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Transportrecht Gut gemeint, teuer bezahlt

Transportrecht, Transportgut Foto: Ilona Jüngst

Verlädt der Frachtführer das Transportgut eigenmächtig und kommt es dabei zu einer Beschädigung des Gutes, begründet dies einen Schadenersatzanspruch des Auftraggebers – ohne Haftungsbeschränkung. So lautet ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes.

Es war gut gemeint: Ein Fahrer will dem Lagerpersonal bei der Verladung des Transportguts zur Hand gehen. Dumm nur, dass dabei das Transportgut beschädigt wird. Für den entstandenen Schaden in Höhe von 33.000 Euro sollte die Spedition einstehen. Zu Recht, wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28.11.2013 entschied: Verlädt der Fahrer eines Frachtführers das Transportgut eigenmächtig und kommt es dabei zu einer Beschädigung des Gutes, begründet dies einen Schadensersatzanspruch des Absenders gegen den Frachtführer gemäß § 280 Absatz 1 Satz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in unbegrenzter Höhe (AZ: I ZR 144/12).

Wer haftet bei Beschädigung des Transportguts?

In dem Fall sollte eine Spedition im Auftrag einer Versenderin acht Kisten Laststufenschalter von Regensburg nach Kanada bringen. Für die Abholung beim Lagerhalter der Versenderin beauftragte die Spedition einen Frachtführer. Sechs der acht zu verladenden Kisten wurden von den Lagermitarbeitern auf den Anhänger geladen. Da zwei der Kisten nicht mehr auf den Anhänger passten, sollten diese auf den Motorwagen geladen werden. Dies übernahm der Fahrer des Frachtführers eigenmächtig, wobei die Kisten vom eingesetzten elektrischen Flurfördergerät kippten und auf die Ladefläche des Transportfahrzeugs fielen. Die Versenderin verlangte daraufhin vom Spediteur Schadenersatz.

"Auch wenn Fahrer im Alltag, in dem sie oft unter Zeitdruck stehen, häufig eigenmächtig das Beladen der Güter übernehmen: Das BGH-Urteil zeigt die dadurch erhöhten Haftungsrisiken auf", kommentiert Rechtsanwalt und Fachanwalt für Transportrecht Wolfgang Buse von der Kanzlei Buse, Klante, Busch aus Düsseldorf, das Urteil. "Gleiches gilt auch, wenn der Fahrer beim Entladevorgang mit Hand anlegt."

BGH fragt nach dem Haftungsbeginn

Laut Buse setzt sich der BGH in seiner Entscheidung zunächst mit der Frage des Haftungsbeginns auseinander. Er führt aus, dass gemäß § 425 Absatz 1 HGB (Handelsgesetzbuch) der Frachtführer für den Schaden des Guts in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung haftet. Da in dem Fall aber mangels anderer vertraglicher Vereinbarungen die Verladung des Transportgutes nicht dem Spediteur, sondern gemäß 
§ 412 Absatz 1 Satz 1 HGB dem Versender oblag, ging der BGH davon aus, dass sich die vom Fahrer verursachte Beschädigung der Kisten außerhalb des Haftungszeitraums des § 425 Absatz 1 HGB ereignete.

Der BGH kommt daher zu dem Ergebnis, dass das allgemeine Leistungsstörungsrecht anzuwenden ist, sodass der Spediteur gemäß § 280 Absatz 1 Satz 1, § 278 Satz 1, § 276 BGB schadenersatzpflichtig ist. In der Ausführung des Gerichts heißt es folgendermaßen: "Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Frachtführer wegen einer Schutzpflichtverletzung gemäß § 280 Absatz 1 Satz 1, § 278 Satz 1 BGB grundsätzlich haftbar gemacht werden kann, wenn eine von ihm eingesetzte Hilfsperson ohne Wissen und Wollen des verladepflichtigen Absenders auf eigene Faust die Verladung des Transportgutes vornimmt und ihr dabei ein Fehler unterläuft, der zu einem Schaden am Gut des Absenders führt." Dies hat laut Buse zur Folge, dass auch die Haftungsbegrenzungen des § 433 HGB auf den dreifachen Verlustbetrag nicht greifen.

Speditionen und Frachtführer sollten Absprachen treffen

Der Anwalt rät daher Speditionen und Frachtführern, vertragliche Absprachen zu treffen, wenn Kunden eine Be- oder Entladung durch das Fahrpersonal erwarten. Dabei sollte festgelegt werden, dass der Frachtführer gegen Vergütung die Be- oder Entladung ganz oder teilweise übernimmt. Hierdurch werde der Haftungszeitraum im Sinne des § 425 Absatz 1 HGB dann auch auf die Ladungstätigkeit ausgedehnt. "Kommt es während des Beladevorgangs dann zu einem Schaden, so kann sich der Frachtführer auf die frachtrechtlichen Haftungsbegrenzungen berufen", sagt Fachanwalt Buse.

Aber auch in den Fällen, in denen der Kunde beziehungsweise dessen Mitarbeiter das Transportgut selber verlädt, empfiehlt der Anwalt eine Ergänzung in den Verträgen. "Mit dieser Ergänzung soll klargestellt werden, dass alle Mitwirkungshandlungen des Fahrpersonals nur nach Weisung und unter Aufsicht des Absenders oder Empfängers erfolgen. Dadurch wird der Fahrer zum Erfüllungsgehilfen des Absenders oder Empfängers und haftet – solange er sich an die Weisungen hält – nicht für Be- und Entladeschäden."
Buses Tipps: Unternehmen sollten auch ihre internen Dienstanweisungen an ihre Fahrer prüfen. Nichts gegen Freundlichkeit und gute Absichten – aber wenn es keine vertragliche Verpflichtung zum Be- und Entladen gibt, ist es besser, dem eigenen Fahrpersonal diese Tätigkeiten zu untersagen.

Verladen und Haftung

§ 412 HGB
Verladen und Entladen

Verordnungsermächtigung

  1. Soweit sich aus den Umständen oder der Verkehrssitte nicht etwas anderes ergibt, hat der Absender das Gut beförderungssicher zu laden, zu stauen und zu befestigen (verladen) sowie zu entladen. Der Frachtführer hat für die betriebssichere Verladung zu sorgen.

§ 433 HGB

Haftungshöchstbetrag bei sonstigen Vermögensschäden Haftet der Frachtführer wegen der Verletzung einer mit der Ausführung der Beförderung des Gutes zusammenhängenden vertraglichen Pflicht für Schäden, die nicht durch Verlust oder Beschädigung des Gutes oder durch Überschreitung der Lieferfrist entstehen, und handelt es sich um andere Schäden als Sach- oder Personenschäden, so ist auch in diesem Falle die Haftung begrenzt, und zwar auf das Dreifache des Betrages, der bei Verlust des Gutes zu zahlen wäre.

Schadensersatz

§ 280 BGB


Schadensersatz wegen Pflichtverletzung

  1. Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.


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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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