Nach einem Jahr Mindestlohn zieht die Branche Bilanz und fordert einige Nachbesserungen.
Knapp ein Jahr ist die Einführung des allgemeinen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro pro Arbeitsstunde her und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) spricht von einer Erfolgsgeschichte. Der Mindestlohn schaffe "Dynamik von geringfügiger Beschäftigung hin zu sozialversicherungspflichtiger Arbeit – und das besonders häufig in Niedriglohnbranchen", wird Ministerin Andrea Nahles (SPD) zu den Arbeitsmarktzahlen des Jahresendes 2015 zitiert. Dem Ministerium zufolge haben voraussichtlich 3,7 Millionen Menschen von der Einführung des Mindestlohns am 1. Januar 2015 profitiert.
Die Zufriedenheit wird nicht überall im gleichen Maße geteilt: Der Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV) etwa zieht nach einem Jahr gleichfalls Bilanz und sagt: "Das Thüringer Verkehrsgewerbe hat enorm mit dem Mindestlohngesetz und seinen Verordnungen zu kämpfen".
Die Unternehmen haben demnach "beim Fahr- und Verladepersonal, aber auch beim kaufmännischen Personal höhere Lohnkosten in Höhe von circa 15 Prozent hinnehmen müssen", schreibt der LTV. Die Kostendifferenz könne kein Unternehmen komplett an seine Kunden weitergeben, schreibt der Verband und nennt das Gesetz ein "bürokratisches Monster".
Zudem moniert der Verband die Kontrollsituation bei ausländischen Unternehmen: Bürokratische und sprachliche Hürden würden "ordentliche Kontrollen nahezu ausschließen". Gerade die Fuhrunternehmer seien sehr daran interessiert, dass auch die Auftraggeberhaftung besser kontrolliert werde, "um wieder in einem fairen Wettbewerb mit den osteuropäischen Unternehmen treten zu können".
Das BMAS sieht jedoch keinen Nachholbedarf. Auf Anfrage von trans aktuell teilt ein Sprecher mit: "Gesetzliche Änderungen am Mindestlohngesetz sind derzeit nicht geplant." Bis Ende Juni soll aber die unabhängige Mindestlohnkommission über eine Anpassung des Mindestlohns entscheiden. Ein Zurück bei der Lohnhöhe fordern ja auch die Unternehmer nicht, wie die folgende Aussage der GKS Gerloff Speditionsgesellschaft aus Schwanebeck zeigt: "Inzwischen hat sich die Situation gerade auf dem Fahrermarkt weiter zugespitzt, sodass ein Angebot auf Mindestlohniveau selbst bei Neueinstellung und mangelnder Berufserfahrung nicht mehr ausreicht, um Arbeitskräfte zu gewinnen."
Welche Erfahrungen haben die Leser der trans aktuell mit dem Mindestlohn gemacht? Wir haben einige Unternehmen befragt.