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Young Professionals Truck Award 2017 Azubis küren den besten Fernverkehrs-Lkw

Ring frei zur dritten Runde: Der Young Professionals Truck Award (YPTA) fand in diesem Frühjahr rund um den Nürburgring statt. Knapp 70 Berufsschüler setzten sich zwei Tage lang mit den Fernverkehrs-Flaggschiffen von DAF, Iveco, Mercedes, Renault Trucks, Scania und Volvo auseinander.  Mit dabei, aber außer Konkurrenz: eine 400 PS starke Erdgas-Version des Iveco Stralis.

Die Ausschreibung sah ansonsten Fernverkehrs-Sattelzugmaschinen mit größtem lieferbaren Fahrerhaus vor, Sechszylinder um 500 PS (plus/minus 20 PS), automatisierte Getriebe und 315/70er-Reifen auf der Antriebsachse. Sicherheitstechnisch konnte über das gesetzlich geforderte Minimum hinaus das volle Programm aufgefahren werden.

Den einen oder anderen kleinen Bonus heimsten dabei Mercedes mit dem neuen Abbiegeassistenten und Volvo mit der Spurwechselunterstützung im FH ein. Als Mindeststandards im Innenraum waren Kühlschrank und zwei Liegen aufgerufen, wobei bei zwei ansonsten identischen Fahrzeugen auch ein Fahrzeug mit Single-Ausstattung zulässig war. Der geforderte Minimalkomfort erwies sich aber als Makulatur. Getreu der Devise "nicht kleckern, sondern klotzen" schöpften alle Hersteller beim lieferbaren Zubehör aus dem Vollen – innen wie außen: schicke Lackierung, breite 385/55er auf der L

Probefahrt mit zehn Tonnen Ballast

Auf Probefahrt ging es schließlich mit identischen Curtainsidern, beladen jeweils mit zehn Tonnen Ballast. Die Runde bot eine knackige Topografie. Vom Start am Eifeldorf ging es in Richtung Döttinger Höhe, dort links die L92 ziemlich steil und kurvig, teils mit Spitzkehren, runter nach Breidscheid und ab der T-Kreuzung mit der B257 wieder hoch, zurück zum Ring. Die Einschätzung von Tim Weigold (22): "Die Strecke ist anspruchsvoll und macht Spaß. Aber man braucht beide Hände am Steuer."

DAF XF mit Super Space Cab

DAF musste zum Zeitpunkt der Einladung nicht lange überlegen: 460 oder 510 PS lauteten da die stärksten Alternativen des 12,9-Liter-Motors MX-13 im XF. Zwei 510er mit Super Space Cab standen folglich zur Erprobung bereit, identisch ausgestattet mit Zwölf-Gang-AS-Tronic und 2,53 übersetzter Hinterachse. Eine vernünftige Wahl, im überwiegenden Urteil der Tester nicht zu lang und nicht zu kurz. Allerdings verzichtete DAF darauf, bei der Bremsleistung das Maximum rauszuholen, wie es die übrigen Hersteller taten, und beließ es in Kombination mit dem ZF Intarder bei der normalen Auspuffbremse.

Schade, denn just auf der kurvigen und steil abfallenden Landstraße hätte die verstärkte MX-Motorbremse sicherlich einen positiven Eindruck hinterlassen. Die top ausgestattete Super Space Cab leistete sich dagegen keine echten Schwächen und kassierte durchgängig Noten im Zweierbereich. Das ausgewogene Bild bringt Celina Lübbers (19) auf den Punkt: "Mein Favorit ist der DAF XF. Er gefällt mir von außen und innen, lässt sich schön fahren, hat genug Staufächer und bietet Bewegungsfreiheit in der Kabine."
Stellt sich die Frage, wie das Ranking mit der inzwischen präsentierten Neuauflage des XF ausgesehen hätte. Die neue Spitzenmotorisierung mit 530 PS wäre zwar übers Ziel hinausgeschossen, aber ein neuer XF 480 mit ZF-Traxon-Getriebe und modellgepflegter Super Space Cab hätte vermutlich einige Zehntelnoten rausgeholt.

Iveco Stralis XP

Beim Iveco Stralis XP sind aus dem 12,9 Liter großen Cursor 13 mit "SCR only"-Abgasreinigung bis zu 570 PS geboten – in dieser Hubraumklasse unter den europäischen Herstellern gegenwärtig der Spitzenwert. Im geforderten Wettbewerbsumfeld des YPTA durfte es allerdings "nur" der 510er sein, der mit 2.300 Newtonmeter Drehmoment gegenüber der Konkurrenz zudem recht deutlich das Nachsehen hatte. Eine etwas kürzer übersetzte Achse als die gewählte 2,47er hätte da vermutlich gutgetan. Dennoch erhielt der Stralis in der Disziplin Fahren die beste seiner Einzelnoten, auch dem kräftig zupackenden Duo aus Turbobrake und Retarder geschuldet.

Dagegen schnitten vor allem Materialien, Innen- und Außendesign der XP-Großraumkabine relativ schlecht ab. Dazu muss man aber fairerweise sagen, dass in der Summe der Testprotokolle einige drastische Ausreißer nach unten dem Iveco eine bessere Gesamtnote verhagelten. Anders gesagt: Das Urteil präsentierte sich deutlich weniger ausgewogen als bei den Konkurrenten, der Iveco polarisiert innerhalb der jungen Fahrerschaft. Dass die Jugend dem Iveco mit durchschnittlich 3,5 die mit Abstand schlechteste Imagenote erteilte, fügt sich da ins Bild.

Erdgas-Lkw kommt gut an

Unter derlei Vorzeichen geht dann offenbar auch unter, dass der Stralis in Topausstattung mit einigen Pfunden zu wuchern hat: drehbarer Beifahrersitz und riesiger 50-Liter-Kühlschrank inklusive. Absolut positiv bleibt immerhin die vielfach geäußerte, ehrliche Überraschung festzuhalten, auch mit der 400-PS-Erdgasvariante flott im Feld mithalten zu können.

Mercedes Actros 1851 Gigaspace

Vor die Qual der Wahl sah sich bei der Motorenauswahl Mercedes gestellt: der 12,8 Liter große OM471 als 480er oder 510er oder doch das dicke 15,6-Liter-Aggregat OM473 in der 517 PS starken Einstiegsmotorisierung? Es wurde der "vernünftige" 510er, ausgestattet mit Zwölfgang-Powershift, High-Performance-Motorbremse und Voith-Wasserretarder. Zudem leistete sich Mercedes die kürzeste Achse im Feld, setzte also voll auf die Karte "Fahrmaschine". Die Rechnung ging auf: Der Actros 1851 Gigaspace erhält eine solide "Zwei plus" – besonders auch für den wichtigen Imagewert.

Luxusausstattung: Sitz mit Massagefunktion

Was speziell die Gigaspace-Kabine anbelangt, einmal als Solostar (mit Sessel an der Rückwand und großem Klapptisch) sowie in konsequenter Zwei-Mann-Ausführung am Start, gab es überhaupt nur eine einzige Teilnote schlechter als Zwei: für die Spiegel. Ansonsten breite Zustimmung. An das satte Innenvolumen, das Stauraumangebot und natürlich die Luxusausstattung bis hin zum Fahrersitz mit Massagefunktion würde sich jeder der Tester gern gewöhnen. Fazit von Nabil Rahou (22): "Am besten hat mir der Actros gefallen: gute Verarbeitung, edles Interieur, ausgereifte Technik und viele Multimediafunktionen, die heute nicht mehr wegzudenken sind."

Renault T High

Renault Trucks rückte mit dem stärksten lieferbaren "T High" an, mit 520 PS aus dem 12,8-Liter-Reihensechser DTi13. Jener stammt ebenso aus dem Konzernbaukasten von Volvo wie die Optidriver-Schaltautomatik. Dazu die verstärkte Motorbremse Optibrake+, Retarder und die nach Mercedes kürzeste Achse im Feld, und fertig war eine ziemlich überzeugende Mischung: Mit Platz zwei im Gesamtklassement war bei allem Respekt nicht unbedingt zu rechnen.

Renault Trucks überrascht

Abgesehen vom gelungenen Triebstrang gibt es dafür gute Gründe. Da ist etwa die Maxispace-Alleinfahrer-Ausstattung, die zusätzlich zur Zweimann-Variante zur Beurteilung stand. Ein riesiger Tisch zum drehbaren Beifahrersitz, Schränke an der Rückwand und dazu Details wie ein passgenauer Geschirrkasten und eine bequeme Hängematte an der Flanke: Renault hat in der Single-Version einige wirklich pfiffige Ideen umgesetzt.

Scania S

Scania hätte wohl nichts dagegen gehabt, statt des geforderten Sechszylinders den prestigeträchtigen V8 ins Rennen zu schicken – dessen 520 PS starke Einstiegsmotorisierung hätte leistungsmäßig ja gepasst. Im Tagesgeschäft mit Reihensechszylindern ist bei den Schweden dagegen bei 500 PS aus 12,7 Liter Hubraum und mit SCR-only-Technik Schluss. Aufwendige Motorbrems-Konstruktionen sind generell nicht das Ding von Scania, aber wozu hat man Retarder aus eigener Fertigung? Die neueste Generation kommt auf bis zu 4.100 Newtonmeter Bremsmoment und ist zudem abkoppelbar, vermeidet also Schleppverluste. Auf der Landstraßenrunde konnte der Scania damit bergab vollauf überzeugen, über die gesamte Strecke wäre ohne die mit Abstand längste Achse vielleicht sogar noch ein Tick mehr drin gewesen.

Design polarisiert

Das Kabineninterieur rangiert bei rund 1,6 bis 1,7, mit Highlights wie den beiden Kühlschränken (zusammen rund 75 Liter) und dem sportlichen, unten abgeflachten Lederlenkrad. Ausgerechnet beim Design schwächelt das neue S-Fahrerhaus aber ein wenig. "Gewöhnungsbedürftig", meinten viele Testteilnehmer. "Die neue Scania-Form ist Geschmackssache – mir gefällt sie aber ganz gut", sagte nach kurzem Zögern Tester Marcel Winkel. Von Designfragen unberührt, erfreut sich der Scania aber auch ohne V8 einer hervorragenden Imagenote und liegt in der Endwertung ganz weit vorn.

Volvo FH

Der Erste im Ranking ist aber der Letzte im Alphabet: der Volvo FH. Tester Sven Randerath hat das Wort: "Die Doppelkupplung ist ein Traum und die elektrisch unterstützte Lenkung ist der Hammer. Die Ausstattung ist auch sehr hochwertig – man merkt, dass sie dieses Auto eigens für den YPTA gebaut haben." Damit trifft er den Nagel auf den Kopf, denn als mittlerweile Triple-Sieger nach 2013 und 2015 ließ Volvo diesmal erst gar nichts anbrennen: Zweimal war das Sondermodell Performance Edition mit 500-PS-Motor aufgerufen, mit allen technischen Leckerbissen wie Einzelradaufhängung, Doppelkupplungsgetriebe und Dynamic Steering-Lenksystem. Die fast so lange Triebstrangauslegung wie beim Scania fiel angesichts der nahezu unmerklichen Schaltvorgänge kaum einem Tester auf.

Klar, dass sich auch die Liste der Sicherheitssysteme so umfangreich wie möglich präsentierte, inklusive VEB+-Motorbremse und Retarder. Zur Volllederausstattung gab es in den Globetrotter-XL-Häusern in Single- und Zwei-Mann-Ausführung fast alle weiteren verfügbaren Extras, wobei neben der elektrisch betätigten Feststellbremse besonders die zusätzliche Lenkwellenverstellung die Tester begeisterte. So bot denn auch die Auswertung der Testprotokolle nicht wirklich eine Überraschung: Wohin die Reise gehen würde, ließ sich an den beiden Testtagen schon an der schieren Zahl der mit dem Volvo "im Arm" geschossenen Selfies eindeutig ablesen. Lange Rede, kurzer Sinn: Die Jugend steht einfach auf den FH.

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