Zertifikate für Servicebetriebe Mit Brief und Siegel

Zertifikate für Servicebetriebe Foto: Karl-Heinz Augustin

Eine Managementzertifizierung etwa nach ISO 9001:2008 kann sich für Werkstätten auszahlen. Damit einher gehen effiziente und kosteneinsparende Arbeitsprozesse. Das sagen Christof Hauser und Jürgen Wartmann von Dekra Certification.

Welche Zertifizierungen sind für Werkstätten wichtig?

Hauser: Es gibt drei zwar freiwillige, aber wichtige Managementsystem-Zertifizierungen.  ISO 9001:2008 deckt den Bereich Qualität, ISO 14001 den Bereich Umwelt und OHSAS 18001 den Arbeitsschutz am Arbeitsplatz ab. OHSAS steht für Occupational Health and Safety Assessment System.
Wartmann: Wobei das Thema OHSAS nur selten in Anspruch genommen wird, weil kein Druck auf die Betriebe vorhanden ist und die Berufsgenossenschaften eigene Ansprüche
an die Betriebe stel­­len, die der OHSAS 18001 zumindest teilweise vorgreifen. OHSAS ist daher überwiegend im Industriebereich anzu­treffen.

Was bedeutet ISO 9001:2008 für eine Werkstatt?

Hauser: Der Betrieb muss ein Managementsystem entsprechend den Anforderungen der ISO vorweisen. Dazu gehört es, sämtliche Strukturen und Prozesse und deren Wechselwirkungen zu dokumentieren und entsprechend der Norm vor Ort tatsächlich umzusetzen.
Wartmann: Hierzu gehören – im Falle von Vertragswerkstätten – vom Fahrzeughersteller vorgegebene Prozesse wie interne Gütekontrollen. Diese müssen auch in das System integriert sein.

Wie stellen Sie sicher, dass die Vorgaben auch eingehalten werden?

Hauser: Ein Auditor kontrolliert im Rahmen der sogenannten 1.-Phase-Prüfung die Dokumentation. Er vergleicht, ob die beschriebenen Prozesse zum Unternehmen passen und ob die Prozesse und Strukturen des Unternehmens in der Lage sind, die Anforderung und Vorgaben der ISO 9001:2008 zu erfüllen. In der 2.  Phase kontrolliert der Auditor dann, ob der Betrieb diese Prozesse entsprechend der Dokumentation und den Normforderungen umgesetzt hat.

Wie viel Aufwand steckt hinter einer Zertifizierung?

Hauser: Hier muss man zunächst einmal zwischen den vorbereiteten Tätigkeiten und dem eigentlichen Audit unterscheiden. Zur Vorbereitung zählt die Erstellung eines Handbuchs und die Prozessentwicklung beziehungsweise -gestaltung. Hier kann das Unternehmen unter Umständen auf bereits vorgegebene Prozesse des Herstellers zurückgreifen und diese in die Dokumentation und das System einbinden. Dann erst folgt das eigentliche Audit. Der komplette Aufwand für das einzelne Unternehmen ist schwierig abzuschätzen. Hier kommt es ganz auf den Wissens- und Organisationsstand an, den der Betrieb zu Beginn hat. Der Aufwand für das reine Zertifizierungs-Audit orientiert sich vor allem an der Unternehmensgröße.
Wartmann: Die meisten Unternehmen holen im Vorfeld einen externen Berater zur Unterstützung. Der lässt sich dann zum Beispiel über Dekra Consulting bestellen. Es sollte auf jeden Fall ein Experte aus der Automobilbranche sein, der im Idealfall auch Erfahrung im Nutzfahrzeugbereich hat. Einen solchen Berater dauerhaft hinzuzuziehen – auch nach der Zertifizierung – kann ebenfalls von Vorteil sein, denn das System muss nach der Einführung weiterentwickelt werden.

Welche Information liefert das Zertifikat den Kunden?

Wartmann: Mit einem zertifizierten Managementsystem zeigt das Unternehmen den Kunden, dass die Kundenzufriedenheit, die Einhaltung von gesetzlichen und die behördlichen Vorgaben sowie die Weiterentwicklung der Mitarbeiter im Betrieb verankert sind.
Hauser: Und viele Unternehmen nutzen die Zertifizierung, um die Organisation auf Vordermann zu bringen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Verträge mit Herstellern eine ISO-9001-Zertifizierung voraussetzen.
Wartmann: Die ISO-Zertifizierung ist auch ein gutes Mittel, um einen Generationenwechsel vorzubereiten. Der Nachwuchs wird dadurch in den Prozess eingebunden und lernt so den Betrieb bis ins Detail kennen.

Wie wichtig ist es für eine Werkstatt, ihre Umweltfreundlichkeit zertifizieren zu lassen?

Wartmann: Eine Zertifizierung nach ISO 14001 dokumentiert, das Umweltbewusstsein des Betriebes, was immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Die Vorgaben sind ähnlich der ISO 9001, nur weitgehender. Es müssen eine geeignete Organisationsstruktur vorhanden, Umweltziele und Verbesserungsmaßnahmen formuliert werden sowie die einschlägigen Gesetze bekannt sein. Verantwortlichkeiten müssen geklärt sowie einzelne Funktionen definiert werden. Das bedeutet: Wer ist der Abfall- oder Umweltschutzbeauftragte? Als möglicher Verantwortlicher für diese Aufgabe kommt beispielsweise der Werkstatt- oder Lagerleiter in Frage.

Was hat eine Werkstatt hierbei zu berücksichtigen?

Wartmann: Etwa den Umgang mit Reststoffen – Altöl, Bremsflüssigkeit und so weiter. Für all das muss es geeignete Entsorgungsmöglichkeiten im Unternehmen geben. Hinzu kommen das Gefahrstoffkataster, die Sicherheitsdatenblätter, Betriebsanweisungen und Mitarbeiterunterweisungen im Umgang mit umweltrelevanten Stoffen usw. Das alles lässt sich auf eine einprägsame Formel bringen: SOS – Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit.

Zur Arbeitssicherheit: Um welche Inhalte geht es hier?

Wartmann: Umweltschutz und Arbeitsschutz gehen Hand in Hand. Wer Umweltschutz lebt, tut gleichzeitig etwas für die Arbeitssicherheit. Die Inhalte sind bis zu 80 Prozent deckungsgleich. Man denke nur an die Abgasuntersuchung. Dabei geht es nicht nur um Umweltbelastung durch Emissionen, sondern auch um die Gesundheit der Mitarbeiter, die diese Prüfung durchführen. Die Fragen, die sich hierbei stellen, lauten unter anderem: Wie sind die Arbeitsmaterialien richtig anzuwenden, welche Schutzmaßnahmen für die Gesundheit sind zu ergreifen?

Welchen Rat haben Sie für Servicebetriebe, die sich prüfen lassen wollen?

Wartmann: Die Betriebe müssen offen sein für Neues. Wer schon 20 Jahre lang als Mechaniker arbeitet, der geht oft davon aus, dass seine bisherigen Arbeitsweisen noch weitere 20  Jahre richtig sein werden. Oder der Betrieb führt im ungünstigsten Fall eine Zertifizierung nur ein, weil er einen Servicevertrag mit einem Hersteller anstrebt und dieser eine ISO-9001-Zeritifzierung zur Bedingung macht. Daran kann eine Zertifizierung auch scheitern.

Wie verankern Sie das richtige Denken im Betrieb?

Wartmann: Ich schaue mir die Prozesse und die Unternehmenskennzahlen an und sehe oft sofort, dass man allein im Serviceprozess die Kosten erheblich verringern könnte. Ein  typisches Beispiel ist, wenn die Wand für das Spezialwerkzeug am Ende des Tages nur wieder halb aufgeräumt ist und die Mechaniker einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit mit der Suche nach Spezialwerkzeug verbringen. Dann weiß ich, dass das Unternehmen vielleicht ein Organisationsproblem hat und die Mitarbeiter einen nicht unerheblichen Teil ihrer Zeit mit der Werkzeugsuche verbringen. Mit solchen Argumenten überzeugen wir jeden Werkstattleiter und Geschäftsführer.

Die finanziellen Aufwendungen verdient die Firma ­also anschließend wieder?

Hauser: Ja. Wenn der Betrieb das System richtig umsetzt, sollte sich dies auch finanziell auszahlen.

Zu den Personen

Jürgen Wartmann ist Fachkoordinator SCC/SCP und OHSAS 18001 sowie stellvertretender Leiter der Zertifizierungsstelle und Lead Auditor bei Dekra Certification.

Christof Hauser ist bei Dekra Certification als Branchenverantwortlicher Industrie und Automotive zuständig für den Bereich Autohaus und Werkstätten.

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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Experte für Flottenmanagement und angewandte Mobilitätsangebote Rolf Lübke Mobilität, Fuhrpark (inkl. Wasserstoff-Expertise)
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