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Symposium Europaverkehre auf Effizienz trimmen

Strategien: Konzerne und Kooperationen trimmen ihre Europaverkehre auf Effizienz. Welche Hebel es gibt, zeigte ein Symposium von trans aktuell, Hochschule Heilbronn sowie VSL Baden-Württemberg.

Die Republik ist nicht genug. Verlader erwarten, dass ihre Sendungen zu den gleichen Bedingungen wie beim nationalen Transport auch ins europäische Ausland gelangen. Ob das Ziel auf den Färöer-Inseln oder in Gibraltar liegt, spielt keine Rolle. Ihr Dienstleister hat zu festen Preisen und Laufzeiten überall hin zu liefern. Und keine Frage, dass der Auftraggeber auch stets über den Status der Sendung informiert sein will.
Das stellt kleine und mittlere Speditionen vor Herausforderungen. Sie haben weder die nötigen eigenen Kapazitäten noch genügend Partner, um flächendeckend auf dem Kontinent präsent zu sein. Und selbst, wenn der Wille vorhanden wäre, jede Sendung zuzustellen: In der Regel fehlt das Aufkommen, um Verkehre in entlegene Winkel wirtschaftlich zu gestalten. Also behelfen sich viele Speditionen, indem sie unter das Dach einer Stückgutkooperation schlüpfen. Über diese Schiene können Mittelständler auf einen Schlag europaweit tätig werden. »Jeder kann definitiv jede Ecke Europas erreichen«, sagte Peter Baumann, Geschäftsführer der Kooperation 24 plus, bei einem Symposium von trans aktuell, Verband Spedition und Logistik (VSL) Baden-Württemberg und Hochschule Heilbronn vor knapp 90 Teilnehmern in den Räumen der Hochschule.

Mittelständler sparen sich dadurch viel Mühe. Durch den Anschluss an die Kooperation könnten sie sich ohne größeren eigenen Aufwand neue Märkte und Potenziale erschließen, erklärt Baumann. Nicht zuletzt steige damit auch ihre Wettbewerbsfähigkeit im Inland. Selbst für diejenigen, die bereits europäische Verkehre unterhalten, sei die Kooperation interessant. Ein weiterer Vorteil: Der Anschluss an ein Netzwerk zahlt sich auch in Krisenzeiten aus. »Es kann Schwankungen effizient und ohne Leistungseinbußen abfedern«, erläutert Baumann, dessen Kooperation aus Hauneck 64 Partner umfasst. Hilfreich ist das zweistufige Netzwerk. Es sieht zum einen Direktverkehre und zum anderen Verkehre über den Zentralhub in Hauneck beziehungsweise die Regionalhubs in Hannover und Ludwigsburg vor.
Brechen die Mengen ein, nehmen die Sendungen statt den direkten Weg eben den über die Hubs. Und von alldem bekommt der Kunde bei gleichen Laufzeiten nichts mit. Die interessantere Variante aus 24 plus-Sicht sind jedoch die Direktverkehre. »Die wollen wir weiter fördern«, kündigt Baumann an. Wie die Kooperation setzt auch DB Schenker auf ein zweistufiges Netz innerhalb Europas. Je nach Aufkommen betreibt der Konzern entweder Direktverbindungen oder Hubverkehre über das Hauptdrehkreuz in Friedewald und drei regionale Umschlagsläger. 720 Terminals in 36 Ländern sind an das firmeneigene Netz angebunden. Sie bewegen mehr als 70 Millionen Sendungen, wie Benedikt Löhnertz aus dem Bereich Potenzialmanagement erläutert. Das Netz habe feste Abfahrten und Laufzeiten sowie eine hohe Transparenz. »Durch integriertes Tracking kann der Kunde jederzeit nachvollziehen, wann seine Sendung in Malmö ist.«

Die besondere Herausforderung sind die hohen Fixkosten. Läger, Personal und Equipment müssen vorgehalten werden. Um so mehr kommt es auf die Auslastung an. Dabei gilt: »Je länger die Strecke, desto wichtiger ist die Auslastung«, betont Löhnertz. Andernfalls galoppieren dem Unternehmen die Kosten davon – seien es Maut, Sprit- oder Sozialkosten. Um den Hauptlauf so effizient wie möglich zu gestalten, setzt Schenker neben einer hohen Auslastung auch auf das geeignete Equipment. Bewährt haben sich dabei Großraum-Wechselbrücken, die bei Schenker in neun von zehn Verkehren zum Einsatz kommen. Der Logistikdienstleister kann diese Transporteinheiten auf zwei Ebenen beladen, was die Auslastung erhöht, sie für Begegnungsverkehre nutzen oder dem Kombinierten Verkehr aufladen. Doch egal, wohin und mit welchem Equipment der Lkw unterwegs ist – Hauptsache, er ist überhaupt unterwegs. »Am günstigsten ist es, 24 Stunden zu fahren«, betont Schenker-Mann Löhnertz. Je länger die Fahrzeuge laufen, desto mehr macht ihm die Sache Spaß. Eine Aussage, die Jochen Eschborn, Vorstand der Ladungskooperation Elvis aus Alzenau, sofort unterschreiben würde. Schon seit langem hat sich der Unternehmer dem Ziel verschrieben, die Einsatzzeit des Fahrzeugs zu erhöhen.

»Im klassischen Trampverkehr fährt der Lkw in 24 Stunden nur 6,5 Stunden«, erklärt Eschborn. Unproduktive Warte- und Pausenzeit füllt den Rest des Tages. »Die Produktionszeit beträgt also nur 27 Prozent«, sagt Eschborn, der mit seiner 2006 gegründeten Kooperation für 91 Partner spricht. Für Eschborn ist die Einsatzzeit des Lkw der große Hebel. Wer dort ansetzt und Verbesserungen erreicht, schlägt seiner Ansicht nach mehrere Fliegen mit einer Klappe. Eine höhere Produktivität ermöglicht Einsparungen und auskömmliche Renditen. Auch der Kunde profitiert, weil durch die erzielten Fortschritte niedrigere Frachten möglich seien.  Denn eines ist für Eschborn klar: Das Frachtniveau wird nicht steigen. »Der Preis wird immer hinterfragt werden«, erklärt der Elvis-Chef. »Zum Teil geht es um fünf oder zehn Euro.« Um die Einsatzzeiten der Lkw zu erhöhen, braucht es laut Eschborn industrialisierte Prozesse. Das beginnt damit, dass man sich auf bestimmte Transportgüter, standardisierte Verkehre und ein einheitliches Equipment einigt. Wie Schenke findet auch Elvis Gefallen an der Jumbo-Wechselbrücke. Immer mehr an Bedeutung gewinnt auch der Pooltrailer, den Elvis seinen Partnern vermietet. Bisher 100 Trailer befinden sich im Pool.
Mit das größte Potenzial aber birgt die Trennung von Fahrer, Lkw und Auflieger. »Es ist Blödsinn, an dieser Einheit festzuhalten«, sagt Eschborn. Nur wenn der Fahrer wechselt, kann der Lkw rund um die Uhr laufen. Hier beißen sich viele Chefs aber noch die Zähne aus. Viel erreichen können Betriebe auch, indem sie ihr Datenmanagement auf Vordermann bringen. Jörg Fürbacher, Vorstand des IT- und Netzspezialisten Euro-Log aus München, hat die Erfahrung gemacht, dass Firmen Daten mehrfach erfassen oder zu spät nutzen. Grund ist, dass die Systeme nur unzureichend aneinander angebunden sind. »Der Disponent weiß von den Sendungen im Lauf des Tages – und nicht erst um 15 Uhr, wenn der Fahrer anruft«, erklärt Fürbacher. Handelt er erst dann, ist viel Zeit verstrichen und gegensteuern nur schwer möglich.
Ein Spediteur, den Fürbacher unlängst aufsuchte, verfügte über 14 verschiedene Systeme. »Ständig wechselten die Mitarbeiter von einem auf den anderen Bildschirm«, sagt er. Der Euro-Log-Chef warnt davor, die alten Systeme gleich in die Tonne zu hauen. »Vielmehr gilt es, Synapsen auf die bestehenden Systeme zu legen.« Die Mühe zahlt sich aus: »In den Prozessen steckt unwahrscheinlich viel Potenzial«, sagt Fürbacher.  Es lohnt sich also, die Dinge zu hinterfragen – seien es Prozesse, Equipment oder die Strukturen. Konzerne und Kooperationen haben also noch genügend zu tun, wenn das Engagement in Europa auch weiterhin erfolgreich sein soll.

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