BPW Bergische Achsen Erstausrüstung im Fokus

Foto: Knut Zimmer

BPW Bergische Achsen hat mit der eTransport eine elektrisch angetriebene Achse inklusive komplettem Antriebsstrang für die Umrüstung leichter Nutzfahrzeuge entwickelt. Doch damit gibt sich der Achsenspezialist aus Wiehl nicht zufrieden, wie Hans Werner Kopplow, Leiter Business Unit Innercity-/ Elektromobilität bei BPW im Interview berichtet.

Die eTransport gibt es schon eine ganze Weile. Wo wird die E-Achse derzeit eingesetzt?

Hans Werner Kopplow: Wir haben derzeit ein gutes Dutzend Fahrzeuge im Einsatz, davon ist der überwiegende Teil in Kundenhand. Neben den Logistikern UPS, Hellmann und Logwin haben die Kommunen Berlin, Köln und Wiehl mit unserem eTransport- Antrieb ausgerüstete Fahrzeuge im täglichen Einsatz. Gerade Kommunen sind im Moment sehr stark an der Elektrifizierung ihrer Fahrzeugflotte interessiert und gehen deshalb aktiv auf uns zu. Daher wird der erste Schritt der Umrüstung auch dort beginnen.

Foto: UPS
Der KEP-Dienstleister UPS hat diverse Fahrzeuge vom Typ Mercedes-Benz Vario im Einsatz. Befeuert werden die Fahrzeuge durch die eTransport von BPW.
Für den Retrofit mit der eTransport bevorzugt BPW den besagten MB Vario. Warum eigentlich? Immerhin hat man in Stuttgart die Produktion des Fahrzeugs 2013 eingestellt.

Als wir mit dem Projekt zum elektrischen Antrieb gestartet sind, haben wir viele Logistiker gefragt, welches Fahrzeug von ihnen im innerstädtischen Transportverkehr eingesetzt wird. Hier zeigte sich, dass im Bereich 7,5 Tonnen zu diesem Zeitpunkt der Vario ein Alleinstellungsmerkmal hatte. Er ist ein robustes Fahrzeug mit bequemer Einstiegshöhe, einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen und einer hohen Zuladung. Ergo ein zuverlässiges Arbeitsgerät für viele kommunale Betreiber und Logistiker. Die aktuellen Transporter mit ähnlicher Bauform haben im allgemeinen ein niedrigeres Gesamtgewicht und dadurch auch viel weniger Zuladung. Die echten 7,5-Tonnen-LKWs haben dann wieder ein ganz anderes Design mit hohem (Cab-Over-Engine) Fahrerhaus, höherem Eigengewicht weniger Zuladung. So haben wir in diesen Gesprächen schnell festgestellt, dass der Vario eine Lücke hinterlassen hat. Es gibt im Moment noch mehr als 20.000 MB Varios im Einsatz - teilweise mit teuren, aufwendigen Aufbauten und Ausstattungen. Somit haben diese Fahrzeuge echtes Potential, um sie einem Zweitleben mit elektrischem Antrieb zuzuführen.

BPW bietet mit der eTransport eine E-Achse für die Nachrüstung an. Gibt es Ambitionen mit der Technik in die Erstausrüstung zu gehen?

Die Umrüstung ist für uns eine Zwischenstrategie, für die nächsten zwei, vielleicht auch drei Jahre. Wir streben mit unserem Antriebssystem auch die Belieferung von OEMs an. Für den Übergangszeitraum haben wir uns für die Umrüstung entschieden. So können wir Fahrzeuge auf die Straße bringen mit denen wir und zukünftige Betreiber noch mehr praktische Erfahrung sammeln können. Vor allem letztere können so testen, wie sich ein elektrischer LKW tatsächlich in das Logistikkonzept des Kunden integrieren lässt.

Ist der Retrofit und die Aufbereitung von gebrauchten Fahrzeugen nicht zu aufwendig um die Elektromobilität voran zu bringen?

Da kommen wir zum nächsten Schritt. Wir sind mit verschiedenen Herstellern in tiefen Gesprächen, um direkt auf einem neuen Chassis ein elektrisches Fahrzeug aufbauen zu können. Derzeit planen wir gemeinsam mit einem Partner zur IAA 2020 solch ein Fahrzeug vorzustellen und nach der Messe auch liefern zu können.

Foto: BPW Bergische Achsen
BPW verbaut die eTransport Achse zusammen mit dem Fahrzeugbauer Paul Nutzfahrzeuge. Bevorzugtes Fahrzeug: Der Mercedes-Benz Vario.
Der Umbau derzeit läuft über Paul Nutzfahrzeuge. Wie kam es zu dieser Partnerschaft?

Paul Nutzfahrzeuge ist langjähriger Partner und Kunde von BPW. Wir haben auch in der Vergangenheit schon Fahrwerke und Achsen für Umbauten an Paul geliefert und dadurch eine lange und gute Geschäftsbeziehung aufgebaut. Die Spezial-Umbauten durch Paul sind so weitreichend, dass das Unternehmen selber als Fahrzeughersteller eingetragen ist. Aus unserer Sicht ist das eine Win-Win-Situation. Paul Nutzfahrzeuge hat sehr viel Knowhow in Bezug auf den praktischen Umbau, aber auch im Bereich der Zulassung von Fahrzeugen. Damit sind sie für uns eine optimale Ergänzung im Segment Fahrzeugumbauten.

Wer übernimmt im Falle des MB Vario die Gewährleistung? Paul Nutzfahrzeuge, MB als Fahrzeughersteller oder BPW als Systemlieferant für den Antriebsstrang?

Der erste Ansprechpartner ist immer der Vertragspartner. In diesem Fall unser Partner Paul Nutzfahrzeuge beziehungsweise dessen Tochterunternehmen evade, welches auf elektrische Fahrzeuge spezialisiert ist. Aber sowohl Paul als auch BPW stehen natürlich für die entsprechenden Subsysteme, und Komponenten des Gesamtantriebssystems ein. Da wir als BPW nahezu das komplette Antriebssystem liefern, stehen wir für alle Gewährleistungsfragen unseres Lieferumfangs gerade.

Foto: RWTH Aachen
Der BPW-Antriebsstrang eTransport kommt auch beim Projekt-Fahrzeug Live1 zum Einsatz. Für das Projekt konnte die RWTH Aachen den japanischen Fahrzeughersteller Isuzu gewinnen.
Ende November letzten Jahres hat sich BPW an dem LiVe-1-Projekt der RWTH Aachen und dem japanischen Fahrzeugbauer Isuzu beteiligt. Wie ist da der aktuelle Stand?

Beim LiVe-1-Projekt waren wir kein direkt assoziierter Partner, sondern Lieferant des elektrischen Antriebs. Die Implementation des Antriebs in das Isuzu Chassis, sowie die Entwicklung des Gesamtsystems, lag in der Verantwortung der RWTH Aachen. Über dieses Projekt haben wir einen engen Kontakt mit dem PEM-Institut der RWTH Aachen sowie mit Isuzu geknüpft.

ZF Partner e-troFit hat für den MB Citaro einen Umbausatz für Stadtbusse vorgestellt und vertreibt nach eigenen Angaben die passenden Ladestationen gleich mit. Wäre das für BPW ebenfalls ein Business Case?

Wir werden das Programm um unseren Antrieb herum noch ausbauen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass wir eine Ladeinfrastruktur anbieten werden. Aber wir achten natürlich darauf, dass unser Fahrzeug mit allen heute gängigen Ladesäulen funktioniert. Das Thema Schulungen ist uns jedoch sehr wichtig. Wir haben schon vor Jahren begonnen, Kunden in der Bedienung, aber auch in der Wartung und der Reparatur unserer Produkte zu schulen. Diese Dienstleistung werden wir sicherlich auf den Bereich der E- Mobilität ausweiten und zukünftig ein individuelles Schulungsprogramm für unseren Antriebsstrang anbieten.

Ist der Bus für euch ein Thema?

Die Mission der BPW ist ganz klar. Wir wollen den Transport von Gütern effizient und sicher gestalten. Deshalb liegt der Bus nicht in unserem Kernfokus.

Wer stellt die Batterien für den BPW-Antriebsstrang zur Verfügung?

Wir beziehen die Batterien von BMW. Dabei handelt es sich um die Batteriezellen, die auch in den BMW-PKW eingesetzt werden. Von der BMW-Batterie sind auf dem europäischen Markt mehr als 100.000 im Einsatz und die Erfahrungen sind hervorragend. Das hat uns überzeugt, dass hier ein sicheres und erprobtes System im Einsatz ist, welches wir perfekt in den Nutzfahrzeugsektor einbringen können.

Wird sich der E-Antrieb in allen Bereichen durchsetzen?

In der Tat bietet der batterieelektrische – oder überhaupt der elektrische - Antrieb einen Riesenvorteil für innerstädtische Anwendung. Denn dort muss man Schadstoffemission und Lärm reduzieren. Ich glaube, dass sich elektrische Antriebe in innerstädtischen Anwendungen durchsetzen werden. In anderen Bereichen, etwa dem Fernverkehr, würde ich eine solche Prognose noch nicht wagen.

Zur IAA 2018 hieß es noch, dass die eTransport auch für 26-Tonnen-Fahrzeuge zur Verfügung gestellt wird. Ist das noch aktuell?

Wir streben einen kompletten Baukasten an. Wir haben uns damals nach ausführlicher Analyse dazu entschlossen, die Elektrifizierung bei den leichteren Nutzfahrzeugen zu beginnen und die Entwicklung dann auf die höheren Tonnagen auszuweiten. Von daher starten wir zunächst mit dem 7,5-Tonner, haben aber bereits erste Konzepte für die Klassen 12, 18 und 26 sowie 40 und 44 Tonnen erarbeitet. Hier steht die Belieferung der Truck-OEMs im Vordergrund. Wir befinden uns diesbezüglich derzeit in fortgeschrittenen Gesprächen. Wir wollen auf jeden Fall den Baukasten bis hin zu den schweren Klassen ausweiten, dann aber in Zusammenarbeit mit einem Kunden.

ETM: Derzeit liegen die Reichweiten bei 100 bis vielleicht 250 Kilometern, je nach Beladungszustand, Fahrzeug und Akkugröße. Ist damit Ihrer Meinung das Reichweitenmaximum erreicht?

Ich persönlich glaube, dass sich Batteriepakete für Reichweiten oberhalb von 200 bis 300 Kilometern für Lkw nicht mehr rechnen werden. Probleme sind dort das hohe Gewicht und der hohe Kostenaufwand. Reichweiten bis 200, oder sogar 300 Kilometern kann man noch mit modularen Batteriesystemen versorgen. Für größere Reichweiten muss man auf andere Systeme setzen, wie zum Beispiel die Brennstoffzelle. Unser Antrieb ist durchaus auch geeignet, um elektrisch über eine Brennstoffzelle versorgt zu werden. Die Brennstoffzelle könnte der Durchbruch der E- Mobilität im Fernverkehr sein, auch wenn hier noch einige Entwicklungsschritte notwendig sind, damit Brennstoffzellen für Nutzfahrzeuge ein wirtschaftlich rentables Niveau erreichen. Eine andere Möglichkeit wäre die Oberleitung, die in einigen Pilotprojekten aktuell untersucht wird. Es ist allerdings fraglich, ob in Europa ein flächendeckendes Oberleitungsnetz auf Autobahnen aufgebaut werden kann.

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