Autohöfe bleiben offen Vorerst Entwarnung trotz Lockdown

Foto: Sibylle Rademacher

Weil die neuen bundesweiten Corona-Verordnungen vom 5. Januar 2021 nun auch den Verzehr vor Ort in Betriebskantinen ausschließt, mutmaßten Lkw-Fahrer auf Facebook, dass auch die privaten Autohöfe ihren gerade erkämpften Restaurantservice wieder einstellen müssen. Das stimmt zum Glück nicht. In den Bundesländern soll sich vorerst an der Ausnahmeregelung für Autohöfe nichts ändern. Dank des Föderalismus mit jeweils eigenen Regelungen.

Erst Anfang Dezember hatte Sibylle Rademacher, Pächterin des Restaurants BS-Ost an der A 2 mit viel Unterstützung dafür gekämpft, dass sie ihr Restaurant wieder für die Lkw-Fahrer öffnen konnte. Denn seit November 2020 müssen gastronomische Einrichtungen geschlossen bleiben. Am 10. Dezember dankten es ihr zahlreiche Lkw-Fahrer in der 47. Sendung von FERNFAHRER LIVE mit Applaus. Denn bereits Anfang November hatte die Vereinigung der Autohöfe (VEDA) einen Brandbrief an die Bundesländer geschickt. Zuerst hatte das Bundesland Baden-Württemberg reagiert. „Das Land hat die Autohöfe mit Betriebskantinen gleichgestellt und eine Verpflegung der Übernachtungsgäste im Gastraum erlaubt“, freute sich damals der VEDA-Geschäftsführer Alexander Quabach. Mit dem Zusatz: „Die Verpflegung in der Gaststätte ist ausschließlich übernachtenden Lkw-Fahrern vorbehalten! Bitte sorgen Sie dafür, dass diese Auflage streng befolgt wird.“

Verschärfung der Corona-Maßnahmen

Immer mehr Bundesländer erlauben im Laufe des Dezembers eine Ausnahme. Zuletzt auch Nordrhein-Westfalen. Am Ende waren es zwölf Bundesländer. Still und heimlich – wenn man sich als Journalist nicht tagtäglich damit beschäftigt – hatten einzelne Bundesländer allerdings diese Gleichstellung mit den Betriebskantinen nicht weiter betont oder gar umformuliert.

Video zum Thema
Hartes Jahr für Lkw-Fahrer

Durchaus verständlich, dass Fahrerinnen und Fahrer auf Facebook sofort ihren Unmut zum Ausdruck brachten, als in der Verlängerung der Corona-Maßnahmen die Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 5. Januar 2021 einen neuen Beschluss verfassten und dort formulierten: „Betriebskantinen werden geschlossen, wo immer die Arbeitsabläufe es zulassen. Zulässig bleibt die Abgabe von mitnahmefähigen Speisen und Getränken. Ein Verzehr vor Ort ist untersagt.“ Die Angst ging schnell um, dass nun auch die Autohöfe ihren Service im Restaurant wieder einstellen müssten.

Glühende Drähte

Fortan glühten natürlich die Drähte. Sogar Christian Richter, Landesgeschäftsführer der Fachvereinigung Güterkraftverkehr und Entsorgung im Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) e. V., schaltete sich ein und erhielt eine Antwort aus dem niedersächsischen Verkehrsministerium: „Wie Sie richtig zitieren, sind unter Paragraf 10 Absatz 1 Satz 2c der aktuellen niedersächsischen Corona-Verordnung die Gastronomiebetriebe auf Raststätten und Autohöfen an Bundesautobahnen für Berufskraftfahrer/innen von der Schließung explizit ausgenommen. Aktuell gehen wir davon aus, dass sich daran mit dem Beschluss der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin nichts ändern wird.“ Eine große Entlastung zunächst für Sibylle Rademacher, die bereits ins Auge gefasst hatte, mit Hilfe der VEDA zu klagen – falls es anders gekommen wäre. „Doch nun bleibt alles, wie es ist. Das freut mich vor allem unsere Fahrerinnen und Fahrer.“

Allerdings nicht ganz. Jetzt ist zwar alles offiziell, jedoch mit folgendem zusätzlichen Passus: "Für Publikumsverkehr geschlossen... mit Ausnahme von: ...c) Gastronomiebetrieben auf Raststätten und Autohöfen an Bundesautobahnen zur Versorgung von Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrern, die ihre Tätigkeit durch eine Bescheinigung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers nachweisen können" Das heißt im Klartext: Wer in Niedersachsen unterwegs ist, sollte sich vom Arbeitgeber eine solche Bescheinigung ausstellen lassen. Fahrzeugschein und Zündschlüssel des Lkw sind im Zweifel nicht genug.

Erlaubnis auch für Nordrhein-Westfalen

Auch Henning Sperling vom Autohof in Bad Honnef an der A 3 zeigt sich auf Nachfrage erleichtert. Er hat weiter auf, auch wenn es in der ersten Januarwoche noch ruhig ist. Denn in NRW gibt es nun ebenfalls seit dem 7. Januar eine neue Corona-Verordnung: Unter Paragraf 15 „Beherbergung, Tourismus, Ferienangebote“ heißt es eindeutig:

(1) Übernachtungsangebote zu privaten Zwecken sind untersagt, soweit sie nicht aus Gründen der medizinischen oder pflegerischen Versorgung oder aus sozial-ethischen Gründen dringend geboten sind. Die Nutzung von dauerhaft angemieteten oder im Eigentum befindlichen Immobilien und von dauerhaft abgestellten Wohnwagen, Wohnmobilen und so weiter ausschließlich durch die Nutzungsberechtigten bleibt zulässig. Beim Betrieb von Gemeinschaftseinrichtungen auf Campingplätzen und so weiter sowie bei der Beherbergung von Reisenden einschließlich ihrer gastronomischen Versorgung sind die Hygiene- und Infektionsschutzstandards nach § 4 zu beachten.

(1a) Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer, die auf Rastanlagen und Autohöfen übernachten, dürfen dort gastronomisch versorgt werden. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

Positive Tendenz

Es kommt also mittlerweile entscheidend nur darauf an, dass die Lkw-Fahrer, wie eigentlich bislang auch, ihre eigenen Lkw als mobile Übernachtungsmöglichkeit dabei haben. Wieder einmal wird die VEDA nun mit jeder neuen Änderung der Verordnungen in den einzelnen Bundesländern ihre Mitglieder informieren. Diese wiederum werden es sicherlich, so wie der Lohfeldener Rüssel an der A 7, auf ihrer Homepage bekanntgeben. in Hessen war bereits am 16.12. 2020 ebenfalls die neue Regelung in Kraft getreten: „Rasthöfe (Tank- und Rastanlagen) und Autohöfe sind zur Aufrechterhaltung der Versorgung von Reisenden und Berufskraftfahrern weiterhin geöffnet.“

Die Tendenz scheint jedenfalls positiv, dass sich die Öffnung für die „systemrelevanten“ Berufskraftfahrer bundesweit durchsetzt. Auch die Tank & Rast hätte weiterhin die Möglichkeit, die Restaurants für die übernachtenden Lkw-Fahrer zu öffnen. Das ist aber wahrscheinlich angesichts der Überzahl an „normalen“ Reisenden kaum zu trennen. Immerhin bleibt dort weiter die rudimentäre Unterwegsversorgung über die geöffneten Tankstellenshops mit To-Go-Gerichten und die Öffnung der Sanitäranlagen gewährleistet.

Update:

Laut Veda gibt es nun in den folgenden Ländern eine jeweils unterschiedliche Ausnahme für Autohöfe: Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.

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