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Anton Schnürer über den Unfall und die Folgen Die Tochter beim Lkw-Abbiegeunfall verloren

Foto: ADFC München

Anton Schnürer verlor seine Tochter Sylvia vor zwei Jahren bei einem Lkw-Abbiegeunfall. Seitdem hat er sich der Prävention verschrieben.

Anton Schnürer nennt das Jahr 2016 sein „Schicksalsjahr“. Doch das Schicksal, das ihn und seine Familie in diesem Jahr traf, ist ein trauriges: Seine Tochter Sylvia starb an ihrem 30. Geburtstag bei einem Lkw-Abbiegeunfall im Münchener Stadtbezirk Moosach. Am 21.9.2016 um 9.21 Uhr verlor die junge Frau ihr Leben, weil ein rechts abbiegender Lkw-Fahrer sie an der Ecke Lassalle- und Triebstraße auf ihrem Fahrrad übersah. Sylvia Schnürer starb noch an der Unfallstelle.

Kurz vor dem Unglück urlaubte die gesamte Familie Schnürer gemeinsam in Kroatien, Sylvias älterer Bruder und die jüngere Schwester waren auch dabei. Die damals 29-Jährige bekam dort einen Heiratsantrag von ihrem Freund. Die Hochzeit sollte 2017 stattfinden. Am 17. September 2016 reisten die jungen Leute ab, Anton Schnürer und seine Frau blieben noch ein paar Tage. Die Nachricht vom Tod der Tochter erreichte die Schnürers daher in Kroatien. „Danach war erst einmal vier Wochen lang alles schwarz“, berichtete Schnürer beim trans aktuell-Expertengespräch zum Thema Abbiegeunfälle.

Anton Schnürer kennt beide Seiten - er ist selbst Logistiker

Seitdem hat sich das Leben von Sylvias Angehörigen komplett verändert. Anton Schnürer bezeichnet sich als „ruhe- und rastlos“, seine Frau und er haben ihr Haus in Kraiburg bei München verkauft – zu viele Erinnerungen an Sylvia. Sie leben nun in ihrem Wohnmobil und einem Münchener Apartment. Seine Frau war 16 Monate krankgeschrieben, mittlerweile kann sie wieder als Erzieherin arbeiten. Schnürer selbst fiel ebenfalls wochenlang im Job aus, versuchte dann weiterzuarbeiten und verlor seine Arbeit dennoch. Wie es das Schicksal so will, ist er selbst Logistiker, besitzt einen Lkw-Führerschein.

Wenn er über seine Tochter spricht, stockt immer wieder seine Stimme. Sylvia studierte nach dem Abitur Sport auf Gymnasiallehramt, brach das Studium aber ab und sattelte auf Psychologie um. Ihren Abschluss an der Fernuniversität Hagen machte sie mit dem Notendurchschnitt 1,0. Zuletzt arbeitete sie bei der Diakonie Oberbayern in der Jugendhilfe. „Sylvia war sehr sozial eingestellt und ein Familienmensch“, berichtet Schnürer. Der 63-Jährige hat selbst acht Geschwister, Sylvia wuchs in einer Großfamilie auf.

Ihre Geschwister radelten auch beim Ride of Silence mit, einer Aktion des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC), bei der den im Münchener Straßenverkehr getöteten Radfahrerinnen und Radfahrern gedacht wird. Schnürer hat sich seit dem Unglück ganz dem Kampf gegen Abbiegeunfälle verschrieben. „Sylvia war eine Kämpferin und ich kämpfe auch“, erklärt er. Unter anderem schreibt er regelmäßig an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), um ihn zum Handeln aufzufordern. „Sylvia könnte noch leben“, sagt er. Darum fordert er den verpflichtenden Einbau von Abbiegeassistenten in Lkw.

Tatsächlich sei der Unfall auf die Unachtsamkeit des Lkw-Fahrers zurückzuführen. Die Videoaufzeichnung der Tankstelle in unmittelbarer Nähe zum Unfallort beweist das. Weder der Fahrer noch die Firma meldeten sich bei Familie Schnürer, das Strafmaß erscheint ihnen gering: ein Monat Führerscheinentzug. „Aber ich klage niemanden an“, erklärt Schnürer. Vorwürfe macht er lediglich der Stadt München: „München ist nicht Fahrrad-freundlich.“ Die Straßenführung müsse dringend geändert werden. Ein Problem der Stadt stelle das enorme Bevölkerungswachstum dar. Ende 2017 lebten rund 1,5 Millionen Menschen in der bayerischen Landeshauptstadt, bis 2030 sollen es 1,8 Millionen sein. „Aber die Infrastruktur dafür fehlt.“

Am Unfallort unweit des Olympia-Einkaufszentrums stellte die Familie ein sogenanntes Ghostbike auf. Die weiß lackierten Fahrrader erinnern in Städten weltweit an Schicksale wie das von Sylvia Schnürer – und mahnen zur Vorsicht, damit Abbiegeunfälle endlich der Vergangenheit angehören.

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