Arbeitsbedingungen in Osteuropa Aufklärungsarbeit

Foto: Camion Pro

Andreas Mossyrch von Camion Pro hat immer wieder osteuropäische Fahrer befragt. Seine Erkenntnis: Viele Transportunternehmen zahlen Löhne, die nicht den Regeln der Europäischen Union entsprechen.

Trotz des geltenden deutschen Mindestlohns – außer im Transit – steht er für viele osteuropäische Lkw-Fahrer nur auf dem Papier, erklärt Andreas Mossyrch vom Verband Camion Pro. "Kein osteuropäischer Fahrer, mit dem wir gesprochen und dabei über den deutschen Mindestlohn aufgeklärt haben, bekommt ihn", sagt Mossyrch. "Ihr Lohn besteht in der Regel aus einem geringen Bruttogehalt, hohen Spesen und Boni. Er liegt zwischen drei und sieben Euro pro Stunde."

"Viele Fahrer aus Osteuropa arbeiten in einem Rechts-freien Raum"

Viele Arbeitsverhältnisse seien zudem nicht EU-rechtskonform. Es gibt demnach Tagespauschalen oder kilometerabhängige Bezahlung. "Das ist eine unzulässige Verlagerung von Unternehmerrisiken auf die Arbeitnehmer und birgt sozialen Sprengstoff. Denn geringes Brutto bedeutet geringe Altersrente und Arbeitslosenversicherung. Im Osten gibt es einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil durch rechtswidrige Arbeits­verhältnisse."

Mossyrch spürt unter den Fahrern eine "Atmosphäre der Angst". "Sie fürchten sich vor Konsequenzen, wenn sie über ihre frühkapitalistischen Arbeitsbedingungen sprechen", sagt Mossyrch. Das Wirtschaftsklima im Osten sei geprägt durch Korruption bei Behörden. Urkundenfälschung und Tachomanipulation wären an der Tagesordnung. Im Osten gäbe es einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil durch massenhaft rechtswidrige Arbeitsverhältnisse. Oftmals würden Löhne auch gar nicht bezahlt. "Aufgrund einer fehlenden Rechtskultur ist es Fahrern kaum möglich, Forderungen gerichtlich geltend zu machen", erläutert Mossyrch. "Arbeitsgerichte gibt es kaum. Viele Fahrer haben Angst vor Repressalien. Es wird teilweise offen über Gewalt gegen abtrünnige Fahrer gesprochen."

Ausbeutung schon fast Standart

70 bis 80 Prozent der befragten osteuropäischen Fahrer beschreiben laut Mossyrch ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen als schlecht oder ganz schlecht. Viele fühlen sich ausgebeutet. "Das Geschäftsgebaren vieler Unternehmen trägt Tatbestandsmerkmale von organisierter Kriminalität." Seit Beginn der Befragung hat sich die Sichtweise des Camion-pro-Mannes auf die Probleme der osteuropäischen Fahrer verändert. "Offenbar ist der rechtsfreie Raum auch für viele deutsche Spediteure zu einem genauso wichtigen Standortvorteil geworden wie das niedrige Lohnniveau", klagt er. "Das Geschäftsgebaren in Osteuropa ist mit dem Ausdruck Sozial­dumping nur sehr unzureichend beschrieben. Passender ist der Ausdruck Wirtschafts­zuhälterei."

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