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Soziale Netzwerke Diffamierung kann den Job kosten

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Soziale Netzwerke sollen Leute verbinden. Wer die Plattform im Netz aber nutzt, um Chef und Kollegen zu diffamieren, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen.

Früher waren es Kritzeleien an der Toilettentüre oder auf den Tischen im Aufenthaltsraum, heute machen Mitarbeiter ihrem Unmut über Kollegen und den Chef im Internet Luft. Was viele beim Drücken der "Senden"-Taste nicht bedenken sind die arbeitsrechtlichen als auch strafrechtlichen Konsequenzen.

Betriebsklima und Kundenbeziehungen werden belastet

Unternehmen hingegen müssen damit umgehen, dass bei Beleidigungen über das Netz das Betriebsklima enorm belastet wird – vor allem, wenn die Eintragungen anonym sind. Zudem bedeuten die Schmähbotschaften eine katastrophale Außenwirkung, und irritieren Kunden oder vergrätzen neue Mitarbeiter.

"Grundsätzlich muss erst einmal zwischen Formalbeleidigungen und einer erlaubten Meinungsäußerung unterschieden werden", sagt der Stuttgarter Rechtsanwalt Frederic Gessier, der unter anderem IT-Recht als Tätigkeitsschwerpunkt hat. Bei einer Formalbeleidigung könne der Geschmähte grundsätzlich die Löschung des Eintrags verlangen – entweder vom Verfasser der Beleidigung, also dem Täter, oder vom Seitenbetreiber als Störer. "Allerdings besteht große Uneinigkeit bei den erstinstanzlichen Gerichten, wann eine Beleidigung vorliegt beziehungsweise wann eine Äußerung noch von dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt ist", sagt Gessier.

Gerichte entscheiden uneinheitlich

Das zeigt ein Beispiel des Arbeitsgerichts Bochum (Az.: 3 Ca 1203/11): Zwei gekündigte Mitarbeiter führten auf ihrem Facebook-Profil einen Dialog, im Verlauf dessen sie  den früheren gemeinsamen Arbeitgeber als "Drecksladen" und "armseliger Saftladen" sowie leitende Mitarbeiter als "arme Pfanne" oder "Pfeife" titulierten. Dagegen klagte der Arbeitgeber. Das Arbeitsgericht Bochum wies die Klage jedoch ab: Zwar würden Formalbeleidigungen vorliegen. Deren Verwendung sei aber im vorliegenden Kontext innerhalb des Dialogs auf dem Facebook-Profil von der Meinungsfreiheit gedeckt. Es sei zu berücksichtigen, dass nicht ersichtlich ist, dass dieser Dialog öffentlich, das heißt für jeden Internetbenutzer frei zugänglich war, sondern nur von sogenannten "Freunden" des Mitarbeiters mitverfolgt werden konnte.

Anders fiel eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt aus, das über eine Kündigungsschutzklage entscheiden musste (Az.: 22 Ca 2474/06). Klägerin war eine Angestellte, die zuvor in einem Internetforum ihren Arbeitgeber als "unseriös, unwissend, unflexibel und rückständig", als "Sklavenbetrieb" und "Zuhälterfirma" bezeichnet hatte. Der Arbeitgeber reagierte darauf mit einer fristlosen Kündigung. Die Kündigungsschutzklage der Frau wies das Gericht als unbegründet ab: Durch die Bezeichnungen habe die Klägerin den Tatbestand der üblen Nachrede verwirklicht, da die Äußerungen einen beleidigenden und diffamierenden Charakter hatten. Dies sei geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, da dadurch das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachteilig zerstört sei.

Auch unter Freunden ist Vorsicht geboten

Ebenfalls mit einer Kündigungsschutzklage musste sich das Arbeitsgericht Duisburg befassen (Az.: 5 Ca 949/12): Ein Arbeitnehmer hatte auf seiner Facebook-Seite seine Kollegen als "Speckrollen" und "Klugscheißer" diffamiert. Das Arbeitsgericht entschied zwar zugunsten des Klägers. Es stellte aber fest, dass "grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder von Kollegen, die nach Inhalt und Form zu einer erheblichen Ehrverletzung des Betroffenen führen", eine außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Und das Arbeitsgericht entschied weiter, dass Einträge in sozialen Netzwerken wie Facebook auch dann, wenn der Eintrag nur für sogenannte Facebook-Freunde und Freundes-Freunde sichtbar ist, eine grobe Beleidigung darstellen. Und dies könne laut Rechtsanwalt Gessier eine Kündigung und in der Folge auch einen Löschungsanspruch rechtfertigen.

Auch der Betreiber eines Internetforums hat eine gewisse Verantwortung: "Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Betreiber des Forums bei Beleidigungen im Internet ab Kenntnis haftet", berichtet der Rechtsanwalt. Dies bedeute, dass – reagiert der Betreiber der Internetseite nicht innerhalb der gesetzten Frist – gegen ihn eine einstweilige Verfügung erwirkt werden kann. "Im Verfahren einer einstweiligen Verfügung hat der Betroffene schnell einen Titel in der Hand, mit dem der Betreiber des Internetforums zum Löschen gezwungen werden kann", sagt der Rechtsexperte.

Strafanzeige gegen Unbekannt kann helfen

Was tun, wenn die Einträge anonym verfasst wurden – und der Arbeitgeber den Miesepeter in den eigenen Reihen ausfindig machen will? Eine Ermittlung der IP-Adresse, über die sich der Anschluss ermitteln lässt, von dem die beleidigenden Äußerungen kamen, ist laut Rechtsanwalt Gessier über den Anbieter möglich, aber schwierig: "An Privatpersonen erfolgt die Herausgabe üblicherweise nicht, selbst wenn diese rechtsanwaltlich vertreten sind. Es besteht allerding die Möglichkeit, Strafanzeige gegen Unbekannt zu stellen". An die Polizei beziehungsweise die Staatsanwaltschaft werde dann auch die IP-Adresse herausgegeben. Der Täter lässt sich natürlich leicht ermitteln, wenn er seine Beleidigungen am heimischen Computer verfasst hat. IT-Experte Gessier: "Wurde aber beispielsweise über einen PC in einem Internetcafé die Beleidigung abgegeben, besteht keine Möglichkeit, den Täter festzustellen."

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