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Fahren ohne Fahrerlaubnis Spediteur haftet bei Fahren ohne Führerschein

Flottenmanagement: Wer die Führerscheine seiner Fahrer nicht regelmäßig überprüft, der kann sein blaues Wunder erleben. Denn fehlt die Fahrerlaubnis, haftet der Spediteur.

Geradestehen für die Vergehen anderer – im Transportgewerbe gehört dies zum Alltag. Der Grund: Ein Kraftfahrzeug stellt aus Sicht des Gesetzgebers eine potenzielle Gefahrenquelle dar. Deswegen haftet auch derjenige, der es »in Verkehr bringt«, wie es auf Amtsdeutsch heißt. Und zwar für alles, was damit passiert. Diese Last des Fahrzeughalters definiert der Gesetzgeber als Gefährdungshaftung. Das unterscheidet sie von einer Verschuldenshaftung, bei der nur derjenige in der Pflicht ist, der auch tatsächlich etwas angestellt hat. Genau das macht die Angelegenheit aber so gefährlich: Denn auch wer lediglich Halter eines Fahrzeuges ist, steht dafür gerade, dass andere, die damit fahren, im Besitz eines entsprechenden Führerscheins sind. Zum Thema Führerscheinkontrolle existieren diesbezüglich viele Irrtümer. Ursache ist wiederum eine falsche Auffassung der Halterfrage. Kein Wunder im Zeitalter von Finanzierung und Leasing – ist doch oft der Fahrzeugbrief als Eigentumsnachweis gar nicht im Besitz des Unternehmens. »Halter eines Kraftfahrzeugs ist, wer es für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt. Das muss nicht zwangsläufig der sein, der als Eigentümer in den Papieren steht. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist maßgebend«, erklärt Rechtsanwalt und Verkehrsexperte Joachim Otting aus Hünxe. Das klassische Beispiel ist Leasing: Der Leasinggeber ist Eigentümer, aber nicht Halter eines Fahrzeuges. Der Leasingnehmer wiederum ist meist Halter, nicht aber Eigentümer. Eine Firma, die einen Fuhrpark unterhält – ob geleast oder nicht – und Arbeitnehmern zur Verfügung stellt, ist somit in der Rolle des Fahrzeughalters. »Denn sie ist tatsächlich und wirtschaftlich der eigentlich Verantwortliche für den Einsatz eines Fahrzeugs im Verkehr«, sagt Otting.

Allerdings ist die Halterverantwortlichkeit innerhalb eines Unternehmens übertragbar – in der Regel an einen Fuhrparkleiter. Darauf hat 2008 der Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar hingewiesen. Dann ist dieser Beauftragte auch verantwortlich für die Kontrolle der Führerscheine. Eindeutige Ansage des Gesetzgebers: Lässt ein Spediteur oder sein Fuhrparkleiter einen Fahrer ans Steuer, obwohl dieser nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis ist, macht er sich strafbar. Das gilt natürlich auch in Fällen, bei denen die Fahrerlaubnis nur vorübergehend eingezogen wurde. Muss ein Spediteur am Montagmorgen daher zwingend wissen, dass sein Fahrer am Wochenende den Führerschein abgegeben hat? Nein, sagt hier die Rechtsprechung. Ein Unternehmer oder Fuhrparkleiter muss sich im Regelfall nicht vor Antritt jeder einzelnen Fahrt den Führerschein zeigen lassen. Es sei denn, er hätte einen begründeten Zweifel, etwa aufgrund eines Hinweises aus dem Kollegenkreis. Dann muss er kontrollieren, allein schon aufgrund seiner unternehmerischen Sorgfaltspflicht. Ansonsten ist es nach gängiger Rechtsprechung ausreichend, wenn der Verantwortliche »regelmäßige« Stichproben macht. Regelmäßig bedeutet in diesem Fall: Mit zwei Prüfungen pro Jahr ist man auf der sicheren Seite. Beweisen lässt sich das am besten mit datierten Fotokopien der Führerscheine vom Kontrolltermin, zumindest aber mit schriftlichen Aufzeichnungen der Überprüfung samt Datumsangaben. In der Praxis ist das Prozedere nicht ohne Tücken. Abgesehen von der pragmatischen Frage des Wann und Wo, spielt das Thema Datenschutz eine Rolle. Angaben im Führerschein sind genauso diskret zu behandeln wie alle anderen Personaldaten. Ein Recht auf Verweigerung der Preisgabe von Führerscheindaten gegenüber dem Arbeitgeber besteht allerdings nicht. Anders ausgedrückt: Ein Berufskraftfahrer muss seinem Chef den Führerschein auf Verlangen vorzeigen. Schließlich ist genau das seine Legitimation, diesen Beruf auszuüben. Dennoch empfiehlt es sich, alle firmeninternen Regeln schriftlich in Verträgen zu fixieren. Zum Beispiel mit einer konkreten Aufforderung, den Führerschein in bestimmten Abständen unaufgefordert vorzulegen.

Das geht natürlich auch elektronisch. Lap-ID heißt das System einer Siegener Firma, die mit mehreren Organisationen zusammenarbeitet, zum Beispiel Masterlease und Dekra. Das System bietet die Möglichkeit, auch die Führerscheine von Mitarbeitern zu überprüfen, die so gut wie nie am Firmensitz sind. Dazu kommt ein so genanntes RFID-Siegel auf den Führerschein. RFID steht für Radio Frequency Identification und ist ein kabelloses Übertragungsverfahren, bestehend aus einem Sender-Chip und einem Empfänger. Der Chip beinhaltet keine persönlichen Daten, sondern lediglich eine Identifizierungsnummer. Hält der Fahrer seinen Führerschein mit diesem Chip an ein spezielles Prüfgerät (den Empfänger also), so übermittelt dieses anschließend den Vorgang an einen Server, auf den der Fahrzeughalter über ein Passwort online Zugang hat.  »Die Aufforderung zur Führerscheinüberprüfung an einem bestimmten Datum erhält der Fahrer per E-Mail oder per SMS«, erklärt Rainer Schwer, verantwortlich für den Bereich der elektronischen Fahrzeugkontrolle bei Dekra. Komme er dieser Aufforderung nicht nach, gehe eine Art »Petz-Mail« an den Fuhrparkleiter. Die Ausrede des Fahrers müsse dann schon gut sein.
Derzeit gibt es in Deutschland etwa 1.000 Standorte – zum Beispiel in Aral-Tankstellen und VW-Werkstätten –, an denen die knapp schuhkartongroßen Prüfgeräte hängen. Manipulation ist ausgeschlossen, meint Schwer. Wer versuche, den Chip zu entfernen, um ihn beispielsweise auf eine andere Scheckkarte zu kleben, zerstört ihn zwangsläufig.
Eine weitere Möglichkeit der Führerscheinkontrolle ist eine regelmäßige Abfrage der Führerscheindaten bei der zuständigen Behörde. Auch hierfür gibt es Dienstleister, wie beispielsweise Rechtsanwälte, die eine solche Aufgabe übernehmen. Diese erhalten vom Spediteur die Kopien der Führerscheine und der Personalausweise sowie unbedingt die Einverständniserklärung der Fahrer. Denn bei unternehmensfremden Dritten besteht das Recht, Führerscheindaten zu verweigern. Anhand der gesammelten Angaben kann der Dienstleister dann in der Regel beim Kraftfahrtbundesamt abfragen, ob alle Fahrer über eine gültige Fahrerlaubnis verfügen. Die Prüfintervalle legt wiederum der Kunde fest. Doch egal für welches Verfahren sich das Unternehmen entscheidet – um die Protokollierung kommt der Fuhrparkleiter nicht herum.

Die Checkliste
Folgende Punkte sind für eine rechtliche Absicherung des Unternehmens unumgänglich:

  • regelmäßig prüfen, mindestens alle sechs Monate
  • Prüfungen dokumentieren mit Datum und exakten Angaben, z. B. Führerscheinnummer
  • auffällige Fahrer häufiger prüfen
  • Intervalle oder Termine schriftlich ankündigen
  • alle Führerscheine prüfen, auch die der Dienstwagenfahrer
  • vertraglich die Konsequenzen eines Führerscheinentzugs festschreiben
Unsere Experten
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt Matthias Pfitzenmaier Matthias Pfitzenmaier Fachanwalt für Verkehrsrecht
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