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Vorsorge gegen Stromausfälle Horrorszenario Blackout

Aufraeumarbeiten nach Unwetter in Niederbayern Foto: Lennart Preiss

Ohne Strom funktioniert in modernen Gesellschaften so gut wie nichts. Das gilt auch für den Güterverkehr. Da die Stromnetze immer sensibler werden, rüsten sich die Behörden verstärkt für großflächige, langanhaltende Blackouts.

Wie komme ich von A nach B? Wie öffne ich Tore und Rolläden? Wie erhält der Einzelhandel seine Waren und wie kühlt er die vorhandenen? Wie kann ich als Kunde im Supermarkt überhaupt noch bezahlen? Wie hebe ich Geld ab? Wie tanke ich? Wie lange laufen die Notstromaggregate in Krankenhäusern und anderen wichtigen Einrichtungen? Fragen über Fragen, die sich die meisten lieber erst gar nicht stellen. Matthias Rehfuß aber muss es tun. Es ist seine Aufgabe als Abteilungsleiter im Ordnungsamt der Stadt Calw.

Johannes Roller Foto: Johannes Roller

In einem unscheinbaren Verwaltungsgebäude brütet er über Maßnahmen gegen das, wie er sagt, Schlimmste, was uns passieren könnte: ein großflächiger, lange andauernder Stromausfall. Dabei geht es nicht um einzelne ausgefallene Kraftwerke, für die im europäischen Ausland notfalls Ersatz bereitsteht, sondern um die Netze. "Unsere Stromnetze sind wegen der vielen Einspeisungen heute nicht mehr so stabil wie früher. Wenn dann noch extreme Wetterereignisse, menschliches Versagen oder ein Terroranschlag dazukommen, haben wir schnell einen Blackout", sagt Rehfuß. Und dann bricht das öffentliche Leben innerhalb kurzer Zeit in sich zusammen.

Planspiele im Bundestag

Wie das im Einzelnen aussehen könnte, zeigt ein schonungsloser Bericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag. Darin werden auch die möglichen Folgen für die Straße detailliert beschrieben: Ampelanlagen, Verkehrsleitsysteme und die Straßenbeleuchtung fallen aus. Kreuzungen sind blockiert, in den Städten bilden sich riesige Staus. Die Unfälle nehmen zu, die Rettungskräfte kommen aber kaum noch durch oder können gar nicht erst alarmiert werden. Züge und Oberleitungsbusse bleiben liegen und müssen, falls möglich, durch Dieselfahrzeuge ersetzt werden. Da nur die wenigsten Tankstellen über eine Notstromversorgung verfügen, bleiben die meisten Pkw schon bald stehen.

Lkw profitieren zwar von ihrem größeren Tankvolumen, kommen aber nicht mehr zu ihren Abladestellen durch oder müssen dort unverrichteter Dinge umkehren, weil Tore und Kühlräume nicht mehr funktionieren. "Der Lebensmittelhandel erweist sich angesichts der erhöhten Nachfrage als das schwächste Glied der Lebensmittelversorgung. Schon nach wenigen Tagen ist mit ernsthaften Engpässen zu rechnen", heißt es in dem Bericht. Und weiter: "Eine Kommunikation über Vorrat und Bedarf zwischen Zentrale, Lager und Filiale ist wegen des Ausfalls der Telekommunikationsverbindungen erheblich erschwert."

THW Foto: THW

Belieferung zentraler Punkte

Besser sieht die Situation beim Fernverkehr aus: "Verkehrsleitsysteme fallen zwar aus, die Funktion der Autobahnen ist aber nicht grundsätzlich eingeschränkt." Mit einem vollen Tank gelangen die Lkw möglicherweise durch die komplette Blackout-Zone. Auf der Autobahn werden ihnen dabei immer weniger Pkw begegnen.

Der einzige Haken: Tunnel sind geschlossen, weil Licht und Belüftung fehlen. Insgesamt muss sich der Güterverkehr "auf die Belieferung von zentralen Punkten mit lebensnotwendigen Gütern" konzentrieren. Die Disposition übernehmen die verschiedenen Behörden und Organisationen des Bevölkerungsschutzes. Laut Verkehrsleistungsgesetz kann der Bund über das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) auf private Transportkapazitäten zurückgreifen, wenn eine besondere Notlage besteht.

Bund, Länder und Kommunen sind gefordert

Der Bund kann auch Militär und THW in Marsch setzen, um Transporte und Evakuierungen durchzuführen, um Trinkwasser, Lebensmittel und Strom bereitzustellen. Ob das für gesamte Regionen reichen würde, ist aber fraglich. Selbst die unterste Ebene des Katastrophenschutzes, die Landratsämter, würden schnell an ihre Grenzen stoßen, müssten sie für ihren gesamten Landkreis eine Notversorgung bereitstellen. Deswegen kommt hier wieder Matthias Rehfuß, sprich: die einzelne Gemeinde, ins Spiel. Sollte die Hilfe im Blackout-Fall länger auf sich warten lassen, muss die Stadt selbst für Sicherheit und Ordnung, für Mobilität und Kommunikation ihrer Funktionsträger, für Kraftstoff, für Notstromaggregate und Notunterkünfte sorgen.

Absprachen mit Hilfsorganisationen und Unternehmen

"Wir müssen gemeinsam vorbereitet sein, damit wir so ein Szenario – das hoffentlich nie kommen wird – gut überstehen. Und ich bin beeindruckt, wie ernst Bund, Länder und Kommunen das nehmen", sagt Rehfuß. Er hat nun mit der Polizei, der Freiwilligen Feuerwehr, den Ortsverbänden von THW und DRK und dem örtlichen Energieversorger ausgelotet, wer in der Stadt welchen Beitrag leisten kann. "Wir verfallen dabei nicht in Aktionismus und schaffen blindwütig Überkapazitäten", beruhigt er. Für ein zentrales Problem, die Treibstoffversorgung, gibt es möglicherweise schon eine Lösung: eine oberirdische Tankstelle im städtischen Bauhof, bei der notfalls von Hand abgepumpt werden kann. Der Nachschub soll durch Verträge mit örtlichen Tankspediteuren gesichert werden.

Heizöl Häberle Foto: Heizöl Häberle

Diese Methode empfiehlt auch Christine Eismann, Referentin im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Bonn: "Lieber jetzt schon entsprechende Vereinbarungen mit Transportunternehmern und Stromversorgern treffen, dann muss man im Notfall nichts beschlagnahmen. So kann sich auch jeder überlegen, welchen Beitrag er leisten kann und was Priorität hat." Transportunternehmern empfiehlt sie, sich Gedanken über ihren Treibstoffbedarf und ihre Vorräte zu machen und Absprachen mit ihren Kunden treffen – zum Beispiel über den Umgang mit Kühlware. Damit es, falls es wirklich einmal zum Blackout kommt, nicht ganz so düster aussieht.

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