Truck-Jobs Als Wasserbauer mit dem Lkw unterwegs

Wasserbauer Foto: Thomas Küppers 9 Bilder

Wer Wasserbauer von Beruf ist, fährt doch bestimmt Boot, oder? Ja, ab und zu, aber meistens fahren Günther Nothdurft und Matthias Letzel Lkw.

Mehr als 40 Jahre stand die stattliche Weide am Ufer der Rems. Doch jetzt ist sie, morsch und altersschwach, umgeknickt und hängt über die steile Böschung bis in den Fluss hinunter. Wenn das Wasser den Baum mitreißt, könnte er ein paar Hundert Meter weiter eine Brücke verstopfen oder beschädigen. Damit es erst gar nicht so weit kommt, rücken Matthias Letzel und Günther Nothdurft an. Die beiden Männer sind ein gelernter Wasserbauer und ein Wasserbauarbeiter und für den Landesbetrieb Gewässer des Regierungspräsidiums Stuttgart im Einsatz.

Rund 40 Kilometer Fluss, von der Mündung bei Neckar-Rems bis zur Kreisgrenze in Plüderhausen, sind ihr Revier und Gehölzpflege, Mäharbeiten, Ufersicherung, Pflanzarbeiten ihr Job. Dabei ist ein speziell ausgerüsteter und geländegängiger Lkw mit Drei-Seiten-Kipperpritsche, Seilwinden und Kran ihr Arbeitsgerät.

Die Sicherheit geht vor

"Im Betriebshof in Winterbach steht zwar auch ein großes Schlauchboot im 'Fuhrpark', wir sind aber eher mit unserem MAN unterwegs. Der hat allerdings Schwimmwesten an Bord, das ist bei uns tatsächlich Vorschrift", lacht Günther, während er Matthias einweist, der den hochbeinigen Allrad-Zweiachser langsam rückwärts an die Böschung heranbugsiert.

Doch bevor sie der Weide auf die Rinde rücken, sondieren sie zusammen mit Vorarbeiter Stefan Junge zuerst genau die Situation. Wie sicher ist das Gelände? In welche Richtung dreht sich der Baum unter Zug eventuell? Bohren sich vielleicht Äste in die Böschung? "Fällen wir einen Baum gezielt, können wir ja alles sichern und lenken, hier jedoch müssen wir schauen, was wie machbar ist. Die Sicherheit von unserem Vorarbeiter, der sägt, und uns geht absolut vor", erklärt Matthias. Er hat die offizielle dreijährige Ausbildung zum Wasserbauer beim Wasser- und Schifffahrtsamt gemacht, sein Kollege Günther ist gelernter Landschaftsgärtner und brachte damit ideale Voraussetzungen für den Quereinstieg mit. Den notwendigen CE-Führerschein bezahlte ihr Arbeitgeber, sie verpflichteten sich dafür für mehr als fünf Jahre.

Wenn es so nicht klappt, wird eben gesägt

Während der Vorarbeiter mit der langen Motorsäge loslegt, um den Stamm an der Bruchstelle etwas frei zu schneiden, bringen Günther und Matthias den MAN in Position, klappen die Bergstütze herunter und ziehen das Stahlseil von der Acht-Tonnen-Heckwinde. Als die Weide angehängt und alle aus der Gefahrenzone zurückgetreten sind, gibt Günther per Fernsteuerung vorsichtig "Gas". Der MAN kommentiert die erhöhte Drehzahl mit lautem Brummen und die Stütze bohrt sich tief in den feuchten Boden. Der Baum knirscht und mit einem Ruck bricht ein großes Stück ab. Die Weide ist im Innern wohl noch morscher als gedacht. Auch der zweite Versuch mit doppelt Seil, Schlupf und Umlenkrolle bringt nicht den gewünschten Erfolg, alles in einem heraufziehen zu können. Darum wird gesägt, Stück für Stück geborgen und die Teile dann mit dem Kran gestapelt. Den MAN für den Kraneinsatz richtig zu positionieren und die seitlichen Stützen auszufahren, ist übrigens gar nicht so einfach. Die Uferböschung grenzt an eine Obstplantage mit Baumreihen, die im Weg stehen. Peter Roth vom Landesbetrieb Gewässer, der Chef der Truppe, beschreibt die Schwierigkeit: "Oft führen die Zufahrten zum Ufer über Privatgrundstücke und unsere Männer müssen versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Zum Glück haben die meisten Anlieger Verständnis."

Flüsse freihalten, Überschwemmungen verhindern

Spätestens wenn es um Notfälle geht, sind die Wasserbauarbeiter gern gesehen. Bei Hochwasser oder auch bei Schneebruch sind die Männer nämlich im Dauereinsatz, um den Fluss frei zu halten und Stauungen sowie Überschwemmungen zu verhindern. Richtig anpacken im Freien, egal ob Sommerhitze oder Winterkälte, gehört ebenso zum Jobprofil wie Geräte- oder Fahrzeugpflege im Betriebshof.

Als nächstes müssen Matthias und Günther noch ein paar Kilometer weiter, wo an einem Wehr ein Haufen Äste und Stämmchen von einer Ausputzaktion auf den Häcksler warten. Die Strecke geht über die B 29 und das Fahren mit dem 290 PS starken 14-Tonner macht den beiden sichtlich Freude. Am Lenkrad wechseln sie sich immer ab, damit jeder in Übung bleibt und das Fahrzeug kennenlernt. Der MAN ist nämlich erst seit vergangenem Oktober im Einsatz. Davor arbeiteten sie mit einem Unimog. "Wir hatten eine Fahrerschulung von MAN Profidrive fürs Gelände und Einweisungen für die Winden und den Kran", erzählt Günther. "Sich im Alltag in die Technik und die Möglichkeiten des Fahrzeugs einzuarbeiten ist sehr interessant und eine Herausforderung", ergänzt Matthias.

Zwar sind sie mit ihrem "Dienstwagen" eher auf Kurzstrecken unterwegs, aber das stört sie nicht: "Unser Job bietet Abwechslung, denn auch wenn wir jeden Kilometer Ufer gut kennen, ist doch jeder Einsatz anders. Dazu kommt ein tolles Arbeitsgerät, mit dem wir viele Tätigkeiten ausführen können, und gleichzeitig sind wir nach Feierabend daheim bei unseren Familien und Freunden. Was will man mehr?"

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
FERNFAHRER Titel 3/2016
FERNFAHRER 03 / 2016
8. Februar 2016
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8. Februar 2016
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