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Ansorge Logistik Sorgenfrei im Lang-Lkw

Ansorge Logistik, Lang-Lkw, Feldversuch, Bilanz Foto: Rahtmann

Die vier Lang-Lkw bei Ansorge Logistik laufen weiter auffällig unauffällig. Sie sind Teil eines Riskmanagements. Der Anspruch dahinter ist, die Fahrzeuge mit der maximalen Sicherheit zu betreiben.

Becherhalter sind eine praktische Errungenschaft. Trotzdem braucht sie im Fahrzeug nicht jeder. Jürgen Bannasch kommt im Lkw ohne sie klar, jedenfalls mit Blick auf seinen Kaffeekonsum. Die halb gefüllte Tasse Filterkaffee steht immer rechts neben ihm auf dem Boden. Er fährt die Lang-Lkw bei Ansorge Logistik so ruhig, dass bis zur Ankunft am Zielort nicht ein einziger Schluck des Getränks aus der Tasse schwappt.

Frank Lenz kann es bestätigen. Der auf Schadensprävention spezialisierte Fahrertrainer beim Ausbildungszentrum Dehler & Partner hat Bannasch sechs Stunden an Bord des Lang-Lkw begleitet. "Jürgen Bannasch ist ein sehr guter Fahrer, er fährt den Lang-Lkw absolut sicher", lobt Lenz. Dass der Fahrer gänzlich unaufgeregt zu Werke ging, hat den Trainer schon überrascht – zumal er ohne Ankündigung auftauchte und Bannasch keine Chance hatte, sich auf den Besuch vorzubereiten oder das Fahrerhaus gegebenenfalls erst in Ordnung zu bringen.

Fahrertrainer fährt bei jedem Lang-Lkw-Fahrer mit

Auf ähnliche Mitfahrten müssen sich in den nächsten Monaten alle für Lang-Lkw geschulten Fahrer bei Ansorge einstellen. Denn das Unternehmen aus Biessenhofen im Allgäu hatte sich voriges Jahr entschieden, das Projekt Lang-Lkw in das interne Riskmanagement-System zu integrieren, das es seit mehreren Jahren hat.
Dahinter steht das Ziel der Schadensprävention. Einer der wichtigsten Bausteine des Riskmanagement-Konzepts ist der "Faktor Mensch". In 97 Prozent der Unfälle ist er der Verursacher. Insofern kommen die Begleitung und Schulung der Fahrer nicht von ungefähr. "Eine längere Mitfahrt hat auch den Vorteil, dass der Fahrer sich dann nicht mehr verstellen kann und der Fahrertrainer authentische Eindrücke gewinnt", erläutert Ralph Feldbauer, Riskmanager und Geschäftsführer des Unternehmens Risk Guard aus Nürnberg. Er hat die Federführung beim Riskmanagement-Projekt im Hause Ansorge.

Erste Zwischenbilanz fällt positiv aus

So positiv wie die Rückmeldung zum Fahrer fällt im Übrigen auch die erste Zwischenbilanz zum Lang-Lkw-Projekt insgesamt aus. "Wir haben keinerlei Besonderheiten bei der Durchführung zu verzeichnen", resümiert Wolfgang Thoma, geschäftsführender Gesellschafter bei Ansorge Logistik. Das führt er darauf zurück, dass sein Unternehmen die richtigen Linien ausgewählt habe, die Fahrer die Lang-Lkw akzeptierten und Ansorge traditionell im Kombinierten Verkehr tätig ist. "So können wir unter ökonomischen wie ökologischen Gesichtspunkten noch größere Vorteile erzielen."
Derzeit vier Lang-Lkw – drei "konventionelle" mit 25 Meter Länge und ein verlängerter Sattelzug – sind im Fuhrpark. Der erste XXL-Laster ist seit 10. Februar vorigen Jahres auf der Straße – als Ansorge als erstes Unternehmen im Rahmen des bundesweiten Feldversuchs mit ihm auf Jungfernfahrt ging. Seitdem haben die Einheiten zusammen rund 210.000 Kilometer zurückgelegt, die CO2-Ersparnis beläuft sich laut Ansorge auf 30 Prozent. Rechne man noch die Einsparung von rund 60 Prozent beim Hauptlauf auf der Schiene hinzu, sei die Rechnung noch eindrucksvoller: "Dann reden wir über eine 90-prozentige Schadstoffreduktion", betont Thoma.

Wo Licht ist, ist aber auch Schatten: Der Ansorge-Chef bedauert weiterhin den Flickenteppich mit Blick auf die am Feldversuch teilnehmenden Länder. So kann Ansorge anders als in München am Kombi-Bahnhof Köln keinen Lang-Lkw vorfahren lassen, weil Nordrhein-Westfalen zu den größten Kritikern des Versuchs zählt. "Außerdem grenzen wir mit der Beschränkung auf 44 Tonnen im Kombinierten Verkehr die gewichtsaffinen Branchen wie die Papierindustrie aus", moniert Thoma, der für eine Freigabe des Gesamtgewichts auf 60 Tonnen im Vor- und Zulauf zur Schiene wirbt.

Die Rechnung geht aber auch in anderer Hinsicht auf – nämlich in puncto Verkehrssicherheit. "Es gibt weder einen Rempler noch einen Lackschaden, geschweige denn einen Beinahe-Unfall", sagt Riskmanager Feldbauer, der alle Daten zu den Lang-Lkw auswertet. Das sei zum einen gegenüber Politik und Öffentlichkeit eine gute Nachricht. Zum anderen versteht Feldbauer das als positives Signal an die Versicherungswirtschaft.

Von vornherein ein Riskmanagement-Konzept umgesetzt

"Diese hat den Feldversuch von Anfang an mit Argusaugen beobachtet, weil dahinter die Angst vor unkalkulierbaren Risiken steht." Die Versicherung des Logistikers habe aber von vornherein zugesagt, die Lang-Lkw zu versichern – und das ohne Prämienaufschlag.
Ausschlaggebend für dieses Entgegenkommen ist nach Einschätzung der Ansorge-Verantwortlichen, dass sie schon vorher ein Riskmanagement-Konzept im Unternehmen umgesetzt hatten und somit die langen Einheiten nicht als Gefahr gesehen wurden. Positiv registriert die Versicherung auch, dass Ansorge mit dem Anspruch antritt, die Lang-Lkw mit maximaler Sicherheit zu betreiben. "Wir haben zweitägige Schulungen durchgeführt, obwohl der Verordnungstext nur zweistündige Unterweisungen verlangt", berichtet Prokurist Christian Winkler. Außerdem hat der Logistikdienstleister zum Jahreswechsel Frontsichtkameras des Herstellers Orlaco einbauen lassen.

Die Frontsichtkamera-Systeme leuchten Front- und Seitenbereich aus

Sie bringen selbst Trainer Lenz zum Schwärmen, der fast täglich in Lkw mitfährt und damit auch mit technischen Features bestens vertraut ist. "Die Systeme sind prima, weil sie großflächig den kompletten Front- und Seitenbereich ausleuchten", sagt er. Selbst bei Dämmerung zeige der Monitor im Fahrerhaus die Umgebung so kontrastreich an, als wäre es noch taghell. Die Fahrer müssten sich nur etwas umgewöhnen, weil sie damit sowohl auf die Spiegel als auch auf den Monitor schauen müssten.

Ansorge-Chef Thoma pflichtet Lenz bei. "Die Frontsichtkameras sind die absoluten Highlights", sagt er und äußert den Wunsch, dass eines Tages die Außenspiegel verschwinden, weil der komplette Außenbereich nur noch mit Kameras abgedeckt wird. Außenspiegel seien ein häufiges Schadensobjekt, zum anderen hätten viele Fahrer sie falsch eingestellt, ergänzt Riskmanager Feldbauer. Die Polizei geht seinen Erfahrungen nach bereits dazu über, bei Abbiegeunfällen die Spiegel zu fotografieren. Das bringe Fahrer, die diese nicht richtig eingestellt hatten, dann in Bedrängnis.

Was für die Kamera gilt, trifft laut Lenz auch auf den Gesamteindruck des Lang-Lkw zu. "Er fährt sich richtig gut. Überall, wo ein herkömmlicher Lkw mit fünf Achsen hinkommt, kommt auch der Lang-Lkw hin." Jürgen Bannasch weiß das nur zu gut. Er ist der Mann der ersten Stunde und seit 16 Monaten mit dem Lang-Lkw zwischen verschiedenen Ladestellen und dem Kombi-Bahnhof in München-Riem unterwegs. Immer mit an Bord: die Tasse Kaffee auf dem Fußboden. Und sie ist bislang noch auf jeder Fahrt heil geblieben.

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