Portät Setra öffnet zum Jubiläum das Werktor

Setra, Geburtstag, 60 12 Bilder

Etwa einmal im Monat steht wieder eine Kiste mit einem Zettel dran vor der Tür. Dann hat ein Setra-Fuhrpark beim Aufräumen in der Werkstatt in irgendeinem Winkel alte, längst nicht mehr benötigte Teile gefunden. Am Ursprungsort aller Setra finden sie dankbare Abnehmer.

Das Werk 4 von Setra liegt im weitläufigen Evobus--Areal in Neu-Ulm ein wenig abseits. Hier warten Gebrauchtwagen, ist die Lehrwerkstatt angesiedelt. Noch etwas weiter abseits steht eine ältere Halle. Ursprünglich nur eine Über-dachung, verwandelten sie in den siebziger Jahren nachträglich angebrachte Tore in einen geschlossenen Raum. Dort stehen die rollenden Preziosen der Setra-Sammlung, lagern in Kisten und Kästen rare Teile, duftet es verführerisch nach Metall, Öl und Gummi. Gleich nebenan stehen unter Dach und Fach weitere rollende Schätze der Setra-Geschichte. Hier arbeitet Ottmar Steiner und betreut eine Flotte von 16 klassischen Omnibussen. Er kümmert sich um Erhaltung und Reinigung, um TÜV und H-Zulassung.

Der erste Setra rollt 1951 auf die Straße
 

Die Zahl entspricht dem Fuhrpark eines mittelständischen Busunternehmens. Doch kein Betrieb nennt eine derart faszinierende Sammlung sein eigen, angefangen mit dem ersten Setra von 1951. Ende der achtziger Jahre begann Robert Preclik, der damalige Leiter des Servicecenters, unterstützt von Heinrich Kässbohrer, mit dem Zusammentragen der alten Schätzchen. Wobei schon der legendäre Setra-Chef Otto Kässbohrer ein Auge dafür hatte: Er verkaufte zwar den ersten Setra 1951 mit der Fahrgestellnummer 50.001 an das Rosenheimer Busunternehmen Kroiss. Doch nur unter der Auflage, man werde das Fahrzeug später zurücknehmen. Und so ist der cremefarbig-blaue erste Setra heute Aushängeschild der Marke. Eine riesige Faksimile-Unterschrift auf seiner Flanke deutet auf seinen Schöpfer hin.

Die Quelle der Fahrzeuge ist unterschiedlich

Inzwischen hält Öffentlichkeitsarbeiter und Pressemann Udo Sürig seine Hand über die Klassiker. Die Setra-Chefs spielen mit. Sie wissen, dass sich mit dem Pfund Historie erfolgreich wuchern und viel Sympathie gewinnen lässt. Die Quellen der Fahrzeuge sind höchst unterschiedlich. So hatte Kässbohrer einst der Fachhochschule Ulm einen S 6 zu Schulungszwecken übergeben. Glaselemente machten die Aggregate sichtbar. Doch der Setra aus den frühen sechziger Jahren war nach langer Zeit für die Studenten nicht mehr aktuell genug - im Tausch gegen einen Motor konnte Setra das Unikat wieder übernehmen. Die Henschel-Maschine im Demo-Setra entpuppte sich bei der Rücknahme als neuwertig, war nie unter Last gelaufen. Ein anderes Beispiel ist der Setra S 210 HD Jahrgang 1988, ein Bus erst auf dem Weg zum Klassiker. Das türkische Unternehmen Varan hatte ihn zur Abrundung seiner Flotte geordert. Doch in der Realität nutzte ihn die Unternehmerfrau als Großraumlimousine. Mit nur 50.000 Kilometern auf dem Tacho ist der Clubbus jugendlich frisch.

Sie alle haben ihre Geschichte, ob der putzige S 6, ein eleganter S 9, der luftige S 125 oder Kässbohrer-Aufbauten auf Opel Blitz und Mercedes O 3500 - Dokumente der Marken- und Omnibusgeschichte. Zu den bekannten Größen zählt ein Setra S 215 HD. Den Erstling der Baureihe Jahrgang 1976 hat Setra ebenfalls zurückgekauft. Die Sammlung lebt: Bei Gelegenheit wird ein Setra der Baureihe 300 hinzustoßen - ein Bus zwischen Gebrauchtwagen und Klassiker.

Setra auf der Suche nach alten Schätzen
 

Setra sucht gezielt reife Exemplare, will aufwendige Komplettrestaurierungen vermeiden. In der Warteschleife zur Aufbereitung steckt ein Setra S 200, ein Superhochdecker Jahrgang 1974. Der legendäre Bus lief lange Jahre in Südfrankreich zwischen Nizza und Marseille. Später über Jahre abgestellt, benötigte das französische Unternehmen irgendwann den Platz im Betrieb. Setra holte den Bus zurück ins Werk. Auf eigener Achse, wie es sich für einen Setra gehört. Vor Ort jedoch entpuppte sich der Bus als mobile Abstellkammer, auch musste Ottmar Steiner vor dem Start erst das Mehrkreis-Schutzventil der Bremse reparieren. An dem einst so feinen Bus hat mit einigen blinden Scheiben und Korrosionsspuren sichtbar der Zahn der Zeit genagt. Setra wird ihn zunächst erhalten, bevor er wieder in Form gebracht wird.

Setra-Oldies sollen rollen

Ziel ist dabei weder der Aufbau eines Museums mit Warnschildern „Bitte nicht berühren“ noch ein Superzustand für den nächsten Concours d’Elegance. Die Setra-Oldies sollen rollen, gesehen und gefahren werden und als reife Klassiker ihre Lebensspuren nicht verbergen. Sie zeigen die Narben ihrer Einsätze, sind keine unantastbaren Schmuck-stücke. Setra profitiert vom Heimspiel: Konstruktionszeichnungen und Teilelisten liegen im Archiv, es gibt viele Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung. Wenn das hauseigene Lager Teile von älteren Semestern aussortiert, profitieren die Klassiker. Die Auszubildenden in der Lehrwerkstatt lernen mitunter am Objekt und helfen bei kleineren Malheurs, fertigen Teile nach. Blech- und Gerippearbeiten übernimmt das Kundendienstzentrum Neu-Ulm. Dessen Spezialisten kennen sich auch mit älteren Semestern aus. Ergebnis ist ein einzigartiges fahrendes Museum der Omnibusszene. Die Klassiker stehen neben ihren jungen Nachfahren im Kundencenter in Neu-Ulm, sie rollen zu Kundenjubiläen, repräsentieren die Renommiermarke Setra auf Messen oder bei einschlägigen Oldtimerfahrten. Ottmar Steiner hat den Fuhrpark im Blick. Er führt Buch über sämtliche Einsätze und sorgt dafür, dass keiner der Senioren mangels Bewegung einrostet. Steiner hält auch den Kontakt zur Klassikerszene, schaut fortlaufend nach Ersatzteilen. So wartet im Regal ein Henschel-Motor auf seinen Einbau in einen Setra S 9 - Setra hat ihn samt Getriebe von einem Bauern übernommen, der damit zuvor landwirtschaftliches Gerät antrieb. Manchmal erhält Steiner unerwartete Unterstützung: Dann steht wieder einmal eine Kiste mit einem Zettel dran vor der Tür.

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