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Bei Kontrolltag 655 Fahrzeuge stillgelegt Hälfte der 17.000 Fahrzeuge beanstandet

Foto: Andrea Ertl 19 Bilder

5.600 Kräfte haben bei einer bundesweiten Kontrollaktion vergangenen Donnerstag Lkw und Kleinbusse unter die Lupe genommen.

Für Polizeihauptkommissar Rüdiger Heiler ist die Sache klar: „Bei einer Vollbremsung fällt diese Konstruktion mit fünf Autos auf dem Planen-Sattelzug in sich zusammen wie ein Kartenhaus.“ Ladungen zweistöckig übereinander zu transportieren, sei zwar grundsätzlich möglich, aber nicht für alle Arten von Ladung geeignet. Kollegen und Beamte vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG) sowie Olaf Horwath von SBS Fahrertraining haben den in Ladungssicherung erfahrenen Leiter der Verkehrsgruppe gewerblicher Güter- und Personenverkehr der Polizei Karlsruhe hinzugezogen, um zu beraten, wie es mit dem Gespann weitergehen soll. Die fünf nahezu schrottreifen Pkw sind lediglich auf Stahlträgern übereinandergestapelt. Weder der Zustand des Trailers und der Spanngurte noch die Art und Weise ihrer Verwendung lassen darauf vertrauen, dass die Ladung sicheren Halt hat.

Der osteuropäische Fahrer kann die Beanstandungen nicht verstehen: Schließlich sei er schon seit fünf Jahren so unterwegs, passiert sei noch nie etwas. Die Beamten schütteln den Kopf, wohlwissend dass dieses Argument immer wieder herangezogen wird. Doch was ist zu tun? Das Umladen auf einen Autotransporter sei wegen der nicht fahrtauglichen Fracht nur unter größten Anstrengungen möglich. Schließlich wird das Fahrzeug stillgelegt – der Frachtlohn dafür abgeschöpft.

Insgesamt 86 Einsatzkräfte haben bei dieser Kontrollaktion an der Tank- und Rastanlage Bruchsal Ost ihren Teil zum diesjährigen bundesweiten Kontrolltag unter dem Titel „Sicher.mobil.leben – Brummis im Blick“ beigetragen. Auch Landespolizeipräsident Gerhard Klotter besuchte die Kontrollstelle in Bruchsal und erklärte, Ziel der Aktion sei „das Gefahrenbewusstsein der Fahrer zu schärfen und Fehlverhalten konsequent zu sanktionieren“. Doch die Ergebnisse der Kontrollen würden keinesfalls heißen, dass sich die Quote der Beanstandungen auf alle Fahrzeuge übertragen lasse. Denn: „Geschulte Kontrolleure holen nur die Fahrzeuge raus, die verdächtig sind.“ Bei der Kontrollaktion präsentierten auch Vertreter des Verbandes Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL) und des Verbandes des Württembergischen Verkehrsgewerbes (VV) ihre Kampagne „Trucker Save Drive“.

Als Ergebnis der Aktion in Bruchsal vermeldete das Polizeipräsidium Karlsruhe anschließend folgendes Ergebnis: Insgesamt neun Fahrern wurde die Weiterfahrt untersagt. Vier Verstöße gegen die Gefahrgutverordnung und ein Abfalltransport wurden beanstandet. Acht Schwerfahrzeuge fielen durch mangelnde Ladungssicherung und Überlänge auf. Fünf Fahrer hielten die Lenk- und Ruhezeiten nicht ein. Drei Fahrer waren nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis. In einer Fahrerkabine wurde ein Teleskopschlagstock gefunden. Außerdem war ein Drogenspürhund des Zolls im Einsatz, der allerdings trotz Anfangsverdacht keine Drogen im Fahrzeug fand.

Als besonders prägnante Fälle nannte Polizeihauptkommissar Heiler, dass der polnische Fahrer eines 40-Tonners ein manipuliertes digitales Kontrollgerät mit manipulierter Fahrerkarte sowie missbräuchlich zusätzlich zwei fremde Fahrerkarten verwendete. Außerdem war ein Tiertransporter aus Spanien mit Schafen und Lämmern zu beanstanden, weil erstens zu viele Tiere auf der Ladefläche eingepfercht waren und zweitens gehörnte und nicht gehörnte Tiere gemeinsam transportiert wurden. Obwohl ein hinzugezogener Mitarbeiter des Veterinäramtes die Einschätzung teilte, sei es in diesem Falle nicht in Frage gekommen, die Weiterfahrt zu untersagen. „Immerhin handelt es sich um Lebewesen“, sagt Heiler und erklärt, dass ein Umladen auf dem Rasthof unmöglich wäre. Damit die Tiere baldmöglichst getränkt werden können, durfte der Lkw mit entsprechenden Auflagen weiter fahren.

Bundesweit wurden an diesem Kontrolltag insgesamt 16.753 Fahrzeuge von Polizei, BAG, Zoll und Bundespolizei kontrolliert. 5.600 Kräfte waren daran beteiligt. Dabei haben die Beamten 9.998 Verstöße festgestellt – was aufgrund von Mehrfachverstößen nicht die Beanstandungsquote wiedergebe, wie das Landespolizeiamt Schleswig-Holstein in seiner Gesamtbilanz mitteilt. Die Beanstandungsquote habe bei rund 50 Prozent gelegen.

Insgesamt in 655 Fällen wurde die Weiterfahrt untersagt. In 4.230 Fällen wurde überhöhte Geschwindigkeit festgestellt 1.629 Fahrer von Nutzfahrzeugen hätten gegen die Lenk- und Ruhezeiten verstoßen, 1.029 Verstöße seien betreffend Ladungssicherung und 1.087 Abstandsunterschreitungen festgestellt worden. In die Zahlen von Geschwindigkeits- und Abstandsverstößen seien auch andere Kraftfahrzeuge als Lkw eingeflossen, teilt das Landespolizeiamt Schleswig-Holstein mit, auch auf Nachfrage ließen sich keine genaueren Zahlen in Erfahrung bringen.

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VWL Nordrhein-Westfalen zur Beanstandungsquote

Schon im Vorfeld zum bundesweiten Kontrolltag gab der Verband Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL) zu bedenken, dass es einen guten Grund habe, wenn bei der Großkontrolle die Beanstandungsquote erstaunlich hoch sein werde. Marcus Hover, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VVWL, sagt: „Wer herausgewunken wird, ist im Vorfeld der Besatzung der Polizeifahrzeuge aufgefallen.“ Diese, auch „Schlepper“ genannten „Vorposten“ würden dabei auf den Pflegezustand der Lkw, Auffälligkeiten wie beispielsweise ausgebeulte Planen und flatternde Spanngurte achten oder sie zielen einfach auf bekannte „Stammkundschaft“.

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