70 deutsche Luftfracht-Transportunternehmen haben sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Zusammen wollen sie etwa die langen Standzeiten am Frankfurter Flughafen angehen.
Wir stehen mit dem Rücken an der Wand, aber wir werden weiterkämpfen, heißt es in dem Schreiben zur Gründung der Interessengemeinschaft deutscher Luftfrachttransportunternehmer. Sprecher Hermann Schlienbecker, Geschäftsführer des Unternehmens Frankfurt Road Cargo, ist die Entschlossenheit anzuhören: "Es kann nicht länger sein, dass wir als Transportunternehmen uns nicht wehren können."
70 Luftfrachttransportunternehmen schließen sich zusammen
70 Luftfrachttransportunternehmer (LTU) aus ganz Deutschland haben sich nach seinen Angaben zusammengetan, um sich Gehör bei den Airlines und Luftfracht-Abfertigern zu verschaffen. Zu sagen haben die Transportunternehmen einiges, insbesondere zum Frankfurter Flughafen, dem größten Luftfrachtdrehkreuz in Deutschland.
Zum einen bemängeln die Unternehmen massiv die Infrastruktur: "Nicht nur, dass es nicht annähernd genügend Lkw-Parkplätze mit Duschgelegenheit und Toiletten für die Fahrer gibt, auch die Bauaktivitäten der Fraport sind nicht nachzuvollziehen", sagt Schlienbecker gegenüber trans aktuell. Der Flughafenbetreiber plane und baue, ganz ohne die Beteiligten über seine Projekte zu informieren.
Lange Wartezeiten in der Cargo-City Süd
Noch viel stärker wiegt jedoch der Kritikpunkt der langen Wartezeiten in der Cargo-
City Süd. Wenn ein Fahrer Fracht für mehrere Handlingagenten an Bord hat, muss er diese einzeln anfahren. Durch die erheblichen Sicherheitsmaßnahmen sind laut Schlienbecker bei jedem Handlingagenten neue Anmeldeverfahren zu durchlaufen. Dies bedeute in Frankfurt aber jeweils zusätzliche Wartezeiten von einer bis drei Stunden und mehr. "Bei manchem Agenten dauert es bis zu einer Stunde, bis ein Mitarbeiter mal rausgeht und sich die Verplombung des Lkw anschaut. Die Handlingagenten müssen dringend ihre Prozessabläufe straffen."
Größere Agenten verursachen die meisten Probleme
Wobei, sagt Schlienbecker, nicht alle gleich seien, vor allem die größeren Agenten verursachen seiner Ansicht nach die meisten Probleme. Die Ursache zu geringer Personaleinsatz kann Schlienbecker nicht von der Hand weisen. Wichtiger für ihn ist aber, dass damit das Problem auf die Transportunternehmen verlagert wird.
Erst nach den Anmeldeverfahren ist es möglich, den Lkw zur Entladung bereitzustellen. Die Entladung kann dann laut dem Transportunternehmer nochmals eine bis vier Stunden dauern, manchmal auch mehr, je nachdem, wie viele Entladestelle der Lkw hat. "Ich habe das selbst erlebt, weil ich mich auch noch manchmal ans Lenkrad setze. Von Düsseldorf nach Frankfurt habe ich drei Stunden gebraucht, für das Abladen gingen dann fast sieben Stunden drauf."
Unternehmen im Kurzstreckenbereich sind betroffen
Betroffen davon seien vor allem Unternehmen, die im Kurzstreckenbereich tätig sind, weil damit aus Rücksicht auf die Lenk- und Ruhezeiten keine vernünftigen Rundläufe mehr möglich seien. Fahrer aus Hamburg etwa, die sechs Stunden mit Laden beschäftigt sind, würden den Heimweg nicht mehr schaffen und müssten dann zwangsweise in Frankfurt nächtigen.
"Dies bedeutet für die Unternehmen, dass ihre Lkw nicht mehr rechtzeitig am nächsten Morgen wieder an der Abgangsstation eintreffen, um dort im Nahverkehr eingesetzt werden zu können", sagt Schlienbecker. Dann fallen unter Umständen zusätzliche Kosten für das Chartern von Zusatzfahrzeugen an.
Ziel sind normale Be- und Entladezeiten
"Unser Ziel soll es sein, kurzfristig wieder zu normalen Be- und Entladezeiten zu kommen. Dies wird nur über Gespräche mit den Verbänden und den einzelnen Handlingagenten und deren wie auch unseren Kunden möglich sein", sagt Schlienbecker. Langfristig erhoffen sich die Unternehmen "eine für uns zugeschnittene und nutzbare Infrastruktur, die nicht an unseren Zielen vorbeigeplant wird, so wie dies derzeit der Fall ist".
Zum Fachausschuss des SLV werden
Auch in Zukunft wollen die LTU in einem starken Verbund für ihre Interessen zusammenarbeiten. Dafür würde sich der Speditions- und Logistikverband Hessen/Rheinland-Pfalz (SLV) anbieten. Nicht alle 70 Gründer sind auch Mitglied beim SLV, manche sind in anderen Landesverbänden organisiert. "Es läuft vermutlich darauf hinaus, dass wir zu einer Fachgruppe oder einem Fachausschuss des SLV werden könnten", meint Schlienbecker. Eines stimmt ihn für die Zukunft schon mal optimistisch: "Die Nachricht, dass sich 70 Luftfrachttransportunternehmen zusammengetan haben, hat in der Branche eingeschlagen wie eine Bombe."