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BIEK-Vorsitzender Marten Bosselmann Ohne Zusteller geht's nicht

Der BIEK-Vorsitzende Marten Bosselmann Foto: Nicole de Jong

Der BIEK-Vorsitzende Marten Bosselmann fordert mehr Mehr Wertschätzung für KEP-Zusteller. Er fordert Ladezonen für Lieferdienste.

KEP aktuell: Glückwunsch, Herr Bosselmann, Sie sind der neue Vorsitzende des BIEK. Was bedeutet das für den Verband?

Bosselmann: Es ist eine Herausforderung, die Interessenvertretung einer so bedeutsamen Branche zu leiten. Doch die neue Struktur im BIEK spiegelt die KEP-Branche wider, die sehr schnell und effizient agiert. Wir haben uns vorgenommen, uns noch mehr inhaltlich zu positionieren. Zum Glück haben wir ein hoch motiviertes, engagiertes Team, das von wichtigen Vertretern unserer Mitgliedsunternehmen unterstützt wird.

Wie lauten Ihre Forderungen an die Politik?

Wir erwarten vom Staat wettbewerbsfreundliche Rahmenbedingungen für den Paketmarkt. Trotz Liberalisierung des Postmarkts genießt die Deutsche Post eine Monopolsituation, die es ihr erlaubt, enorme Gewinne einzufahren. Das gelingt ihr auch deshalb, weil sie die Bereiche Brief und Paket zusammengefasst hat, um die Kosten nicht trennen zu müssen. Die Post leitet aus dem sogenannten Universaldienst Sonderrechte ab, die unzulässig sind, wie etwa die Mehrwertsteuerbefreiung. Uns geht es um die Novellierung des Postgesetzes, zu der sich CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet haben. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat uns hierbei seine Unterstützung zugesagt, und ich bin ­zuversichtlich, dass wir nun bald ein neues, zeitgemäßes Postgesetz bekommen.

Wie können Sie Ihre Mitgliedsunternehmen beim Thema Arbeitskräfte unterstützen?

Das Besondere an der KEP-Branche ist, dass wir vom Geringqualifizierten bis zum Akademiker jeden beschäftigen können. Wir werden häufig sehr stark nur über die Zusteller wahrgenommen, das ist aber nicht alles. Wir müssen die Bedeutung der Branche bei der Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft positiv darstellen – hier geht es auch um Wertschätzung und vernünftige Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter. Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass sich unsere Mitgliedsunternehmen selbstverständlich an den Mindestlohn halten und natürlich auch sonstige Standards und Regeln einhalten. Die Ressource Mensch ist knapp, umso mehr gilt es, sie für uns zu gewinnen.

Wie engagiert sich der BIEK in der bundesweiten Imagekampagne „Logistikhelden“ der Bundesvereinigung Logistik?

KEP-Dienste sind in unserem Leben inzwischen unverzichtbar geworden. Wir transportieren Überlebensnotwendiges wie Nabelschnurblut oder Organe und natürlich alles, was das Leben lebenswert macht, wie Mode, Elek­tronikartikel oder Lebensmittel. Es gibt keinen Menschen, der unsere Dienste nicht in Anspruch nimmt. Umso wichtiger ist es, dass wir uns an Aktionen wie der Imagekampagne „Logistikhelden“ beteiligen. Wir wollen erreichen, dass die tolle Arbeit der Zusteller wertgeschätzt wird. Verbrauchern muss klar werden, dass es einen direkten Zusammenhang gibt zwischen der eigenen Wellness – sprich: nicht losgehen zu müssen, um etwas zu kaufen – und den Beeinträchtigungen, die vermeintlich durch Zusteller entstehen, die ihr Fahrzeug irgendwo abstellen (müssen).

Was haben Sie konkret an Aktionen geplant?

Es wird Medienkampagnen geben, und wir wollen an Events wie dem Tag der Logistik am 11. April oder der Messe transport logistic (4. bis 7. Juni) für die Sinnhaftigkeit der Arbeit werben, Vorurteile entkräften und eben auch darstellen, welches Spektrum die Logistik aufweist und dass ohne sie nichts geht. Wir wollen zeigen, dass KEP-Dienste die Innenstädte eben nicht verstopfen. Noch sind wir aber dabei, Ideen für mögliche Aktionen zu sammeln.

Sie haben im vergangenen Jahr eine Allianz mit dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund sowie dem Handelsverband Deutschland (HDE) vereinbart. Mit welchem Ziel?

Wir haben alle ein Ziel: saubere, lebenswerte Städte und Gemeinden zu erhalten. Dafür sollen die Lieferverkehre leise und umweltverträglich realisiert, Logistikkonzepte optimiert und Verkehrslastspitzen durch mehr Nachtbelieferung entzerrt werden. Unser Ziel ist weiter, Rechtssicherheit für Mikrodepots zu schaffen und den Lieferverkehr in Fußgängerzonen von Einfahrverboten für Lastenräder und Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zu befreien. Wir wünschen uns ein zusätzliches Verkehrsschild, das Ladezonen für gewerbliche Lieferverkehre ausweist, analog dem an Taxiständen. Wir brauchen dafür auf Bundesebene eine Anpassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) und auf der kommunalen Ebene die Bereitschaft, Falschparker stärker zu sanktionieren, sprich abzuschleppen.

Die Haustürzustellung ist eine Superdienstleistung, die der Empfänger nicht extra bezahlen muss. Sollten die Dienstleister hier nicht dringend einen Zuschlag erheben?

Grundsätzlich halten wir nichts davon, Empfänger zu erziehen, zumal 87 Prozent eine Haustürzustellung erwarten. Dennoch beklagen wir seit Jahren die Null-Versandkosten-Mentalität. Viele ziehen ein teures Parkhausticket oder trinken einen Kaffee für vier Euro, wenn sie einen Innenstadtbummel machen. Der Verbraucher sollte das ins Verhältnis setzen und verinnerlichen, dass eine hochwertige Dienstleistung auch anständig bezahlt werden muss. Unsere Studienergebnisse zeigen, dass die Durchschnittserlöse seit Jahren kontinuierlich sinken.

Trotzdem sagen viele, Versand sei zu teuer …

Wenn ich das höre, bekomme ich schlechte Laune. Es ist doch logisch, dass die Unternehmen Geld verdienen müssen, um ihre Zusteller vernünftig bezahlen zu können. Wir sehen die Positionierung einiger Onlinehändler daher kritisch, die mit versandkostenfreien Lieferungen werben. Was hingegen hilfreich ist und die Effizienz steigert: Onlineshopper sollten sich ihre Sendungen zum Beispiel an einen Paketshop oder den Arbeitsplatz schicken lassen, wenn sie absehen können, dass sie nicht zu Hause sind, wenn der Zusteller kommt. Hier gibt es ja bereits viele gute alternative Lösungen zur Haustürzustellung.

Liefern in der ersten Reihe

Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) hat die Initiative „Liefern lieber in der ersten Reihe!“ gestartet. Damit sollen klar geregelte Ladezonen für den Lieferverkehr geschaffen werden. Mit der Initiative setzt sich der BIEK für die Ergänzung der Straßenverkehrsordnung um ein Verkehrszeichen „Ladezone“ ein. Es soll ein absolutes Halteverbot analog zum Taxistand enthalten. Ausnahmen sollen lediglich für berechtigte Nutzungen, das heißt gewerbliche Be- und Entladevorgänge, gelten. Unterstützung findet die Initiative bereits von den verkehrspolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Des Weiteren erhält die BIEK-Initiative Unterstützung von Logistik, Handel und kommunalen Spitzenverbänden.

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