Unfallserie auf der A6 LBT warnt, Lkw zu verteufeln

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

In den vergangenen Tagen erschütterten zwei schwere Lkw-Unfälle die Autobahn A6. Zwar sei jeder dieser Unfälle einer zu viel, dennoch warnt der Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) davor, eine gesamte Branche ins Zwielicht zu rücken.

Trotz der Dramatik der Geschehnisse dürfe man nicht übersehen, "dass der Schwerverkehr in Deutschland und Europa in den letzten Jahren Quantensprünge bei der Verkehrssicherheit gemacht hat", so der Verband. Demnach hat sich die Anzahl der bei Verkehrsunfällen mit Lkw-Beteiligung getöteten Menschen von 1992 bis 2014 um 59,7 Prozent verringert, die Zahl der Schwerverletzten um 45,8 Prozent. Dabei dürfe man nicht vergessen, dass die Transportleistung im selben Zeitraum um 85,3 Prozent angestiegen sei. Pauschale Verdächtigungen in Richtung der Unternehmer hälfen darum nicht. "Wir lassen uns nicht kriminalisieren", sagt LBT-Präsident Hans Wormser. 

"Seit 2006 werden die Lenk- und Ruhezeiten digital aufgezeichnet und kontrolliert, der Straf- und Bußgeldrahmen wurde Schritt für Schritt drastisch ausgeweitet, so dass Unternehmer und Fahrer, welche systematischen Gesetzesbruch begehen, ihre Existenz aufs Spiel setzen." Zu unterstellen, dies sei ein gängiges Geschäftsmodell, gehe an der Realität vorbei und diskreditiere eine ganze Branche. "Wenn zum Beispiel das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) bei Straßenkontrollen systematische Verstöße gegen die Sozialvorschriften bis hin zu Manipulationen des Kontrollgerätes feststellt, fordern wir, dass die betroffenen Unternehmen und deren Fahrer sofort, konsequent und europaweit aus dem Verkehr gezogen werden." Man fordere zudem, den Ausbau der Lkw-Rastplätze an Autobahnen zu forcieren. "Unsere Fahrer müssen auch in der Lage sein, ihre gesetzlichen Ruhezeiten einzuhalten, dazu gehören zwingend ausreichende und sozialadäquate Rastmöglichkeiten an den Autobahnen." 

Assistenzsysteme: Nachrüstpflicht bringt nichts

Großes Potenzial, die Verkehrssicherheit zu verbessern, sieht der Verband überdies bei den für Nutzfahrzeugen obligatorischen Assistenzsystemen und in der Digitalisierung der Verkehrstelematik. Eine Nachrüstpflicht halte man jedoch nicht für sinnvoll. "Zum einen erfordert dies einen erheblichen Eingriff in die Bordelektronik, was bei vielen Fahrzeugen gar nicht möglich wäre. Zum anderen würde eine Nachrüstpflicht nur auf europäischer Ebene Sinn machen", sagt Wormser. "Auf den großen Transitrouten, wie zum Beispiel der A6 sind zu 90 Prozent ausländische, insbesondere osteuropäische Lkw unterwegs, eine Nachrüstung nur in Deutschland wäre insoweit sinnlos." Darum fordere man auf europäischer Ebene eine Revision der Regelung zur Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit der Europäischen Verträge. "Wenn ganze Lkw-Flotten und deren Fahrer, insbesondere osteuropäischer Herkunft, wochen- und monatelang in Westeuropa unterwegs sind und dabei keine Berührung mit ihren Herkunftsstaaten haben, darf es niemanden wundern, wenn wir es zunehmende mit modernen Arbeitsnomaden zu tun haben, die ihre Wochenenden auf Rastplätzen und in Gewerbegebieten zubringen und sozial entwurzelt werden." 

Wer den Schwerpunkt seiner gewerblichen Tätigkeit in Deutschland und Westeuropa habe, müsse sich auch nach hier geltenden Standards behandeln lassen. Ansonsten liefen europäische Regelungen zur Niederlassungspflicht für Unternehmen und zur Arbeitnehmerentsendung ins Leere. "Leider akzeptiert die EU gegenwärtig noch nicht einmal die Geltung des deutschen Mindestlohns für ausländische Fahrer, die grenzüberschreitend in Deutschland eingesetzt werden", so Wormser weiter. Wenn dies die Zukunft Europas sei, mache sich die Politik mitschuldig an bestehenden und künftigen Missständen.   

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