Weihnachten Eine Tanne für den Münchner Marienplatz

Foto: Volker Hammermeister 10 Bilder

Ein Sattelzug mit Pritschenauflieger, ein 120-Tonnen-Kran und 15 Mann sind nötig, um eine stattliche Tanne in die Großstadt zu bringen. Sie bringt weihnachtlichen Glanz auf den Müncher Marienplatz.

Jo mai, die Münchner. Wenn die einen Christbaum vor ihrem Rathaus aufstellen, muss das schon eine ganz besondere Tanne sein.

Über 90 Jahre stand sie im Wald. Erst im Schutz anderer Tannen, die aber alle für Bauholz gefällt wurden. Dann jahrzehntelang alleine. Zeit genug, um rundum schöne, gleichmäßige Äste zu entwickeln. Das sieht zwar gut aus, ist aber den Waldbauern ein Graus: 5,1 Kubikmeter Stammholz, sehr astig, nur Klasse C, Wert: 400 Euro. Die Kommission aus München fällte dagegen ein ganz anderes Urteil. Sie durfte unter fünf Kandidaten aus der Umgebung von Bad Kohlgrub in der Nähe von Garmisch-Patenkirchen auswählen und entschied sich schließlich für sie.

Tieflader und 120-Tonnen-Kran im Einsatz

"Gott sei Dank", meint der Chef des Organisationsteam Anton Gundlfinger, denn hier führt der Forstweg direkt vorbei. Da haben weder der 120-Tonnen-Kran noch der Tieflader ein Problem. Abgesehen von ein paar Kurven, die Bauhof-Chef Thomas Lange mit Kies aufschüttete und verbreitern ließ. Damit ist das Schicksal der 90-jährige Tanne besiegelt: Sie beendet ihr irdisches Dasein mit einem fulminanten Abgang. Sie wird als Christbaum den Marienplatz im Herzen von München schmücken.

Bis zu diesem Happy End war es ein langer Weg. Die Gemeinde hatte sich bereits 2002 für diese Ehre beworben. In diesem Jahr ist es endlich soweit. Die bayrische Landeshauptstadt kann sich vor Angeboten nicht retten. "Die Warteschlange ist inzwischen 20 Jahre lang", weiß Bürgermeister Gerald Tretter. "Deshalb wurde sie jetzt erst einmal geschlossen."
Landwirt Vinzenz Schauer hat die Tanne spendiert. Auch die Gemeinde wird München keine Rechnung stellen. Die Bemühungen sind allerdings nicht umsonst. Die Vereine dürfen im Gegenzug im Eingangsbereich des  Christkindlsmarkts einen Glühweinstand betreiben. Die Einnahmen werden die Unkosten um ein Vielfaches übersteigen. Das zeigt die Erfahrung der letzten Jahre. Eine willkommene Finanzspritze. Tretter. "Damit finanzieren die Vereine ihre Jugendarbeit."

15 Männer organisieren die Baumfällung

Nun hält ein Dorf wie ein Mann zusammen. Thomas Lang hat 15 Männer organisiert, alle "erfahrene Holzer". Das Problem: Die Tanne darf beim Fällen nicht beschädigt werden, vor allen Dingen dürfen die Äste nicht brechen. Also werden sie mit 100 Gurten hochgebunden. Lang  hat an anderen Tannen geübt und weiß, wie weit er gehen kann. Das Wetter ist an diesem Tag im November ideal: Kein Schnee, der den Fahrzeugen Probleme macht, kein Frost, der die Äste erstarren lässt.

Andreas, der Juniorchef von Magnus Albrecht Kranverleih in Polling, hält mit seinem Ausleger den Baum. Er kennt sich aus mit Problemfällungen, allerdings sonst eher in Wohngebieten. Toni setzt die Säge an. Ein Ruck, ein Schwenk, dann liegt die Tanne mit dem Stamm schließlich auf einem Traktor-Anhänger. Das Hochbinden der Äste beginnt.
In der Zwischenzeit ist Magnus Jäger mit seinem Auflieger eingetroffen. Er fährt normalerweise Leimbinder beim Bauunternehmer Maier in Türkheim. "Da weiß ich, woran ich bin." Beim Christbaum ist hingegen einiges offen. Magnus hatte schon letztes Jahr die Ehre bei der Nachbargemeinde Bad Bayersoien. "Das war der reinste Menschenauflauf. Da musste ich aufpassen, dass nichts passiert." Dagegen ist es ganz ruhig in Bad Kohlgrub. Hier lauern andere Schwierigkeiten. So muss Magnus seinen Sattelzug für die letzten 200 Meter bis zur Tanne erst wenden und dann mit seinem ausziehbaren Pritschenauflieger von Goldhofer zurückstoßen. Das funktioniert einwandfrei, weil er seinen Auflieger per Fernsteuerung lenken kann. Doch dann möchte er den Auflieger mit dem gewohnten Schwung ausfahren – und die Schiene klemmt. Erstens ist sie auf dem unebenen Untergrund verkanntet. Zweitens rutschen die Räder des Aufliegers auf dem unbefestigten Forstweg.

Damit beginnt die Fummelei. Magnus lässt die Luft am Trailer ab, ein Kantholz stützt von unten, ein Bulldog zieht mit einem Spanngurt an der Gabel noch oben. Nach zwei Anläufen klappt es schließlich. Magnus bleibt ruhig. Er ist 48 Jahre alt und kennt alle Tricks. Außerdem ist der Baum noch nicht fertig hochgebunden. Der gelernte Landmaschinenmechaniker ist froh, dass er in der Baubranche gelandet ist. "Hier bekomme ich einen Stundenlohn wie ein Facharbeiter.

Bedingungen für den Abtransport bestens

Magnus hat die Tanne mit seiner Frau schon im Sommer besucht. Und ist erleichtert, dass die Wahl der Kommission auf sie fiel. "Weil dort die Bedingungen für den Abtransport einfach die besten sind."

Langsam verschwindet das Licht an diesem kurzen  Herbsttag. Aber heute geht es nicht mehr weit. Nur noch aus dem Wald auf den Wertstoffhof von Bad Kohlgrub. Da wird der Baum für den Transport "vernetzt". Magnus findet das ein bisschen übertrieben. "Aber die Polizei kennt kein Pardon. Die Tanne hat schließlich Zapfen. Und wenn ich nur einen verliere, heißt der Vorwurf: mangelhafte Ladungssicherung." Und Magnus ist auf die Männer mit der Disko-Beleuchtung angewiesen. Sie begleiten ihn drei Tage später ab ein Uhr nachts über Landsberg nach München.

6,8 Tonnen Baum passen ins vorgesehene Bodenloch

Dort übernimmt die Berufsfeuerwehr München den Baum und stellt ihn auf. Das Ereignis zieht wie jedes Jahr viele Medienvertreter und Schaulustige an. Einige Passanten haben sich sogar mit Decke und Frühstück ausgerüstet, um diesem Schauspiel beizuwohnen. So hievt der Kran den 6,8 Tonnen schweren Baum ins vorgesehene Bodenloch. Alles passt. Schließlich half in Bad Kohlgrub eine exakte Lehre, um den Stamm der Tanne entsprechend zu verjüngen.

Der neue Christbaum muss sich erst noch an seine neue Rolle gewöhnen. Er sieht etwas gerupft und durchsichtig aus. Er braucht einfach seine Zeit, bis sich die Äste nach der Fesselung wieder in alter Schönheit entfalten können. Doch die Tanne ist der richtige Kandidat für diesen Glamour-Job. Denn sie besitzt unter der voluminösen Baumkrone eine Doppelspitze – wie die Münchner Liebfrauenkirche in Sichtweite.

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