übernimmt für den Lebensmittellogistiker jetzt ein externer Dienstleister die Suche nach Fahrpersonal, und das fast ausschließlich über soziale Medien und andere Onlinekanäle. "Man wird heute keinen Fahrer mehr über eine Zeitungsanzeige finden", sagte Schniederkötter.

Kraftverkehr Nagel startet eigene Fahrschule

Der dritte Punkt der Strategie beinhaltet laut dem COO den Aufbau einer eigenen Fahrschule, um Ausbildung und Führerscheinprüfung im eigenen Haus abzuwickeln. Dazu will das Unternehmen ein bestehendes Fahrschulunternehmen übernehmen, weil laut Schniederkötter auch die Ressource Fahrlehrer knapp ist.

Laderaum schlecht genutzt

Den Weg über die Ausbildung beschreitet gleichfalls Dachser: Wie Stefan Krautwurst-Leister berichtete, sind dort momentan 200 junge Leute in der Ausbildung. "Und wir zeigen dem Nachwuchs Perspektiven für ihren weiteren Weg auf, bis hin zu der eigenen Selbstständigkeit."

Oliver Wittigs Überlegungen gehen beim Thema Laderaummangel in eine ganz andere Richtung. Laut Wittig, Head of Logistics D/CH/BNL bei Henkel, "nützen wir nur den vorhandenen Laderaum nicht effizient genug aus". 20 bis 30 Prozent Leerfahrten seien in der Branche immer noch gang und gäbe, oftmals seien Fahrzeuge in puncto Volumen oder Stellplatz nicht optimal beladen. Birgit Heitzer, Leiterin der Konzern-Logistik der Rewe Group, sieht zudem die Notwendigkeit, Zeit – auch die der Fahrer – besser zu nutzen.

Für mehr Effizienzgewinne führe Rewe derzeit zwei Pilotprojekte durch, um die Wareneingangsprozesse sowie den Be- und Entladevorgang zu vereinfachen. Ein wichtiger Punkt sei dabei auch die Digitalisierung, die bewirke, dass die Sendungsdaten genauer werden und pünktlich dort zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden. "Wir sind uns bewusst, dass wir den Fahrer schneller von der Rampe wegbringen müssen." Dabei seien auch die Transportdienstleister gefragt. Ob die Fahrzeuge im Stau stehen oder zwei Stunden vor dem geplanten Zeitfenster beim Handel ankommen – dafür seien Systeme notwendig, die den Empfänger vom Standort der Fahrzeuge in Kenntnis setzen.

6. Anfahrtstag gefordert

Die Dienstleister ihrerseits haben auch ein paar Ideen für Verlader und Empfänger: Etwa einen 6. Anfahrtstag beim Handel, um gerade in den kurzen Wochen die Taktung zu entzerren. Oder eine Erleichterung beim Thema Mindesthaltbarkeit von Trockenware und Transport dieser Ware, sowie allgemein verlässlichere und frühere Avis zu Tonnage und Aktionsware, um Fuhrpark und Fahrereinsatz besser planen zu können.

Blockchain-Projekt

  • Ein neues Projekt aus der Konsumgüterbranche: Blockchain im Palettentauschprozess
  • Ziel ist, den Tauschprozess effizienter und einfacher zu machen und Erkenntnisse über die Anwendung der Blockchain-Technologie zu gewinnen
  • Als Innovationsleiter fungiert die Organisation GS1 Germany, beteiligt sind außerdem auf der technologischen Seite die Beratungsgesellschaft PwC sowie der Software­anbieter SAP
  • An dem Projekt beteiligen sich rund 20 Unternehmen, darunter Beiersdorf, DM-Drogerie-Markt, Lekkerland
  • Bereits im dritten Quartal dieses Jahres soll ein Testlauf stattfinden, bis Ende des Jahres soll es ein Projektergebnis geben


Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
TA 11 2018 Titel
trans aktuell 11 / 2018
18. Mai 2018
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