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Alpentransit Brenner-Großbaustelle eröffnet

Foto: Grafik: Florence Frieser

Die Bauarbeiten am Brenner Basistunnel haben offiziell begonnen. Das umstrittene Milliardenprojekt soll die Alpen vom Lkw-Verkehr entlasten.

Bisher ging es nur um Vorbereitungen, nun ist im Ahrental bei Innsbruck der Hauptstollen des Brenner Basistunnels angeschlagen worden. Ab 2026 sollen in den beiden Röhren Züge fahren, das Bauwerk zwischen Innsbruck und Franzensfeste in Südtirol ist 55 Kilometer lang. Zum Tunnelanschlag war auch Prominenz vertreten. So fungierte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc als Namenspatronin. Geladen waren darüber hinaus die Verkehrsminister aus Italien (Maurizio Lupi), Österreich (Alois Stöger) und Deutschland (Alexander Dobrindt, CSU).

Die Kosten des Projekts sind immens: Auf 8,5 Milliarden Euro werden die Baumaßnahmen geschätzt, 2004 wurden sie noch mit vier Milliarden Euro ausgewiesen. Die Verbindung über den Brenner gilt in Brüssel als transeuropäisches Projekt mit Vorrang, das die EU mit Fördergeldern von bis zu 40 Prozent der Kosten unterstützt.
Kritiker befürchten, dass die in Tirol prestigeträchtig vergrabenen Mittel anderswo für kleinere, aber im europäischen Kontext wichtige Baumaßnahmen fehlen werden. Bezweifelt wird, dass die zusätzlichen Kapazitäten gebraucht werden und dass die Verkehrsverlagerung funktioniert. Umweltaktivisten sind die Bauarbeiten ohnehin ein Dorn im Auge. Im Raum steht auch der Vorwurf, dass das Großprojekt ein Selbstbedienungsprogramm für die Bauindustrie ist. Die Verhaftung eines Bauleiters in Italien und der Rücktritt von Minister Lupi wegen Korruptionsvorwürfen könnten diese Annahme stützen.

2,6 Milliarden aus Bayern

Der Chef der Brenner Basistunnel-Gesellschaft (BBT), Konrad Bergmeister, hat die Kosten schon mal relativiert. Die Investitionen betrügen hochgerechnet auf das Projektende circa zehn Milliarden, sagte er der Zeitung Merkur-Online. 700 Millionen Euro wurden bis Ende 2014 schon verbaut. Jetzt gelte es, die Finanzierung für 2016 bis 2020 abzusichern. "Wir erwarten uns neue Mittel aus der EU, es geht um 1,6 Milliarden Euro", sagte er. Beim Bau der Zulaufstrecken müsse Druck gemacht werden. Nötig sei der Ausbau Rosenheim–Kiefersfelden. Hier sinke durch mehr Regionalverkehr die Kapazität für Güterzüge.

"Mit dem Brenner Basistunnel realisieren wir im kommenden Jahrzehnt ein historisches Schlüsselprojekt der grenzüberschreitenden Eisenbahninfrastruktur in Europa", sagte Dobrindt. Das ist auch bei den Zulaufstrecken in Deutschland nicht für kleines Geld zu haben. Die Kosten auf bayerischer Seite werden auf 2,6 Milliarden Euro geschätzt. Im betroffenen Inntal regt sich schon lange Widerstand. Die Bevölkerung in Kiefersfelden, Flintsbach oder Rosenheim fürchtet noch mehr Güterverkehr. Die Bestandsstrecke soll für mehr als 300 Züge täglich ausgebaut werden, derzeit fahren hier etwa 180 Züge.

Tunnel ist kein Selbstläufer

Die Deutsche Bahn hat daraufhin mehr Lärmschutz als vorgeschrieben angeboten, Dobrindt kündigte zudem bis 2020 die Einführung von Flüsterbremsen in Deutschland an. Parallel zu dieser Modernisierung solle ein drittes und viertes Gleis gebaut werden, bekräftigte der Minister. Noch in diesem Jahr will man Vorschläge für die Trassenführung entwickeln, sie sollen im Dialog mit den Bürgern entstehen. Die Bürgerini­tiative Inntalgemeinschaft lehnt diesen Neubau ab. Ihr Vorstand Georg Dudek befürwortet den Ausbau der bestehenden Strecke bei gutem Lärmschutz, sie sei derzeit nicht ausgelastet.

An die 400 Züge könnten täglich im Mischverkehr den Brenner passieren, rechnet BBT-Chef Bergmeister und denkt an mindestens 250 im Tunnel und 150 auf der oberirdischen Strecke. Generell sei die Tunnelkapazität aber noch viel höher, wenn man die Züge mithilfe des Leitsystems ETCS eng takte.

Um wie vorgesehen Lkw auf die Schiene zu bringen, müssten die Strukturen wie Terminals vorhanden sein. Eine Transitgebühr hält Bergmeister nicht für ausschlaggebend für eine rege Nutzung. Spediteuren seien Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und Sicherheit am wichtigsten. Ohnehin müsse eine Alpentransitbörse eingerichtet werden, die den Verkehr auf der Straße gezielt dosiert. Der teure Tunnel ist also kein Selbstläufer.

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