Schiene Bahn frei für die Prüfer

Dekra, Prüfgesellschaft, Schiene, Bahn Foto: Thomas Küppers

Neutrale Organisationen sollen künftig Aufgaben wie die Abnahme neuer Züge erfüllen. Das beschleunigt die Zulassung und entlastet das Eisenbahn-Bundesamt.

In Zukunft sollen "unabhängige private Stellen", beispielsweise die Prüforganisationen Dekra und ihre Wettbewerber, endgültig in das Zulassungsverfahren für Bahnanlagen und Schienenfahrzeuge eingebunden werden und Prüfaufgaben übernehmen. Eine bereits geltende eingeschränkte Übergangsregelung soll dann auslaufen. Wie aus dem Bundesverkehrsministerium verlautet, werde der dafür notwendige Gesetzentwurf (Neuntes Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften) schon nach der Sommerpause dem Bundestag zur Beratung zugeleitet.

Zulassungsverfahren sind Hemmschuh für die gesamte Branche

In der Vergangenheit hatte es wiederholt heftige Beschwerden von Bundesländern, Eisenbahnunternehmen und vor allem der Bahnindustrie über zu lange dauernde Genehmigungsverfahren für Infrastruktur- und Fahrzeugprüfungen gegeben. Der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) etwa klagte, dass sich die Zulassungsverfahren in den vergangenen Jahren "zunehmend als Hemmschuh für die gesamte Branche" erwiesen hätten. Betroffen davon waren insbesondere die Abnahme neuer Züge, Güterfahrzeuge und Lokomotiven sowie von Infrastruktur-Ausrüstungen, wie zum Beispiel der Leit- und Sicherungstechnik. Der Wirtschaft, auch den Eisenbahnunternehmen selbst, sei dadurch zum Teil erheblicher Schaden entstanden, heißt es ergänzend dazu in der Branche. Ganz zu schweigen vom damit verbundenen Ärger in Politik und Öffentlichkeit.

Vor diesem Hintergrund bemüht sich das Bundesverkehrsministerium  bereits seit Jahren, die Herstellungs- und Zulassungsverfahren zu optimieren. So wurde etwa  ein Handbuch Eisenbahnfahrzeuge  zusammen mit den Eisenbahnen und ihren Fachverbänden, der Industrie sowie den Zulassungsbehörden erarbeitet,  2011 vom damaligen Bundesverkehrsminister Ramsauer vorgestellt und  2012 vom Bundesrat in Kraft gesetzt. Neues rollendes Material sollte schneller auf die Gleise kommen, so das vorgegebene Ziel.
Der gleichen Maxime diente dann eine im Juni 2013 abgeschlossene Grundsatzvereinbarung, mit der das Zulassungsverfahren selbst – in zwei Schritten – reformiert wurde.  Zunächst kamen die zuständigen Behörden und der Bahnsektor überein, unabhängige private Stellen  übergangsweise in das Zulassungsverfahren einzubinden und ihnen Prüfaufgaben zu übertragen, die bislang vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) wahrgenommen worden sind. Das Zulassungsverfahren sollte so beschleunigt und das EBA entlastet werden. Die Prüftätigkeit des EBA  beschränkt sich danach nur noch auf die Kerngebiete Zugsicherung, Radsatz, Bremsen und Fahrtechnik. Die Prüfverantwortung weiterer 21 Fachgebiete wird, privat organisiert, auf  Dritte übertragen.

Gesetzentwurf wird im Bundesverkehrsministerium abgestimmt

Nachdem sich dieses Verfahren in der Praxis bewährt hat, folgt nun der zweite Schritt: die gesetzliche Verankerung einer neuen umfassenden Überprüfung in privater Hand. Der dafür notwendige Gesetzentwurf wird zurzeit hausintern im Bundesverkehrsministerium abgestimmt, geht danach in die sogenannte Ressort-Abstimmung, soll dann  Ende August/Anfang September dem Kabinett zugeleitet und  anschließend vom Parlament beraten werden.

Strittig, so ist zu hören, ist vor allem noch die Frage, wer die neuen privaten Zulassungsstellen zertifiziert und überwacht. Betont wird im Bundesverkehrsministerium schließlich, dass das Gesetz auch Voraussetzung dafür ist, die Zulassungspraxis in Deutschland mit EU-Recht in Einklang zu bringen.

Ende dieses Jahres soll der Gesetzentwurf  vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden, im  Frühjahr 2015  dann die für die Umsetzung erforderliche Verordnung vorliegen. Damit kann das seit Jahren diskutierte und geplante Vorhaben Mitte nächsten Jahres Realität werden. Gleichwohl bleibt das EBA letztlich in der Verantwortung. Denn es muss dann immer noch prüfen, ob die von den privaten Stellen ausgestellten Prüfbescheinigungen vollständig und plausibel sind. Und es muss zu guter Letzt die sogenannte Inbetriebnahme-Genehmigung  erteilen.

Gleichwohl werde für die Bahnindustrie damit "eine neue Ära" anbrechen, wird allenthalben betont. Deutliche Erleichterungen und beschleunigte Verfahren würden erhebliche Zeit- und Kostenersparnisse bedeuten. Vor allem aber die Eisenbahn-Verkehrsunternehmen und die Bahnnutzer  würden profitieren, wenn bestellte Lokomotiven und  Waggons nicht mehr im »Flaschenhals der Zulassungsverfahren« stecken blieben. Und nicht unerheblich schließlich: Für  die privaten Prüfstellen beziehungsweise- organisationen erschließt sich ein "einige hundert Millionen Euro schwerer neuer Markt", betonen Insider.

Dekra hat die Anerkennung "Designated Body mit Interims-Funktion" erhalten

Die Expertenorganisation Dekra etwa hat für ihre Eisenbahnsparte Dekra Rail vom EBA die Anerkennung als "Designated Body mit Interims-Funktion" erhalten. Damit erfüllt sie die nationalen Anforderungen für die Prüfung und Zertifizierung von Schienenfahrzeugen und Teilsystemen. Dieses Anerkenntnis ergänzt Zulassungen, die Dekra Rail bereits im Vorjahr erhalten hatte: zum einen als "unabhängige Bewertungsstelle" (Assessment Body), zum anderen als "Benannte Stelle für Eisenbahn-Interoperabilität". Dekra darf damit auch europaweit Schienenfahrzeuge, Komponenten und Teilsysteme für den Bahnverkehr zertifizieren.

Die ­Bahntechnikhersteller in Deutschland erreichten 2013 mit 14,9 Milliarden Euro einen neuen Auftragsrekord. Rückläufig war indes der Umsatz der Branche, der mit zehn Milliarden Euro um 6,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau lag. Der VDB macht  hierfür unter anderem auch "die Folgen der Zulassungskrise« verantwortlich. So habe insbesondere das erste Halbjahr 2013 »noch unter dem Vorzeichen eines Zulassungsstaus gestanden",  heißt es in einer Erklärung des Verbandes.

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