Beste Marken 2016 Interview Kunden benötigen echte Wertschätzung

Für die Kundenbindungen sind viele Faktoren entscheidend. Wichtig ist es, den Kundenwert zu ermitteln, denn dieser zeigt auch auf, welche Strategie ein Unternehmen wählen sollte. Weitere Details dazu gibt Professor Michael Froböse im Interview.

Die Leserwahl Beste Marken in der Nutzfahrzeugbranche lässt bereits seit zwölf Jahren die Leser entscheiden, welche Marken in 24 Kategorien die besten sind. In vielen der Kategorien fällt auf, dass es stets dieselben Marken sind, die seit Jahren vorn liegen. Welche Gründe hat das?

Es ist das Image, das sich ein Unternehmen über viele Jahre geschaffen hat. Das gilt im B2B-Bereich genauso wie im B2C-Bereich. Ein gutes Beispiel dafür ist Volkswagen. Trotz des Abgasskandals gelingt es dem Unternehmen weiterhin, viele Preise bei den besten Nutzfahrzeugen zu gewinnen. Wenn sich ein Konzern über Jahrzehnte einen so guten Ruf aufgebaut hat, ist selbst ein Skandal dieser Größenordnung nicht in der Lage, das gute Image so schnell zu zerstören – jedenfalls nicht bei dem Großteil der Kunden. Zudem gibt es bei jeder Kaufentscheidung eine Reihe von Faktoren, die ein Unternehmer berücksichtigt. Der Umweltaspekt ist dabei nur einer – und dieser ist offenbar für viele Kunden nachgelagert, auch wenn das kaum jemand offen zugibt. Für viele steht die Wirtschaftlichkeit eines Fahrzeugs im Vordergrund. Daher hat solch ein Abgasskandal nicht unbedingt große Auswirkungen auf das Image.

Woran kann das liegen?

Hat sich der Kunde erst einmal eine Meinung gebildet, ändert er auch seine Sicht der Dinge nicht so schnell. Da muss schon ganz schön was passieren, wie es der aktuelle Fall demonstriert. Die Leistung und der Vorsprung, den sich ein Unternehmen beim Image geschaffen hat, lassen sich nicht so schnell aufholen. Das gilt für viele Unternehmen der Nutzfahrzeugbranche.

Wie könnte es denn dann den Verfolgern gelingen, sich auf Platz eins zu schieben?

Dafür benötigt man einen langen Atem. Audi hat diesen Wandel vom biederen Hutfahrer- und Wackeldackel-Image zum sportlichen und innovativen Premiumanbieter hervorragend hinbekommen, aber hierfür waren viele Jahre und eine neue Produktpalette nötig. Grundsätzlich bedarf es einer wirtschaftlich oder technisch besseren Lösung für einen Verfolger, um den Imageführer vom ersten Platz zu verdrängen. Im Fahrzeugbau und Zubehörbereich ist im Moment vieles in Bewegung. Mit Blick auf das hoch automatisierte Fahren schaffen vielleicht Start-ups oder auch etablierte Unternehmen den Sprung mit einer Innovation. Wichtig dabei ist, dass das Unternehmen auch in der Lage ist, sein Produkt glaubwürdig in den Markt zu bringen. Hier wiederum greift eine erfolgreiche Kommunikation.

Welche Instrumente wären dafür aus marketing-wissenschaftlicher Sicht notwendig?

Die Marketinginstrumente sind aus meiner Sicht ebenso die Produkte und die Dienstleistungen. Wenn sich ein Unternehmen auf Platz eins schieben möchte, reicht eine gute Kommunikationsstrategie nicht aus. Es sind die Produkte und Serviceleistungen, die so gut sein müssen, dass es einem Unternehmen gelingt, beste Marke zu werden. Das klappt nicht mit kommunikativem Aktionismus, denn ich sollte nur das kommunizieren, was meiner Leistung entspricht. Geschieht dies nicht, sorgt ein Unternehmen für zusätzliche Enttäuschung und fällt eher noch weiter ab. Das gilt insbesondere für den B2B-Bereich. Hier müssen Unternehmen zuverlässig sein.

Welche Rolle spielt der Preis?

Der Preis ist im B2B-Bereich ebenso sensibel wie im B2C-Sektor, weil Unternehmen bei ihren Käufen insbesondere die Wirtschaftlichkeit des Angebots berücksichtigen. Zudem greift hier auch die Sicherheit der Entscheidung. Deshalb muss ein Lieferant Servicezuverlässigkeit bieten. Ein Fuhrparkbetreiber achtet beispielsweise nicht nur darauf, dass der Service vorhanden ist, es ist ihm sehr wichtig, dass die Fahrzeuge laufen.

Wie unterscheiden sich dann die beiden Bereiche?

Im Consumer-Bereich spielen oftmals Emotionen, das Design und die Selbstverwirklichung durch den Produktkauf eine wichtige Rolle. Warum sonst würde ein Autofahrer einen Porsche oder BMW kaufen, wenn auch ein Kia ähnlich zuverlässig den Fahrer von A nach B bringt? Die Endverbraucher sind oft bereit, viel Geld für ein Auto zu bezahlen, weil gerade hier die Emotionen zählen. Dessen sind sich die Automobilhersteller auch bewusst und kommunizieren nicht die Wirtschaftlichkeit, sondern die emotionalen Werte des Autos wie den Komfort oder das Fahrgefühl. Im Geschäftsbereich sind es aber viel­mehr die Wirtschaftlichkeit und die Sicherheit, die stimmen müssen. Sicherheit bedeutet hier, dass der Lieferant zuverlässig ist.

In Ihrem wissenschaftlichen Kontext beschäftigen Sie sich auch intensiv mit Medien und Kommunikation. Welche Mittel sind für eine nachhaltige Kundenbindung im B2B-Bereich denn wirklich relevant?

Das betrifft nicht nur meinen Fachbereich. Unternehmen müssen ihren Kunden echte und keine aufgesetzte Wertschätzung entgegenbringen, wie es manchmal der Fall ist. Unternehmen sollten versuchen, sich in ihre Lage zu versetzen, damit sie sich sicher fühlen. Jenseits der Kommunikation sind es immer auch Produkt- und Servicenutzen und Preis, die jedes Unternehmen liefern muss.Im Bereich der Kommunikation ist der After-Sales-Bereich immens wichtig. Unternehmen müssen ihre Kunden nach dem Kauf intensiv weiter betreuen. Das ist auch Aufgabe der Kommunikationsabteilung in enger Kooperation mit dem Vertrieb.

Wie kann ein Unternehmen denn dann die richtigen Mittel für die Kundenbindung im B2B-Bereich identifizieren?

Das lässt sich generell schwer sagen. Das muss jedes Unternehmen für sich definieren. Sehr hilfreich ist dabei ein System zum Customer-Relationship-Management (CRM), das unter anderem darstellt, in welchen Bereichen sich meine langfristigen Kunden von denen unterscheiden, die erst kurz dabei sind. Die gefundenen Unterschiede sind dann die Treiber der Kundenbindung.

Was gibt es bei der Untersuchung zu beachten?

Die langfristig gebundenen Kunden müssen im gewählten Beispiel auch die besseren Kunden sein, was nicht immer der Fall ist. Im Normalfall sind es treue Kunden, bei denen ein Unternehmen einen sicheren Absatz hat. Zudem benötigt es keinen großen Etat für die Neukundengewinnung. Alles in allem ist es dann für die Unternehmen eine komfortable Situation. Es gibt jedoch auch häufiger den Fall im B2B-Bereich, dass gerade die langfristigen Kunden den Preis drücken. Dann ist der gesamt zu betrachtende Kundenwert nicht mehr so hoch. Denn noch wichtiger als die Kundenbindung ist der Kundenwert.

Warum?

Letztendlich wollen Unternehmen mit Marketing und Kommunikation Geld verdienen. Und diese Einnahmen kommen nun mal vom Kunden. Der Kundenwert bemisst sich daher nicht nur nach der starken Bindung und der Zufriedenheit der Kunden. Hinzu kommt das gesamtbetriebswirtschaftliche Ergebnis. Dieses sollte weiterhin positiv sein. Jedes Unternehmen sollte daher nach Treibern suchen, die sich nicht über den Preis definieren.

Lässt es sich beziffern, zu welchen Anteilen die unterschiedlichen Kommunikationsmittel wirken?

Jedes Unternehmen sollte auf jeden Fall versuchen, diese Frage zu beantworten. Das geht jedoch nur langfristig, denn nur so kann ein Unternehmen ermitteln, welche Maßnahmen auch wirklich die Kundenbindung erhöht haben. Eine Grundvoraussetzung dafür ist wiederum ein umfangreiches CRM-System mit den entsprechenden Daten. Diese sollten aufzeigen, wie lange ein Kunde schon beim Unternehmen ist, wie viel Umsatz er gemacht und welche Maßnahmen das Unternehmen ergriffen hat.

Bestehen auch Gefahren bei der Wahl der Mittel für eine Kundenbindung?

Es lässt sich auch eine Kundenbindung schaffen, bei der der Kunde sozusagen gezwungen ist, dem Unternehmen treu zu bleiben. Das kann auch eine technisch-funktionale Bindung sein. So gibt es beispielsweise Inspektionsfenster, während derer der Kunde in die Werkstatt kommen muss. Dies kann auf der einen Seite ein gutes Mittel der Kundenbindung sein, wenn der Faktor Sicherheit und Verfügbarkeit des Fahrzeugs dabei dominiert. Dieser muss aber nicht unbedingt nachhaltig sein, denn der Kunde kann auch davon enttäuscht sein, dass er so häufig für nicht genau definierte Kleinigkeiten Zeit und Geld opfern muss.

In Zeiten der digitalen Mediennutzung ist die Relevanz von Printtiteln immer öfter umstritten. Wie sehen Sie die Rolle der Printtitel in Zukunft?

In der Zukunft wird sich diese Frage gar nicht mehr stellen. Es kommt heute schon viel mehr auf die Botschaft an, die ein Unternehmen vermitteln will. Auf welchem Kanal diese gespielt wird, hängt vom Medien-Nutzungsverhalten des Kunden ab. Das bedeutet heute in aller Regel, dass Unternehmen digitale und analoge Kanäle nutzen sollten. Denn noch immer gibt es insbesondere bei Fach-Printtiteln eine kompetente Leserschaft, die sich aus der gleichen Zielgruppe zusammensetzt.

Können sich Print- und Onlinetitel aus Sicht der Marketingabteilungen ergänzen?

Auf jeden Fall. Es gibt hier viele interessante Ansätze. So kann beispielsweise ein QR-Code in einem Fachartikel sehr nützlich sein, wenn dieser auf weitere digitale Informationen verweist, zum Beispiel dann, wenn die Informationen nur in Bewegtbild-Form gut vermittelt werden können. Aber auch personalisierte Meldungen und Artikel werden in Zukunft häufiger nachgefragt werden. Hier gilt es für die Verlage, neue Formen der Personalisierung der Nachrichten zu schaffen – ein Bereich, in dem sich Print und Online durchaus ergänzen können.

Wie sollte entsprechend die Kommunikationsstrategie eines Unternehmens aussehen?

Jedes Unternehmen sollte klar die Kanäle definieren, die der Kunde nutzt. Dann muss überlegt werden, wie sich aus der Verknüpfung der Medien ein Zusatznutzen herausziehen lässt. Aber auch Unternehmen können ihre Botschaften auf diese Weise verbreiten. Als Medien lassen sich Kundenmagazine in Print- oder digitaler Form nutzen. Aber auch personalisierte Newsletter sind ein probates Mittel. 

Ist denn diese Form noch zeitgemäß?

Wenn sie den B2C-Bereich betrifft, eher weniger. Hier befinden sich E-Mails als Kommunikationskanal schon wieder auf dem Rückzug. Das trifft jedoch nicht für den Geschäftsbereich zu, in dem die Kommunikation über E-Mails noch sehr wichtig ist. Sie haben nicht an Attraktivität verloren.

Was gilt denn für den B2C-Bereich?

Dieser driftet immer mehr in Richtung Social Media. Es ist nicht mehr nur Facebook. Die Konsumenten nutzen auch viele ähnliche Kanäle. Wichtig dabei ist, dass die Kommunikation mobil ist.

Könnte dieser Trend auch im Geschäftsbereich Fuß fassen?

Teilweise hat er das schon. Jede Person lässt sich über ihr mobiles Gerät erreichen. Wenn Unternehmen aus der Nutzfahrzeugindustrie den Draht zum Nutzer suchen, zum Beispiel zum Lkw-Fahrer, dann sind sie mit mobilen Anwendungen auf dem richtigen Weg. Digitale Produktkataloge, Gebrauchsanleitungen und Service-Apps sind weitere, bereits praktizierte Anwendungen des mobilen Marketings im B2B-Sektor.

Kurzvita Professor Dr. Michael Froböse

Professor Froböse ist Leiter des Steinbeis-Transferzentrums für Marketingforschung an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heidenheim. Seit fast 30 Jahren beschäftigt sich Froböse mittlerweile intensiv mit dem Marketing. Im Jahr 1988 begann er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Absatzwirtschaft an der Universität Hohenheim. Hier promovierte er auch im Jahr 1994. Bereits seit 20 Jahren ist er Mitglied beim Steinbeis-Transferzentrum für marktorientierte Unternehmensführung, Stuttgart-Hohenheim. Dort begann er als Projektleiter.

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