Active SideGuard Assist im Lkw Selbstbremsender Lebensretter bei Overnight

ASGA Foto: Jan Bergrath 4 Bilder

Die ersten Actros mit dem selbstbremsenden Active Sideguard Assist kommen nun in die deutschen Flotten. Wolfgang Herbrand von Overnight in Osnabrück, der vier Jahre das Vorgängermodell des Actros fuhr, ist bereits vom Sicherheitsgewinn überzeugt.

Den Beinaheunfall beim Rechtsabbiegen auf ein Firmengelände in Fürth im letzten Jahr hat Wolfgang Herbrand (55) immer noch im Hinterkopf. Seit 1992 fährt er Lkw, seit 1995 für das Transportunternehmen Overnight aus Osnabrück, das ein Jahr zuvor aus dem damaligen Werkverkehr von Coppenrath & Wiese gegründet wurde.

„Schon 2017 haben wir die ersten Actros 1842 mit dem radarbasierten Abbiegeassistenten bekommen“, erzählt Wolfgang und erinnert sich an den breiten Radweg in Fürth, wo er vorher keinen Radfahrer überholt hatte, aber plötzlich, als er mit dem Lkw schon im Rechtsknick des Abbiegens war, das rote Dreieck in der A-Säule aufleuchtete und der Warnton kam. „Der Radfahrer war so schnell von hinten gekommen, der war aber zum Glück schon wieder am Lkw vorbei, als ich überhaupt reagieren konnte.“

Selbstversuch mit dem Chef

Anfang Oktober, an einem sonnigen Samstagvormittag, fährt Wolfgang mit seinem erst zehn Tage zuvor zugelassenen Actros 1846 Bigspace in Schrittgeschwindigkeit über das eigene Firmengelände. Dort gibt es eine kleine Straße um ein Gebäude. Er weiß natürlich, dass sein Chef, der Prokurist Gerald Honerkamp, ihn gleich auf dem eigenen Fahrrad von hinten überholen wird. Er kann ihn über die Mirrorcams in den beiden Monitoren auf der rechten Seite an der A-Säule sehr gut sehen. Vorsichtig schlägt Wolfgang die Lenkung rechts ein. Da erscheint sofort nicht nur das rote Warndreieck. Nahezu gleichzeitig mit dem Warnton geht der Actros schon voll in die Eisen. „Das war ich nicht“, sagt Wolfgang spontan. „Das war der Lkw.“

So soll das auch sein. Als erstes Transportunternehmen in Osnabrück hat Overnight über den Partner Beresa die ersten beiden Actros 1846 mit ABA 5 und dem Active Sideguard Assist (ASGA) in Dienst gestellt. Wolfgang fährt den Kühlzug im neuen blauen Design der Spedition. Den zweiten Lkw in der bekannten weiß-roten Hausfarbe von Coppenrath & Wiese steuert Valeri Dederer. „Weitere acht Lkw sollen bis Ende des Jahres kommen“, sagt Gerald Honerkamp, der neben Fuhrparkleiter Lars Siepmann mittlerweile 45 eigene Lkw verantwortet, 36 sind Actros, neun Scania S. „Wir tauschen also ein bislang gutes Sicherheitssystem zur Verhinderung von Abbiegeunfällen mit dem weiterentwickelten und besseren System aus.“

Selbständige Bremsung bis 20 km/h

In der Tat: Als weltweit erster Hersteller bietet Mercedes-Benz Trucks den aktiven Abbiegeassistenten an, der den Fahrer nicht mehr nur vor auf der Beifahrerseite befindlichen und sich bewegenden Radfahrern, E-Scootern oder Fußgängern warnen kann, sondern bis zu einer eigenen Abbiegegeschwindigkeit von 20 km/h auch eine automatisierte Bremsung bis zum Stillstand des Fahrzeugs einleiten kann, sollte der Fahrer bei einer Kollisionsgefahr nicht auf die Warntöne reagieren. Vorgestellt wurde der ASGA bereits im September 2020 in Wörth. In der Sendung 37 von FERNFAHRER LIVE warnte der damalige Leiter der konzerneigenen Unfall­forschung, Kay Morschheuser, vor dem Missverständnis, das Radfahrer über das Abbiegeverhalten von Lkw haben.

Ein Abbiegeassistent hätte nach einem Urteil des Kölner Amtsgerichts im September dieses Jahres wahrscheinlich auch den tragischen Lkw-Unfall mitten in Köln im Mai 2020 verhindern können. Ein möglicher toter Winkel, der besonders in der Dynamik des Abbiegevorgangs entsteht, ist keine Entschuldigung. Der Fahrer bleibt weiterhin voll in der Verantwortung. Und das sogar, wenn ein Abbiegeassistent verbaut ist. Mit mehr Rücksicht der Radfahrer ist vorerst nicht zu rechnen, mit einem von der Unfallforschung angemahnten Verbot, stehende Lkw rechts zu überholen, auch nicht. Im Gegenteil. In vielen Innenstädten wird sich das verkehrspolitische Anti-Lkw-Klima zukünftig wohl weiter verschärfen. Eine gesetzliche Einführung für Neufahrzeuge gibt es erst ab 2024.

Positiver Trend

Die gute Nachricht: Für die meisten europäischen Märkte erkennt Daimler seit Jahren einen positiven Trend, so die Pressestelle der Daimler Truck AG auf Nachfrage. „Die größte Nachfrage verzeichnen wir dieses Jahr in Deutschland und in der Schweiz, wo bereits rund 85 Prozent der Actros-Modelle, für die das System verfügbar ist, mit dem Abbiegeassistenten bestellt wurden.“ Konkrete Zahlen über den Actros mit dem ASGA gibt es noch nicht. Für Wolfgang spielt das keine Rolle. „Ich bin froh, dass ich diesen neuen Lkw für meine Touren überwiegend in die Zentrallager des Einzelhandels habe, und ich bin mir sicher, dass ich damit keine zweite Situation wie in Fürth erleben werde.“

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