Trailerproduktion in Deutschland Reise ins Ungewisse

Trailerproduktion in Deutschland, Trailertelematik, Automotive Foto: Karl-Heinz Augustin, Oliver Willms, Kögel, Krone, SCB. Grafiken: OSwin Zebrowski 6 Bilder

Die Erholung der Branche setzt sich in rasantem Tempo fort. 2011 haben die drei größten europäischen Hersteller Krone, Kögel und Schmitz Cargobull die Inlandsproduktion deutlich gesteigert. Doch 2012 könnte das rapide Wachstum stagnieren.

Im vergangenen Jahr hat die deutsche Anhänger- und Auflieger-Industrie zum zweiten Mal in Folge eine hohe zweistellige Wachstumsrate verzeichnet. Die einheimischen Fahrzeugbauer fertigten insgesamt 83.380 Fahrzeuge im Inland, ein Plus von 81 Prozent gegenüber dem Vorjahr (46.094 Einheiten). 74.946 Einheiten entstanden in den deutschen Werken der Serienproduzenten Krone, Kögel und Schmitz Cargobull (SCB). Damit stellen Europas drei größte Hersteller rund 90 Prozent der Inlandsproduktion – die übrigen Fahrzeugbauer haben sich indes ganz auf Spezialitäten verlegt und agieren überwiegend regional.

Explodierendes Wachstum bei Kögel

Während SCB und Krone im Vergleich zum Vorjahr 64 beziehungsweise 80 Prozent mehr fahrende Einheiten produziert haben und damit etwa im Gleichschritt mit dem Markt gewachsen sind, explodierte die Produktion bei Kögel um 341 Prozent – in Deutschland vor allem zu Lasten von Europas Nummer eins: Schmitz Cargobull."Wir haben uns hohe Ziele gesetzt und auch erreicht", sagt Kögel-Chef Thomas Heckel. Im Werk Burtenbach wird wieder in zwei Schichten gearbeitet, die Auslastung bezeichnet Heckel als zufriedenstellend.

Mit großen Schritten kehrt der Markt also zum Niveau vor der Krise zurück. Bei nüchterner Betrachtung zeigt sich jedoch, dass bislang der Gesamtabsatz der Jahre 2006/2007 erreicht ist, nicht aber das Spitzenniveau von 2008. Angesichts solcher Zuwachsraten könnten alle drei großen Fahrzeugbauer zufrieden sein. Doch es wird wohl in diesem Tempo nicht weitergehen. Seit 2009 stieg der Auftragseingang bei allen drei Serienproduzenten stetig von Monat zu Monat – bis Mitte des vergangenen Jahres. "Dann setzte plötzlich eine Seitwärtsbewegung ein", erklärt Ulrich Schöpker, Vortand Vertrieb SCB. Er gehe davon aus, dass die nach wie vor anhaltende Finanzkrise der Grund für die verhaltene Nachfrage sei.

Seitwärtsbewegung statt Krise

Bis Dezember ist das Auftragsniveau ohne Steigerungsraten geblieben. Zu diesem Zeitpunkt äußerten sich einige Lkw-Hersteller bereits besorgt und stellten ein moderates Minus bei Produktion und Absatz im Jahr 2012 in Aussicht. "Eine Seitwärtsbewegung bedeutet noch lange keine Wiederkehr der Krise", wiegelt Schöpker ab. Ein Minus bei Produktion und Absatz erwartet er im laufenden Jahr nicht, auch wenn der Vergleich des Auftragseingangs von Januar 2012 zu Januar 2011 leicht negativ ausfällt. Seit Januar habe die Zahl der Aufträge nämlich wieder um 30 Prozent im Vergleich zu November und Dezember 2011 zugelegt. Auch im Februar sei ein Zuwachs zu verzeichnen, ähnlich sehe die Entwicklung für den März aus, berichtet Schöpker. "Ich bin bislang sehr zufrieden mit dem noch jungen Jahr 2012", erklärt er.

Das bestätigt auch Heckel: "2012 ist der Auftragseingang gut gestartet." Er rechne mit 15 bis 20 Prozent Absatzwachstum und damit mit bis zu 15.000 produzierten Fahrzeugen. Mit jeweils 15 Prozent in den nächsten beiden Geschäftsjahren strebt Schöpker ein Wachstum in ähnlicher Höhe an. Nicht minder ehrgeizig sind seine Ziele für den Marktanteil. "Wir wollen einen europaweiten Marktanteil von 40 Prozent, derzeit liegen wir bei 27 und vor der Krise waren es 24 Prozent", sagt Schöpker.

Krone gibt sich vorsichtig

Deutlich vorsichtiger äußert sich Gero Schulze Isfort, Vertriebschef von Krone. "Wir haben 2011 unseren Umsatz um fast 500 Millionen Euro gesteigert. Das war eine Riesenherausforderung. Aber 2012 kommt noch härtere Arbeit auf uns zu", erklärt der Geschäftsführer. "Vor allem die Kraftstoffpreise werden unseren Kunden zu schaffen machen", begründet er. Es fehle daher das Geld für Investitionen in den Fuhrpark. Die Wachstumsrate des vergangenen Jahres werde sich also nicht fortschreiben lassen. Schulze Isfort rechnet damit, dass es bei der Seitwärtsbewegung bleibt, auch weil der Auftragseingang bei Krone im ersten Quartal rückläufig war – er sei im Februar gegenüber Januar um zwölf Prozent schwächer. "Ich bin dennoch positiv gestimmt, da die Seitwärtsbewegung auf dem hohen Niveau von 2011 verlaufen wird", sagt er. Unterm Strich rechne er mit einem leichten Wachstum.    Für Schöpker fällt die Bilanz des beinahe abgeschlossenen Geschäftsjahrs dagegen noch nicht zufriedenstellend aus. "Angesichts einer Produktionskapazität von 110.000 Einheiten im In- und Ausland, können wir das nicht sein", urteilt er. "Wir wollen unsere Kapazität ausschöpfen."

Schmitz Cargobull ist Marktführer bei Kühlfahrzeugen

Am besten laufen im Falle der Münsterländer nach wie vor Kühler, wo SCB einen Marktanteil zwischen 70 und 80 Prozent verzeichnet. "Unsere Kunden wissen das Original zu schätzen, auch wenn manche Kopie selbst in Details unserem Kühler nahe kommt", sagt er. "Das Kühlergeschäft ist bis Ende 2011 ausgezeichnet gelaufen", berichtet auch Schulze Isfort. Jetzt sei die Nachfrage etwas abgeflaut. Entspannt ist der Krone-Mann allerdings nicht. "Unser Marktanteil ist in diesem Segment absolut nicht zufriedenstellend. Wir sind hier eindeutig die Nummer zwei mit 5.200 verkauften Einheiten", erklärt Schulze Isfort. Bestens läuft bei Krone nach wie vor das Geschäft mit Wechselbehältern. 10.000 Einheiten hat Partner Brüggen für Krone gebaut. 12.500 waren es in Spitzenzeiten. Unterdessen bläst Kögel im Kühlersegment zur Offensive. Zwar bietet das Unternehmen seit einiger Zeit wieder Kühler an, setzte bislang aber aufs eigene Chassis einen Aufbau aus zugekauften Isolierpaneelen. Die Lieferanten hätten jedoch die nötigen Stückzahlen nicht gewährleisten können. Kögel habe sich daher entschieden, eine Fertigung zu kaufen, sagt Heckel. "Damit haben wir auch die Kontrolle über die Qualität und können Preise besser steuern", argumentiert er. 100 plus X Kofferfahrzeuge wolle er nun pro Monat fertigen.

Die Nachfrage nach Curtainsidern zieht laut Schöpker seit drei Monaten leicht an, so dass das Werk Altenberge nach Ostern wieder in zwei Schichten arbeiten wird. Bei Kögel und Krone sind Planenauflieger ohnehin die Bestseller. Schulze Isfort sieht Krone in diesem Segment sogar in Europa als Nummer eins. "Da bin ich mir absolut sicher!", behauptet er. Kipper laufen laut Schöpker auf vernünftigem Niveau.

Kögel mit Geschäftsentwicklung zufrieden

Kögel drängt nach einer mehrjährigen Auszeit seit vergangenem Jahr wieder in dieses Segment. "Wir sind sehr zufrieden mit dem Anlauf des Geschäfts und haben unsere Planzahlen erreicht", sagt Heckel. Dennoch hält er mit Zahlen hinterm Berg. Sorgenkind bleiben die Containerchassis. "Die Mietraten sind im Boden, gebrauchte Chassis im Übermaß vorhanden, die Preise kaputt und eine Erholung nicht in Sicht", sagt Krone-Geschäftsführer Schulze Isfort.

Kommenden Ergänzungen des Produktportfolios sollen vor allem auf effiziente Transportlösungen abzielen. „Effizienz, Effizient, Effizienz“, bringt Schulze Isfort die Anforderungen der Kunden auf den Punkt. Er will in diesem Segment vor allem den Megaliner Automotive, ein Megaauflieger mit pneumatisch betätigtem Planenschnellverschluss, vorantreiben. Über die Marktchancen effizienter Transportlösungen sind sich alle drei Hersteller einig. SCB hat vor Kurzem den Planenschnellverschluss Speedcurtain vorgestellt, Kögel soeben mit dem sogenannten Hybridsystem nachgelegt. Zudem schwören die Burtenbacher auf den Mega mit genau vier Meter Außenhöhe. Dreistellige Stückzahlen seien hier gelaufen.

Zudem setzen die Emsländer auf den weiter zunehmenden Einsatz von Telematiksystemen (Ausrüstungsquote 2011: 16 Prozent) und Produkte wie den vierachsigen 38-Tonnen-Sattelzug, der, sofern nicht das letzte Kilo Nutzlast gebraucht wird, aufgrund des geringeren Rollwiderstands Diesel sparen soll. Laut Schulze Isfort ein vielversprechendes Produkt, selbst wenn Krone bislang nur 25 Einheiten davon verkauft hat, seit der Vorstellung vor 18 Monaten. SCB will an Premium-Fahrzeugen arbeiten, die mit einem Paket an „Value-added-Services“ ausgestattet sind. Hierzu zählen laut Schöpker Fullservice-Angebote zum Festpreis.

Deutscher Markt als Wachstumsmotor

Hinzu sollen Nutzlast-optimierte Fahrzeuge kommen. Kögel etwa will zur IAA einen Trailer mit superleichten Komponenten aus Kohlefaser (CFK) vorstellen. Auch an der Aerodynamik wird weiter gefeilt. Die Burtenbacher arbeiten gemeinsam mit MAN an einem Sattelzug, bei dem erstmals auch der Unterboden optimiert sein soll.
Wachstumsmotor ist bei allen drei Herstellern der deutsche Markt, aber auch die zentral- und osteuropäischen Märkte. Die Nachfrage aus Südosteuropa und Nordeuropa sei aber noch verhalten, berichtet Schöpker. Das bestätigt auch Heckel. Daher habe Kögel zunächst nur eine Vertriebsgesellschaft in Spanien gegründet. Die geplante Aufbaumontage liege aber auf Eis. SCB ist indes vor Ort mit einem Werk vertreten. „Im Werk Saragossa haben wir die Produktion für die Märkte Spanien und Portugal auf ein Minimum zurückgefahren“, sagt Schöpker. Derzeit entstehen dort gerade mal 100 Einheiten pro Monat. Eine Schließung sei aber nicht geplant. Den englischen Standort Harelaw, den SCB während der Krise still gelegt hat, hat das Unternehmen indes verkauft.

Anders beurteilt Krone den spanischen Markt: Die Emsländer haben dort erstmals eine dreistellige Zahl an Kühlern verkauft. Zudem habe der Markt in den vergangenen zwei Jahren von rund 5.500 auf 7.500 Einheiten angezogen. Schulze Isfort plant nun eine Vertriebsoffensive in allen Kernmärkten, aber besonders in Frankreich. Dort soll die Vertriebsorganisation restrukturiert werden. Für den französischen Markt will man eigens einen spezielles Trockenfrachtkoffer auflegen.

Schmitz Cargobull zieht es nach China

Sorge bereitet Schöpker die regional teils noch ausbleibende Nachfrage nicht. Wir sind von Portugal im Westen bis China im Osten vertreten. "Wir schaffen uns durch unsere internationale Aufstellung und unseren hohen Marktanteil in den jeweiligen Ländern, eine hohe Flexibilität bei der Auslastung der eigenen Werke", erklärt Schöpker. SCB sei schon fast so gut aufgestellt wie die Lkw-Hersteller, deren internationales Geschäft sei die Messlatte. Dazu gehört auch der Weg nach China, den Schöpker Schritt für Schritt gehen will. Die Absichtserklärung ist bereits unterzeichnet und am Vertrag, der dem Gemeinschaftsunternehmen mit Dongfeng Motor zugrunde liegen soll, werde fleißig gearbeitet.

Zugleich wollen die Münsterländer weitere internationale Märkte angehen. Indien ist laut dem Vertriebschef denkbar. Bereits erfolgt ist der Schritt nach Russland, seit kurzem auch mit einem Cargobull-Trailer-Center in St. Petersburg. Zuletzt verkaufte der Fahrzeugbauer dort rund 5.000 Einheiten. Wegen Steuer- und Zollvorteilen denke die SCB-Leitung derzeit über eine Montage von CKD-Bausätzen vor Ort nach.

Türkei als Vertriebsplattform für den Nahen Osten

Kögel und Krone haben den Weg über die Türkei gewählt, um den Nahen und Mittleren Osten zu beliefern. "Das ist zudem ein guter und stabiler Inlandsmarkt", urteilt Heckel. Kögel montiert dort seit Mitte vergangenen Jahres CKD-Bausätze bei einem Fahrzeugbauer. 2012 soll es eine höhere dreistellige Stückzahl werden. Den Namen des Partners will Heckel noch nicht verraten. Krone fährt laut Schulze Isfort im September tatsächlich die Produktion im seit 2009 fertig gestellten Werk Tire bei Izmir hoch. "Wir wollen dort in den darauf folgenden zwölf Monaten mindestens 2.000 Einheiten fertigen", erklärt Schulze Isfort. Wenn also die Nachfrage in Kerneuropa stagniert, dann weckt der Osten große Erwartungen bei den Fahrzeugbauern.

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