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Staatssekretär zu Gast bei BGL-Jahrestagung Barthle wirbt für EU-Mobilitätspaket

Foto: Matthias Rathmann

Eine politisch nicht ganz überschaubare Situation hat der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) auf seiner diesjährigen Jahrestagung in Köln erlebt und versucht, sich dabei Gehör zu verschaffen. Für den Verband gibt es derzeit noch keine amtierenden Minister und parlamentarischen Staatssekretäre, an die er sich wenden kann, sondern lediglich "geschäftsführende". Und die haben bekanntlich wenig zu entscheiden. Erst recht, wenn sie "statusrechtlich" einem völlig fremden Ressort zugeschlagen worden sind, wie aktuell das Verkehrsministerium dem Landwirtschaftsministerium.

Dem parlamentarischen Staatssekretär Norbert Barthle hat man diese verschlungenen Hintergründe bei seinem Auftritt auf der BGL-Jahrestagung nicht angemerkt. Er versprach, dass die Transport- und Logistikbranche auch in Zukunft "bei uns im Bundesverkehrsministerium" Gehör finden werde. Zudem würdigte er die BGL-Mitglieder und ihre Unternehmen, die seit Jahren als "zentrales Schwungrad" für die Wirtschaft unentbehrlich seien.

Barthle: Bundesregierung steht hinter dem Gewerbe

Zugleich warb Barthle für ein "gutes Mobilitätspaket". Für die gesamte Transportbranche seien die von der EU-Kommission vorgestellten Vorschläge zur Vervollkommnung des Binnenmarktes bei der Kabotage, der verbindlichen Verankerung des Prinzips der Nutzerfinanzierung sowie der sozialen Aspekte von enormer Bedeutung. Die Bundesregierung werde sich für die Wahrung der Interessen der deutschen Transportunternehmer stark machen. Besonders wichtig seien dabei die Sozialvorschriften, insbesondere die Stichworte Ruhezeiten in Fahrerkabinen, Briefkastenfirmen und Mindestlohn.

Bundesregierung lehnt Liberalisierung bei Kabotage ab

Weitere Liberalisierungsschritte bei der Kabotage lehne die Bundesregierung ab, "wenn nicht auch die Sozialvorschriften europaweit harmonisiert sind und besser kontrollierbar gestaltet werden", unterstrich Barthle unter dem Applaus der BGL-Mitglieder. Erst dann könne es zu weiteren Schritten der Marktliberalisierung kommen. In dieser konsequenten Haltung seien sich die zentraleuropäischen Staaten einig. Widerstand aber komme von den osteuropäischen Ländern. Man müsse sich deshalb auf intensive Verhandlungen einstellen.

Zuvor hatte BGL-Präsident Adalbert Wandt auf den schwindenden Marktanteil deutscher Lkw auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen hingewiesen. In zehn Jahren sei der Marktanteil von 65,7 Prozent auf 57,7 Prozent gesunken, während Lkw aus den EU-Beitrittsstaaten ihren Anteil im gleichen Zeitraum von 18,4 auf beachtliche 33,2 Prozent ausbauen konnten. Besonders erfolgreich seien dabei Fahrzeuge mit polnischen Kennzeichen. Ursache dieser Entwicklung sei das anhaltende Lohn- und Sozial­kostengefälle. Hier könne das EU-Mobilitätspaket, das der BGL "weitgehend positiv" bewertet, für Abhilfe sorgen. So sei etwa der Vorschlag der Kommission, wonach die Lkw-Fahrer spätestens nach drei Wochen ihre Wochenruhezeit am Heimatort verbringen können, "ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung des illegalen Fahrer-Nomadentums".

Ablehnung der Kommissionspläne, Kabotage zu lockern

Dagegen stehe der BGL den Kommissionsplänen, die in Zukunft beliebig viele Kabotagebeförderungen binnen fünf Tagen nach einem grenzüberschreitenden Transport erlauben, ablehnend gegenüber. Ohne die Festsetzung einer monatlichen Höchstgrenze käme das einer vollständigen Kabotagefreigabe "faktisch sehr nahe". 

Enttäuscht zeigte sich Wandt von dem EU-Vorschlag, das in den letzten Jahren zum Geschäftsmodell erhobene "Umflaggen" von Lkw in Standorte mit geringeren Personal- und Sozialkosten zu verhindern. Hier greife der Kommissionsvorschlag zur Verhinderung von Briefkastenfirmen zu kurz. Stattdessen müsste konkreter auf den überwiegenden Tätigkeitsschwerpunkt des Unternehmens abgehoben werden. Und es wären klare Kriterien erforderlich, ab wann eine Niederlassung in einem Mitgliedsstaat zu gründen ist.

"Leider ist uns die Kommission in diesem Punkt, der auf eine Trennung von Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit ­abzielt, eine Antwort schuldig geblieben", sagte der BGL-Präsident. Zugleich beklagte er die großen Dissonanzen zwischen den Gewer­bever­tre­tun­gen in West- und Osteuropa. "Die Fronten sind aktuell verhärtet." Man sei allerdings zuversichtlich, dass auf Grundlage der Kommissionsvorschläge doch noch Lösungen gefunden werden, die sowohl der Wettbewerbsfähigkeit der Transportdienstleister in Ost und West Rechnung tragen, als auch soziale Fehlentwicklungen verhindern.

BGL: Dem Lkw keine externen Kosten aufbürden

Dagegen sei man mit den west- und osteuropäischen Verkehrsverbänden einig in der Ablehnung der EU-Vorschläge zur Anlastung von Wegekosten und externen Kosten an den Lkw. Trotz mehrfacher Aufforderung durch das Europäische Parlament habe es die Kommission erneut versäumt, externe Kosten allen Verkehrsträgern anzulasten. Der Straßengüterverkehr solle einseitig und willkürlich, etwa durch sogenannte Staukosten, stärker belastet werden.

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