Während es um die Pkw-Maut verdächtig still geworden ist, werden im Bundesverkehrsministerium die Vorbereitungen zur Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen im Jahre 2018 forciert.
Vorgesehen ist dabei offenbar, wie schon bei der Erweiterung um 1.100 Kilometer zum 1. Juli dieses Jahres, eine freihändige Vergabe ohne Ausschreibung an den Maut-Betreiber Toll Collect.
Wie die Spatzen von den Berliner Dächern pfeifen, sollen die Verhandlungen mit Toll Collect über einen Vertrag zur technischen und organisatorischen Vorbereitung "kurzfristig – noch im September" anlaufen. Festgelegt werden soll dabei unter anderem, bis wann die notwendige Digitalisierung der weiteren rund 30.000 Kilometer Bundesstraßen realisiert wird und mit welchem System – dem erweiterten jetzigen oder gegebenenfalls einem neuen – dann die Bemautung erfolgt. Die Vorbereitungen sollen Probeläufe einschließen.
Untermauert werden soll die freihändige Vergabe mit "dringlichen zwingenden Gründen".
Gemeint sind damit die gute Funktionalität des bestehenden Toll-Collect-Systems und die langjährige Erfahrung des Unternehmens mit der Durchführung und Abwicklung der Lkw-Maut in Deutschland. Toll Collect, so heißt es, verfüge wie kein anderes Unternehmen über die notwendigen Fähigkeiten, die Einbeziehung aller Bundesstraßen in das Maut-System nahtlos wie geplant 2018 umzusetzen. Fachleute sind sich aber auch darin einig, dass die Erweiterung auf alle Bundesstraßen im Jahre 2018 im Rahmen einer formalen EU-weiten Ausschreibung zeitlich gar nicht mehr zu realisieren wäre.
Vergabe ohne Konkurrenz
Juristisch kann eine freihändige Vergabe nach dem sogenannten Ex-ante-Verfahren erfolgen. Dabei teilt die Bundesregierung nach erfolgreichen Verhandlungen und einem vorliegenden Angebot ihre Absicht mit, den Auftrag ohne Teilnahmewettbewerb zu vergeben. Wettbewerber haben dann gleichwohl 14 Tage Zeit zu rügen, also Einspruch einzulegen. Eine solche Rüge hat es bei der letzten freihändigen Vergabe zur Einbeziehung der 1.100 Kilometer Bundesstraßen in das Maut-System ab 1. Juli dieses Jahres nicht gegeben. Berliner Fachkreise sind sich allerdings nicht sicher, ob sich dies bei dem neuen, sehr viel umfangreicheren und entsprechend attraktiveren Auftrag ohne Weiteres wiederholen lässt. Das sei "nicht ohne Risiko" und durchaus ein "Ritt Dobrindts auf der Rasierklinge", ist zu hören.
"In gewisser Weise pikant" ist dieses Verfahren für Experten aber auch deshalb, weil parallel dazu, schon 2016, die EU-weite Ausschreibung über die Fortsetzung des Betreibervertrages ab 1. September 2018 ansteht. So bleibe eine freihändige Vergabe zur Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen "womöglich nicht ohne Einfluss auf
die dann anstehende Auftragsentscheidung".
Vorbereitungen für Oktober laufen auf Hochtouren
Unterdessen laufen in der Transport- und Logistikbranche die Vorbereitungen auf den Mautstart für Lkw ab 7,5 Tonnen zum 1. Oktober auf Hochtouren. Toll Collect rechnet damit, dass dann rund 160.000 inländische und etwa 90.000 ausländische Lkw und Lkw-Kombinationen zusätzlich mautpflichtig werden. Davon werden sich vermutlich rund 200.000 bei Toll Collect registrieren lassen, schätzt das Unternehmen. Bis Jahresende sollen 85.000 zusätzliche On-Board-Units (OBUs) eingebaut werden. Für den OBU-Einbau hält Toll Collect ein Merkblatt bereit. Die Teilnahme am Maut-System über die OBUs ist der einfachste Weg, die Gebühr zu bezahlen. Dies geht aber auch über das Internet oder an den 3.600 Mautstellen-Terminals. Die Tickets können bis zu drei Tage im Voraus gebucht werden.
Weitergehende Überlegungen, die Maut auch auf Lkw ab 3,5 Tonnen auszuweiten, gibt es im Bundesverkehrsministerium nicht. Der derzeitige Betreibervertrag sehe nur die Option einer Absenkung auf 7,5 Tonnen vor, heißt es auf Anfrage von trans aktuell. Eine weitere Absenkung sei im Rahmen des derzeitigen Mautsystems vergaberechtlich nicht möglich.